Historical Saison Band 20
erbarmungslos auf sie ein.
Hinter den geschlossenen Vorhängen ihres Schlafzimmers schritt Deborah im Dämmerlicht fiebrig auf und ab, mit wirrem Haar, in das sie wieder und wieder die Hände grub. Dieser Tag sollte der erste ihrer neuen Freiheit sein, doch nun sammelte Jeremys Geist seine Kraft; seine schrecklichen, höhnischen Tiraden hallten dröhnend in ihrem Kopf.
Sie hatte ihn an der Nase herumgeführt. Sie hatte ihn ruiniert. Sie war kalt. So abstoßend, dass sie ihm die Männlichkeit raubte. Sie war keine Frau, sondern ein unfruchtbarer Marmorklotz. Kein Wunder, dass er Trost am Spieltisch suchte. Kein Wunder, dass seine Freunde ihn schnitten. Er hätte sie nie heiraten sollen. Er hatte sie nie geliebt. Er verachtete sie. Sie hatte sein Leben zerstört. Er hätte sie nicht heiraten sollen. Nie. Nie. Nie.
Deborah warf sich auf das Bett, vergrub ihren Kopf unter dem Kissen und machte sich ganz klein. Fest presste sie die Lider zusammen, doch Jeremy wollte nicht fortgehen. „Es war nicht meine Schuld“, sagte sie laut, doch es klang nicht überzeugend. Sie wollte diese Stimme ausblenden, versuchte, nicht zu denken. Mühte sich einzuschlafen, doch ihr Kopf ließ sich nicht zur Leere zwingen. Längst vergessene Szenen erwachten, Fetzen ihres Ehelebens blitzten auf wie Bilder aus einem höllischen Album.
Der attraktive Jeremy, der sie keusch und aufmerksam umwarb. Sie hatte ihn für den perfekten Gentleman gehalten.
In der Hochzeitsnacht war er so besorgt wegen ihrer Unschuld gewesen. Er behauptete, sie zu sehr zu lieben, als dass er mit ihr seinen niederen Gelüsten nachgehen könnte.
Und sie, jung und unendlich naiv, raffte nach zu vielen keuschen Nächten ihren Mut zusammen und schmiegte sich in ihrer Unschuld dicht an seinen Körper. Als wäre es erst gerade geschehen, sah sie den jähen Blick des Abscheus in seinen Augen.
Danach wiederholtes unbefriedigendes, ungeschicktes Hantieren im Dunkeln, nicht des Erinnerns wert und doch nie vergessen, bis er sie endlich doch noch zur Frau machte. Unwissend, in Peinlichkeit und Scham befangen und doch noch zu verliebt, um sich ihre Enttäuschung einzugestehen, erhaschte sie wieder und wieder die beschämte Miene ihres Gatten, wenn er sich heimlich berührte, ehe er zu ihr kam.
Dann eine schlimme Szene, als ihr Onkel sich weigerte, ihre Erbschaft freizugeben. Ein Wutausbruch, grausame, boshafte Worte, als der Onkel sich auch nicht überreden ließ. Wieder fühlte sie den Schmerz, wie damals, als sie feststellen musste, dass es nicht um sie, sondern um ihre Erbschaft gegangen war. Nicht um Liebe, sondern um Geld.
Danach Kälte … Monate, Jahre der Kälte. Nie küsste Jeremy sie. Nie rührte er sie an, außer bei den seltenen, beschämenden Vereinigungen, stets im Dunkeln, stets auf allen vieren. Niemals würde sie den unverhüllten Widerwillen auf seinem Gesicht vergessen, wenn sie sich nach ihm umgewendet hatte.
Dann das letzte Mal. Bei dem Gedanken daran wollte sie im Boden versinken. Das letzte Mal. Sie zwang sich, die Szene heraufzubeschwören. Wie auf der Bühne schien ein Vorhang aufzugehen.
Jeremy schwang sich vom Bett, noch im Hemd und darunter seine schlaffe Männlichkeit, quälend sichtbar im dämmrigen Licht. Unter Schmerzen setzte Deborah sich auf, ihr Körper schien allein bei der Vorstellung eines weiteren Versuchs zurückzuschrecken. Sie zwang sich, lockend zu lächeln, es wurde ein Zerrbild. Sie hatte ihn doch einmal begehrt! Wenn sie ihn nur wieder begehren könnte, würde sich alles richten.
Hinter der Sammlung Enzyklopädien in der Bibliothek hatte sie verborgene Bücher entdeckt. Sie hatte sie betrachtet, fasziniert und voller Scham, und hatte angesichts der unzüchtig deutlichen Illustrationen gemerkt, wie unwissend sie war. Nun sagte sie sich, dass sie sich zu demütigen bereit war, wenn das ihre Ehe rettete, und streichelte, jene Bilder nachahmend, ihre Brüste. Jeremy wurde erst leichenblass, dann wutrot.
Ein Fausthieb, und der Schlag ebenso wie der Schock schleuderten sie rücklings auf das Bett nieder. Sie spürte warmes Blut auf ihrer Wange. „Du schlägst mich“, sagte sie wie von sehr weit her. „Was habe ich getan, dass du mich so hasst, Jeremy?“
„Mich geheiratet.“
„Ich liebte dich.“
Sein Blick war hart wie Stein. „Wir sind fünf Jahre verheiratet, und du hast immer noch keine Ahnung, nicht wahr? Du hast mich nie geliebt. Die arme kleine Waise Debbie war nur verrückt nach ein wenig Aufmerksamkeit“, höhnte
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