Historical Saison Band 16 (German Edition)
wer sie – außer der Hüterin des Diamanten – wirklich war.
Eine offene Kutsche wartete in der Einfahrt. Konstantin saß bereits darin. Er trug einen schwarzen Anzug; sein Haar war streng zurückgekämmt. Er sah mit seinen zehn Jahren sehr reif aus. Lilya fiel zum ersten Mal auf, wie sehr er ihrem Vater ähnelte. Sie wunderte sich, dass ihr die Ähnlichkeit nicht schon früher aufgefallen war: das dunkle Haar, die haselnussbraunen Augen und die charakteristische scharf geschnittene Nase der Stefanovs. Konstantin war groß geworden. Er war nicht mehr das Baby, das sie seit der Schreckensnacht in Naoussa aufgezogen hatte. Sie war ebenso alt gewesen wie Konstantin jetzt war, als ihr der Diamant übergeben worden war. Konstantin war begeistert, dass sie Beldon heiratete. Er betete Valerians Freund an und freute sich, dass seine Schwester in seiner Nähe wohnen würde.
Lilya stieg in die Kutsche. Sie dachte ein letztes Mal an all diejenigen, die an diesem Tag nicht dabei sein konnten: ihr Bruder Alexei, ihre Mutter, ihre Tante, ihr Vater. Sie würden wollen, dass sie sich heute glücklich fühlte. Sie würden es nicht gutheißen, dass sie darüber nachdachte, wie sehr sie ihre Familie vermisste.
Beldon würde verstehen, dass sie ihrer Familie einen Moment lang gedenken musste. Seine Eltern waren ebenfalls nicht hier. Er war ihnen ein guter Sohn gewesen. Auch er wünschte sich, dass seine Eltern heute dabei sein konnten. Auf ihrem Spaziergang am Morgen war ihr auf dem Friedhof, an dem sie kurz Rast gemacht hatten, ein frischer Blumenstrauß aufgefallen. Irgendwann in dieser hektischen Zeit hatte auch er seiner Vergangenheit gedacht, wie sie es gerade tat.
Sie drückte Konstantins Hand, während sich Philippa auf den Platz neben ihr setzte und sie alle gemeinsam unter dem leuchtend blauen Sommerhimmel Cornwalls zur Kirche fuhren.
Die Straße war mit Menschen gesäumt, die nicht in die kleine Kapelle passten und sie beglückwünschen wollten. Sie würden alle nach der Hochzeit willkommen sein. Pendennys war für alle Besucher heute geöffnet. Beldon war sehr beliebt und alle wollten diesen Tag mit ihm teilen.
Als Lilya vor der Kapelle aus der Kutsche stieg, ging ein Raunen durch die Menge. „Die Braut, die Braut ist da.“ Philippa schlängelte sich mit Konstantin an ihr vorbei, um drinnen ihren Platz in der ersten Reihe einzunehmen. Valerian erwartete Lilya, um sie zum Altar zu geleiten. „Denk daran, die Dekoration anzuschauen“, flüsterte er ihr zu. „Glaub mir, du willst dich für den Rest des Lebens an jede Kleinigkeit erinnern.“
Lilya gab sich Mühe, die Blumengirlanden wahrzunehmen, die die Kirche schmückten, aber sie war nicht imstande, sie ausreichend zu würdigen. Sie sah nur den Mann, der am Ende der Bankreihen auf sie wartete. Da stand Beldon: breitschultrig, stark … und bereit, sein Leben für immer mit ihr zu verbringen.
Der Gottesdienst war feierlich und ernst. Beldon hielt während der ganzen Zeit ihre Hand fest. Lilya war dankbar für dieses Zeichen seiner Zuneigung. Am Ende der Zeremonie küsste Beldon sie, um ihre Verbindung zu besiegeln. Er küsste sie so lange, bis Valerian diskret im Hintergrund hüstelte, weil er wohl fand, dass die Besiegelung ein wenig zu lange dauerte. Lilya unterdrückte ein Kichern. Aber das Lächeln, das sich auf ihrem Gesicht ausbreitete, konnte sie nicht unterdrücken.
Endlich ließ ihre Anspannung nach. Es war vollbracht. Was Gott verbunden hat, das soll der Mensch nicht scheiden. Der schmale Goldring an ihrer Hand erinnerte sie daran. Sie wollte nun lachen, tanzen und singen. Alle anderen taten es auch. Hochzeiten machten jeden vergnügt. So erging es auch der Menge, die der Hochzeitskutsche folgte. Ganz Pendennys war glücklich. Beldon warf den Kindern, die überall auf dem Weg um die Hochzeitskutsche herumflitzten, Geldstücke zu.
Pendennys erwartete sie festlich geschmückt. Auf der Wiese waren weiße Baldachine für die Gäste aufgespannt. Die Tische bogen sich unter den Köstlichkeiten, die Cornwall zu bieten hatte. Zur Freude Lilyas waren Geigenspieler engagiert. Es würde also getanzt werden. Nicht die Tänze, die in den Ballsälen Londons üblich waren, sondern handfeste Landtänze.
Es wurde ein wunderschöner, ausgelassener Tag. Lilya tanzte so lange mit Beldon und Val und dann wieder mit Beldon, bis sein Arm schmerzte. Sie hatte beinahe vergessen, dass er vor drei Wochen schwer verwundet worden war.
Wenn sie gerade nicht tanzten, nahm
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