Historical Weihnachtsband 1990
stieß einen kleinen Schrei aus, fand seine Lippen, versank in seinem Kuß.
Während sie sich küßten, streichelte er sie — schier endlos, kühn, leidenschaftlich.
Und mit aller gebotenen Sanftheit und Zärtlichkeit.
Schließlich wuchs ihre Leidenschaft zu solcher Höhe, daß sie weder Schmerz noch Traurigkeit mehr kannte, sondern nur noch das unermeßliche Glück, in den Armen eines Mannes zu liegen, der ihr Liebe schenkte. Sie erfuhr die Tiefe seiner Leidenschaft, seiner Verzückung, als er gleichzeitig mit ihr den Gipfel der Ekstase erreichte — einen Augenblick, den sie in seiner Süße als den Himmel auf Erden empfand — und dann unter heftigen Schauern neben ihr niedersank.
Lange Zeit sagte sie kein Wort, bis Travis schließlich eine Locke von ihrer feuchten Wange löste. „Es tut mir leid, Isabelle, ich hatte kein Recht..."
Sie ergriff seine Hand. „Nein! Sei still. Bitte, sag so etwas nicht — nicht jetzt!"
Er drehte sich auf den Bauch, streichelte ihre Wange und betrachtete ohne Scheu das Heben und Senken ihrer Brüste. „Es ist nur . . . Ich liebe dich nämlich."
„Nein! So etwas darfst du auch nicht sagen."
Isabelle rückte mit einer schnellen Bewegung von Travis ab und langte zitternd nach ihren Kleidern.
„Isabelle!" sagte er und versuchte sie zurückzuhalten.
Sie verstand selbst nicht, warum sie so erregt war. Sie liebte ihn doch ebenfalls, mit an Verzweiflung grenzender Leidenschaft.
Aber es herrschte eben Krieg.
„Travis, laß mich in Ruhe, bitte!"
„Isabelle, ich habe dich doch nicht. . ."
„Nein, du hast mir keine Gewalt angetan. Du hast nichts Unrechtes getan. Du hast dich als vollendeter Gentleman verhalten. Aber laß mich bitte jetzt allein. Ich muß erst einmal allein sein."
Verärgert wandte sich Travis ab und zog sich mit ruckartigen Bewegungen Hemd, Hose und Stiefel an. „Ich erwarte dich heute abend zum Essen", sagte er dann.
Sie sah ihm zu, bis er gegangen war, dann wusch sie sich, kleidete sich an und fuhr mit dem Packen fort. Schließlich ging sie hinunter in sein Büro.
„Ich will über Weihnachten wegfahren, Captain", verkündete Isabelle.
Travis erhob sich und sah sie über den Schreibtisch hinweg an. „Geh nicht weg, Isabelle."
„Es ist Krieg, Captain."
„Nicht zwischen uns."
„Ich kann nicht hierbleiben. Verstehst du das denn nicht? Ich kann Weihnachten nicht mit unserem Feind unter einem Dach verbringen."
„Nicht einmal, wenn du mit ihm geschlafen hast?"
Sie gab ihm eine Ohrfeige. Travis verzog keine Miene, und Isabelle biß sich auf die Unterlippe und wünschte, sie hätte nicht zugeschlagen. Sie wußte selbst nicht mehr, was sie Travis, was sie sich selbst antat. Es war nur, daß sie sentimental wurde, sobald sie Weihnachtslieder hörte. Dann zog es sie mit aller Macht nach Hause.
Doch wo war sie nun eigentlich zu Hause? Sie wußte es nicht mehr.
„Ich werde dir sofort einen Paß ausstellen", sagte Travis kurz angebunden und suchte in den Papieren nach dem benötigten Formular. „Sergeant Sikes wird sich um dich kümmern."
„Danke."
Travis kritzelte die nötigen Angaben in den Paß und reichte ihn Isabelle, dann irrte sein Blick über den Papierkram, der sich auf seinem Schreibtisch anhäufte.
Isabelle drehte sich um und ging auf die Tür zu, dann hielt sie inne. Am liebsten wäre sie zu Travis zurückgerannt, um sich an seiner Schulter auszuweinen.
Aber sie brachte es nicht fertig. Etwas tief in ihrem Innern sagte ihr, daß sie das nicht tun durfte. Sie mochte in den Feind verliebt sein, aber Weihnachten mit dem Feind zu verbringen, das konnte sie sich nach wie vor nicht leisten.
3. KAPITEL
Isabelle verbachte Weihnachten und die Jahreswende 1863."4 bei Katie Holloway.
Sie wohnte in einem alten Farmhaus und war ebenso urtümlich, ebenso solide wie die Landschaft, in der sie lebte. Sie hatte die Belagerung von Fort McHenry durch die Briten im Krieg von 1812 miterlebt, und sie hatte lange genug gelebt, um zu sagen und zu tun und zu denken, was sie wollte.
„Es läßt allmählich nach, Isabelle, glaub mir. Dieser Krieg — er ist bald zu Ende."
„Das stimmt nicht. Unsere Generäle jagen doch die anderen im Kreis herum. Immer wieder haben wir Schlachten gewonnen, obwohl wir ihnen zahlenmäßig weit unterlegen waren, und ..."
Katie wiegte sich in ihrem Schaukelstuhl und klapperte mit den Stricknadeln. „Wenn unsere Männer fallen, ist niemand da, um ihren Platz einzunehmen. Jawohl, wir schlagen uns tapfer. Männer wie
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