Historical Saison Band 17
hinzu. „Welch eine Freude, Sie hier zu sehen.“
Was er ihr zu verstehen gab, war eindeutig – sie begegneten einander wie flüchtige Bekannte. Um Flora etwas vorzumachen? Oder wollte er bekunden, die Küsse, die sie vor wenigen Stunden getauscht hatten, wären belanglos?
„Soldaten oder Soprane?“ Seine goldbraunen Augen schienen zu tanzen.
„Soldaten, fürchte ich.“
Flora blinzelte verständnislos. Aber Domino seufzte erleichtert. Der Scherz hatte die alte Vertraulichkeit wiederhergestellt.
„Warum fürchten Sie das, Miss da Silva? Immerhin bieten sie einen imposanten Anblick. Und sie quälen unsere Ohren nicht.“
Lachend schüttelte sie den Kopf. „Da ist die Hautevolee sicher anderer Meinung.“
„Wohl kaum. Doch das würden diese vornehmen Leute nicht zugeben. Wenn sie ihre Vorliebe für so niveaulose Amüsements gestehen, verlieren sie ihr Gesicht. Als ein Zirkus nach Brighton kam, äußerten sie sich ziemlich abfällig.“
„Wann war das?“
„Vor Ihrer Ankunft. Aber wenn der Zirkus noch ein Gastspiel hier geben würde, wären Sie sicher eine begeisterte Zuschauerin.“
„Ganz bestimmt. Vor ein paar Jahren besuchte ich in London eine Aufführung des Astley-Zirkus und sah ein Reiterballett.“
„Hat es Ihnen gefallen?“
„Sogar sehr, ein wunderbares Spektakel.“
„Das kann ich mir vorstellen. Leider habe ich noch keine Astley-Vorstellung genossen, aber wahre Lobeshymnen gehört.“
Bei der Erinnerung an jenes aufregende Erlebnis hatten sich Dominos Wangen gerötet, und Joshua schaute sie fasziniert an. Er beschloss jedoch, sich in Acht zu nehmen. Die ganze Nacht hatte er gemalt und seine Gefühle unter Kontrolle gebracht. Jetzt musste er nur noch Distanz wahren.
„Hat Lady Blythe Sie in den Zirkus geführt?“, fragte er. „Ich hätte nicht gedacht, dass so etwas ihrem Geschmack entspricht.“
„Nein, sie war nicht mit mir im Zirkus. Kennen Sie meine Tante?“
„Nur flüchtig. Und wer hat Sie begleitet, Miss da Silva?“
„Ein Freund“, antwortete sie kurz angebunden. Nun klang ihre Stimme unsicher.
Offenbar wollte sie das Thema wechseln. War jener „Freund“ der Mann, den sie geliebt und der eine andere geheiratet hatte?
Sie zeigte auf die Soldaten, die jetzt stillstanden und die Befehle eines Offiziers mit scharlachroter Schärpe abwarteten. „Gerade haben Flora und ich überlegt, ob hier eine Probe für die Feierlichkeiten am Geburtstag des Prinzregenten stattfindet. Wissen Sie, was genau geplant ist, Mr Marchmain?“
„Natürlich die übliche Parade. Sonst darf ich nichts verraten – das ist ein Staatsgeheimnis.“
Als sie fröhlich lachte, starrte er sie hingerissen an. Dann bemerkte er den fragenden Blick der Zofe und schaute rasch weg.
„Haben Sie bei dieser grandiosen Überraschung Ihre Hand im Spiel, Mr Marchmain?“, erkundigte sich Domino.
„Nun, ich wurde in die ersten Planungen einbezogen, und jetzt soll ich die Proben überwachen. Davon abgesehen, habe ich keine besonders aktive Rolle übernommen. Aber so ein farbenfrohes militärisches Spektakel gefällt mir, und ich freue mich auf die Darbietung am Ehrentag des Prinzregenten. Das muss alles perfekt klappen, damit die Sommersaison einen würdigen Abschluss findet.“
Fragend schaute sie ihn an. Mit tonloser Stimme sprach er weiter.
„Prinny möchte eine Woche nach seinem Geburtstag abreisen. Ich soll ihn ins Carlton House begleiten. Von dort aus werde ich nach Norfolk fahren.“ Er sah den Schatten, der über Dominos Gesicht glitt, was ihn unsinnigerweise beglückte. „Dann werden Sie nach Spanien zurückkehren, nehme ich an.“
„Ja.“
Nun entstand ein längeres Schweigen. Seite an Seite standen sie da und starrten blicklos in die Ferne.
„Unser Aufenthalt in Brighton ist sehr schnell vergangen“, sagte Domino schließlich in wehmütigem Ton. Auch ihr Erröten verriet, was sie empfand. „Ihr Entschluss, nach Norfolk zu reisen, überrascht mich, Sir. Eigentlich dachte ich, Sie würden in London bleiben.“
„Nach meiner langen Abwesenheit muss ich mich endlich wieder um mein Landgut kümmern. Allzu lange werde ich dort nicht ausharren. Nur lange genug, um meinen da Vinci im Castle March aufzuhängen, bevor das raue Norfolk-Klima mich in wärmere Gefilde treiben wird.“
„Wie traurig … Ich glaube, Häuser müssen geliebt werden. Wenn Sie Ihren Landsitz so sehr verabscheuen – warum verkaufen Sie ihn nicht und erwerben einen anderen, der Ihnen besser
Weitere Kostenlose Bücher