Historical Weihnachtsband 1990
worauf sich die Tür öffnete und er in Isabelles Domäne eindrang.
Ein Lächeln trat in seine Augen, und er lehnte sich lässig gegen die Tür und erfreute sich des Anblicks, der sich ihm bot.
Miss Isabelle Hinton saß bis hinauf zu ihrem hübschen Kinn in Seifenschaum, während ein langes, wohlgeformtes Bein, das sie gerade in völliger Selbstvergessenheit einseifte, über den Rand des Badezubers ragte. Dampf stieg aus der Wanne auf und umsäuselte ihre goldenen Locken, die sich an ihre Haut klebten.
Von seinem Beobachtungspunkt aus konnte er gerade noch den Ansatz ihrer Brüste, die schlanke Säule ihres Halses und die künstlerischen Linien ihres Profils wahrnehmen.
Dann wandte sie sich ihm zu, hatte seine Anwesenheit gespürt.
Ihr Bein platschte ins Wasser, und sie wollte sich aufrechter hinsetzen, doch dann sank sie wieder zurück, weil sie sich bewußt wurde, daß sie sich durch das Aufrichten zur Schau stellte. Sie hob das Kinn, als sie merkte, daß sie in der Falle saß, und aus seiner lässigen Haltung schloß sie, daß er gar nicht daran dachte, sich höflich umzudrehen und den Rückzug anzutreten.
„Willkommen zu Haus", sagte Travis zu ihr.
Zornesröte überzog Isabelles Gesicht. „Was haben Sie hier zu suchen, Captain?"
„Vielleicht ein wenig südländische Gastlichkeit?"
Sie warf mit der Seife nach ihm. Travis duckte sich und lachte.
„Kein Gentleman würde das Schlafzimmer einer Dame betreten!" rief sie wütend.
„Ah, und keine Lady würde das Schlafzimmer eines Mannes betreten, Isabelle, und genau das haben Sie doch zuerst bei mir getan. Zugegebenermaßen kamen Sie, um mich umzubringen, aber nichtsdestotrotz sind Sie in meine — eh — Privatsphäre eingedrungen."
Ohne darauf einzugehen, forderte sie: „Raus mit Ihnen, oder es wird Ihnen noch bitter leid tun!"
„Ach, tatsächlich?"
Solchermaßen herausgefordert, schritt er auf die Badewanne zu. Ihre Augen schienen sich zu weiten, und sie kreuzte schützend die Arme vor ihrer Brust und tauchte, so tief sie konnte, in das Meer von Seifenblasen ein. Lächelnd ging Travis neben dem Zuber in die Hocke. Sekundenlang starrte sie ihn an, dann brach sie in eine Flut wilder Beschimpfungen aus. Travis lachte, und sie bespritzte ihn mit einer Handvoll Wasser, doch das machte ihm nicht das geringste aus, zumal er bei ihrer Bewegung einiges zu sehen bekam.
„Ich erwürge Sie auf der Stelle!" versprach sie Travis, doch er bekam ihre Handgelenke zu fassen, bevor sich ihre Finger um seine Kehle schließen konnten.
Und trotz ihrer Gegenwehr gelang es ihm, sie in beide Handflächen zu küssen. Dann stand er auf, ließ sie los und trat zurück.
„Verdammt noch mal, jetzt habe ich doch schon wieder vergessen, mich wie ein Gentleman zu benehmen", entschuldigte er sich. „Aber ich fragte mich gerade, ob Sie nicht vielleicht ein Messer im Wasser versteckt haben. Haben Sie?"
Sie sog scharf den Atem ein. „Nein!"
„Ich könnte das nachprüfen, wissen Sie?" warnte er sie.
Isabeiles entrüsteter Blick brachte ihn erneut zum Lachen. Er vollführte eine vollendete Verbeugung vor ihr und ging zu der Tür zurück, die ihre Räume voneinander trennte.
„Ich werde mir ein anderes Zimmer suchen!" rief sie ihm nach.
Travis blieb an der Tür stehen und sah sie an. „Nein, das werden Sie nicht. Sie haben es sich so ausgesucht, als Sie meinen frühen Tod herbeiführen wollten, und nun bleibt es dabei."
„Ich ziehe um, wann es mir paßt."
„Wenn Sie umziehen, zerre ich Sie hierher zurück. Verlassen Sie sich drauf. Wenn Sie bleiben, verspreche ich, daß wir jetzt quitt sind. Ich werde diese Tür nur durchschreiten, wenn ich dazu eingeladen werde. Eine Drohung und ein Versprechen, und ich werde beides einhalten, Miss Hinton."
Dichte Honigfarbene Wimpern verdeckten ihre Augen. Sie war so lieblich anzusehen, daß seine Hand zu kribbeln begann und sein Puls schneller schlug.
„Darauf können Sie lange warten, Captain", sagte sie.
„Na, Sie jedenfalls können jederzeit zu mir kommen, Miss Hinton. Natürlich möchte ich Sie dann bitten, Ihre Waffen zu Hause zu lassen."
Sie schaute zu Travis hin. Er schenkte ihr ein seltsam zärtliches Lächeln, und sie wich seinem Blick nicht aus. So still und vollkommen wie eine Alabastabüste saß sie da.
Ihr Hals war lang und glänzte vor Feuchtigkeit. Die goldblonden Locken klebten ihr an der Haut. Und sollte Isabelle sich bewegen, so wußte er, daß dies auf eine fließende, graziöse Weise geschehen würde,
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