Historical Saison Band 17
gelehrt, was echtes Leid bedeutete.
Nach der Quadrille eilte ihr Partner davon, um eine Erfrischung zu holen. Sie sank auf einen der Ebenholzstühle am Rand der Tanzfläche.
Wie konnte sie Christabels Rat wohl jemals befolgen? Sie hatte Joshua vertraut, ihn zu lieben begonnen – und dann so schreckliche Einzelheiten über seine Vergangenheit erfahren. Wie sollte sie das vergessen? Unmöglich. In ihrem Herzen hatte sie sich ein Bild von einem Mann gemacht, den sie respektieren konnte. Und dieser Mann hatte sie zutiefst enttäuscht und verletzt.
Ihr Partner kehrte zurück, und sie nippte an ihrem zweiten Glas Limonade. Bald würde sie wieder tanzen müssen.
Viel zu langsam verstrich die Zeit. Domino tanzte mit anderen Partnern, ihre Füße bewegten sich auf korrekte Weise, ihre Lippen lächelten.
Nachdem die Hälfte des Abends überstanden war, intonierte das Orchester einen Walzer. Dies war der Moment, von dem sie gehofft hatte, ihr Vater würde darin ein Zeichen zum Aufbruch erkennen.
Aber aus den Augenwinkeln sah sie ihn angeregt mit einem Diplomaten sprechen. Anscheinend genoss er das Fest und wollte die Heimfahrt noch etwas hinauszögern. Müde sank sie wieder auf einen Stuhl und wünschte, ihr Papa würde bald das Interesse an der Diskussion verlieren.
Zunächst bemerkte sie ihn nicht. Er musste in weitem Bogen zu ihr gegangen sein. Erst als er sich verneigte, erkannte sie, dass Joshua vor ihr stand.
„Würden Sie mir die Ehre erweisen, Miss da Silva?“, bat er förmlich.
Die schönen goldbraunen Augen schimmerten so warm wie eh und je, der Blick wirkte herausfordernd. Fassungslos starrte sie ihn an. Dass er es wagte, sich ihr zu nähern, als hätte der grauenvolle Abschied niemals stattgefunden …
„Danke, Sir, das ist sehr freundlich von Ihnen, aber ich tanze nicht Walzer“, würgte sie nach einem zu langen Schweigen hervor.
„Das hatte ich befürchtet, aber gehofft, Sie würden eine Ausnahme machen.“
Warum bildete er sich ein, sie würde überhaupt mit ihm tanzen? Noch dazu einen Walzer? Sogleich erhielt sie die Antwort.
„Zu meinem Bedauern haben wir niemals Walzer miteinander getanzt. Und ich glaube, das ist unsere einzige Chance.“
Seine Stimme klang zu verführerisch. Nimm dich zusammen. Schick ihn weg.
„Ich tanze nicht Walzer“, wiederholte sie tonlos.
„Nicht einmal um alter Zeiten willen?“
Warum akzeptierte er ihre Weigerung nicht? Er war unverbesserlich. Und wundervoll … Gegen ihren Willen spürte sie seine magische Anziehungskraft.
„Es gibt keine alten Zeiten!“, fauchte sie. „Und wenn du nur einen Funken Anstand besitzen würdest, hättest du mich nicht angesprochen!“
„So gefällst du mir besser, Domino“, erklärte er und lachte leise. „Ich dachte schon, du wärst krank geworden. Aber du bist so temperamentvoll wie immer. Komm, meine Liebe. Nur ein paar Minuten.“
Er streckte eine Hand aus, und ein paar Leute schauten neugierig herüber. Offenbar erwarteten sie ein Drama. Sie musste verschwinden. Sofort. Aber wo war ihr Vater? Nirgendwo zu sehen …
„Domino?“
Joshuas Stimme schien sie zu liebkosen, die Musik sandte ihren Zauber durch ihre Glieder. Warum kam Papa nicht zu ihr?
Noch immer hielt Joshua ihr seine Hand hin, das Interesse der Ballbesucher zu beiden Seiten wuchs. Domino stand auf, und sein Arm umfing ihre Taille.
„Also gut, ich tanze mit dir“, zischte sie. „Aber nur, weil ich eine Szene vermeiden will.“
„Natürlich. Aus welchem anderen Grund solltest du mit mir tanzen? Allerdings ist es noch gar nicht so lange her, dass du viel mehr tun wolltest als zu tanzen.“
„Du bist unerträglich. Warum lässt du mich nicht in Ruhe?“
„Ein letzter Tanz, und ich werde dich nie mehr belästigen. Das verspreche ich dir.“
Schweigend folgte sie ihm zur Mitte der Tanzfläche. Während er sie geschickt zwischen den anderen Paaren herumwirbelte, presste er sie viel zu fest an seine Brust. Sie versuchte, Distanz zu wahren, aber ihr Körper wollte ihr nicht gehorchen.
„Du tanzt sehr gut Walzer, Domino, und das überrascht mich. Ich vermute, man hat dir nicht erlaubt, diesen Tanz zu erlernen.“
„Da hast du völlig recht.“ Unwillkürlich erwiderte sie sein Lächeln.
„Du enttäuschst mich niemals! Immer wieder entdecke ich neue Vorzüge an dir.“
Allmählich geriet sie wieder in seinen Bann. Dagegen musste sie sich wehren.
Am Rand der Tanzfläche sah sie die Duchess neben einige Gästen stehen. Sie starrte sie voller
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