Historical Weihnachtsband 1990
in einem fließenden Wirbel aus Leidenschaft und Energie.
Ich bin dabei, mich zu verlieben, dachte Travis.
„Ich habe Sie zu Weihnachten sehr vermißt, Isabelle", sagte er. Sie entgegnete nichts, und er schlüpfte durch die Tür und zog sie hinter sich zu.
2. KAPITEL
Isabelle Hinton wäre nicht im Traum eingefallen, dem Yankee-Befehlshaber, der gekommen war, um ihr Heim in Besitz zu nehmen, irgendeine Art von Sympathie entgegenzubringen. Sie verbrachte Stunden damit, sich einzureden, daß die Jungs in Blau den Krieg angezettelt hatten und der Süden lediglich in Ruhe seiner Wege gehen wollte. Wieder und wieder erinnerte sie sich daran, daß ihre Brüder da draußen Tag für Tag den Yankee-Kugeln ausgesetzt waren, doch all diese Gedanken halfen ihr auch nicht weiter. Captain Travis Aylwin hatte nie den Anspruch erhoben, ein Gentleman zu sein, und entsprechend ungehobelt hatte er sich ja auch aufgeführt. Dennoch hatte sich im Laufe der Tage gezeigt, daß unter der rauhen Schale ein ritterliches Herz schlug.
Zuerst versuchte Isabelle ihre ungeladenen Gäste einfach zu ignorieren. Doch eines Abends, als Captain Aylwin allein beim Essen saß, kam sie aus reiner Neugier an die Tafel. Sie begann mit ihren üblichen Sticheleien, doch Travis ließ sich nicht beim Essen stören. Nur gelegentlich blitzte etwas in seinen Augen auf, wenn sie einen empfindlichen Nerv bei ihm getroffen hatte. Eigentlich war er eine blendende Erscheinung, dessen war sie sich von Anfang an bewußt gewesen.
Isabelle hatte keine große Erfahrung mit Männern, insbesondere nicht mit deren Körpern, aber immerhin hatte sie zwei ältere Brüder, und nachdem die ersten Schlachten stattgefunden hatten, war sie in die provisorischen Feldlazarette gegangen und hatte bei der Versorgung der Verwundeten geholfen. Dabei hatte sie so manche Männerbrust gereinigt, gesalbt und verbunden, aber keine von denen konnte es an Schönheit mit der von Captain Travis Aylwin aufnehmen. Breite Schultern, muskulöse Arme und ein mächtiger Oberkörper, der sich zu einer schmalen Taille verengte. Was dann kam . . . Nun, daran wollte sie lieber nicht denken. Schließlich stammte sie aus einem guten Elternhaus, mußte sie sich unaufhörlich ermahnen, aber das änderte nichts daran, daß sie immer wieder von der Erinnerung an ihn und seine Nacktheit — so, wie sie ihn in jener ersten Nacht erlebt hatte — heimgesucht wurde.
Isabelle gab sich Mühe, ihm aus dem Weg zu gehen, und Travis respektierte das, wie er es versprochen hatte, als er in der Nacht ihrer Rückkehr ihr Zimmer verließ. Doch bei Nacht war sie sich seiner Nähe — gleich hinter der Wandtür — immer bewußt.
Seine Männer verhielten sich höflich und zuvorkommend, und sie waren gute Jäger.
Es gab immer genug zu essen. In der Tat so reichlich, daß, als sie einmal erwähnte, daß einige ihrer Nachbarn schweren Zeiten entgegensähen, die Unionsoffiziere sich beeilten, eine Rehhälfte vor eine Tür zu legen, ein andermal ein halbes Dutzend Kaninchen oder irgendwelches Geflügel, das den Jägern vor die Flinte gekommen war. Es war Isabelle klar, daß es Aylwins Führung zu verdanken war, wenn sich seine Leute so großzügig und fürsorglich verhielten, daß er am Krieg selbst keinen Gefallen fand.
Sie begann, ihn und seine Truppe nicht als gesichtslosen Feind zu sehen, sondern als Menschen, genau wie die Freunde, die zu ihren Partys gekommen waren, wie die jungen Südstaatler, die in ihr Heim gekommen waren, um zu lachen und zu träumen, sich zu verlieben und eine Zukunft zu planen. Sie mußte sich mit Gewalt daran erinnern, daß sie der Feind waren und sie nicht wollte, daß dieser Feind menschliche Züge annahm.
Es war Ende Januar, als Isabelle wiederum zum Dinner bei Travis erschien. Er hatte beim Essen in einigen Papieren gelesen, und nachdem er seine Überraschung über ihr Erscheinen unterdrückt hatte, legte er die Unterlagen schnell beiseite, stand auf und bot ihr höflich einen Stuhl an. Sie setzte sich, griff ungeniert nach dem Glas Wein, das ihm gerade eingeschenkt worden war, und nahm einen großen Schluck. Mit einem amüsierten Ausdruck setzte Travis sich wieder.
Zu Hause muß er ein wahrer Herzensbrecher gewesen sein, dachte Isabelle. Er steckt voller Warmherzigkeit und Humor, einer stillen Kraft und einer unaufdringlichen, doch gleichzeitig überwältigenden Männlichkeit. Sein Blick war beredsam, und seine Lippen verzogen sich schnell zu einem Lächeln. Doch sie wußte, er konnte auch
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