Historical Weihnachtsband 1991
alles, was sie herausbringen konnte. Zu ihrer Überraschung fühlte sie sich hochgehoben und auf ihre Seite der Sitzbank zurückgesetzt.
„Gut", sagte Yancy, „dann ist es ja nicht nötig, die Sache noch weiterzutreiben."
Amelia war zutiefst peinlich berührt. Sie brachte nicht einmal eine patzige Entgegnung zustande.
Yancy klopfte an die Decke der Kutsche und gab dem Fahrer Anweisung, zu Amelia nach Hause zu fahren. Dann lehnte er sich zurück. „Ich will niemals wieder auch nur flüstern hören, daß du mit einem anderen Mann zusammen warst, sonst verspreche ich dir, daß du meine Arme das nächste Mal nicht als Jungfrau verläßt. Habe ich mich deutlich ausgedrückt?"
Amelia stellte fest, daß diesmal auch nicht ein Funken von Humor in Yancys Stimme war. „Ich glaube, ich habe das Recht, das gleiche auch von dir zu verlangen", schleuderte sie ihm ins Gesicht.
„Das hört sich fair an."
Als Yancy sie zur Haustür begleitete, wollte sich Amelia nach der Art und Weise, wie er sich in der Kutsche aufgeführt hatte,
nicht noch einmal von ihm küssen lassen. Aber als der Butler die Tür öffnete und Yancy sich zum Gehen wandte, war sie nichtsdestotrotz wütend. „Mach die Tür zu, Juanito", befahl sie, bevor sie ihre Röcke aufraffte und hinter Yancy herlief. „Einen Moment noch!"
Yancy hatte bereits die Kutsche erreicht. Er drehte sich um und wartete, bis sie ihn eingeholt hatte.
„Ich habe dieses Katz-und-Maus-Spiel jetzt gründlich satt!" Amelia ließ ihre Röcke fallen und sah zu ihm auf. „Erst traktierst du mich mit Wein, schleppst mich zu dir nach Haus, sagst, du willst mit mir ins Bett steigen, zwingst mir deine Küsse auf, dann drehst du dich einfach um und scheinst völlig desinteressiert. Ich bin noch nie von jemandem so niederträchtig behandelt worden wie von dir!"
„W^enn du einen Gutenachtkuß von mir haben wolltest, warum hast du es dann nicht gesagt? Das ist doch nun wirklich kein Problem." Er streckte die Arme nach ihr aus, aber geschwind brachte sie sich außer Reichweite.
„Wage nicht, mich zu berühren!" warnte ihn Amelia. „Laß mich versuchen, dir klarzumachen, was ich meine. Ich will dich nicht nur nicht heiraten, ich will dich überhaupt nicht mehr wiedersehen!"
„Ich mache keine leeren Drohungen, also hör mir gut zu. Wir werden heiraten, und ich werde dich in mein Bett holen. Ob du es magst oder nicht, du beginnst bereits, Gefühle für mich zu entwickeln. Meine Küsse bereiten dir Vergnügen, und du bist mehr als nur ein klein wenig neugierig, wie es wohl wäre, nackt neben mir zu liegen und die geheimen Freuden zu entdecken, von denen du weißt, daß ich sie dir zeigen kann."
Amelias Ohrfeige traf ihn so hart, daß es durch die Nacht schallte. Sie machte auf dem Absatz kehrt und ging die Treppe zur Haustür hoch. Als der Butler öffnete, hörte sie bereits die Kutsche wegfahren.
In ihrem Zimmer angelangt, schlugen Ärger und panische Angst über Amelia zusammen. Alles, was Yancy gesagt hatte, stimmte. Sie hatte ihre Gefühle erst zu ignorieren, dann zu bekämpfen versucht, aber jetzt, da die Wahrheit ausgesprochen worden war, konnte sie sie nicht länger verleugnen. Sie hatte keine Ahnung, wie oder warum es geschehen war, aber sie war dabei, sich zu verlieben. Gleichzeitig jagte es ihr Angst ein, daß Yancy ihren Verstand und ihren Körper so mühelos kontrollieren konnte. Nicht ein einziges Mal hatte er ihr gegenüber Zuneigung gezeigt oder irgendein Gefühl der Liebe zum Ausdruck gebracht. Sie mußte verschwinden, solange sie noch die Kraft dazu aufbrachte. Morgen würde sie mit Ruth sprechen und ihre Schwägerin bitten, ihr bei der Flucht zu helfen.
7. KAPITEL
Am nächsten Morgen ließ sich Ruth im Büro ihres Gatten in einen Sessel fallen. „Ich kann es einfach nicht glauben! Yancy will die Heirat wirklich durchziehen?"
Carlton lächelte spitzbübisch. „Genau das hat er auch mir vor einer Stunde gesagt."
„Liebt er Amelia?"
„Ich habe ihn nicht gefragt, und er hat nichts davon gesagt."
„Aber Carlton", sagte Ruth, „wenn sie einander nicht lieben, werden sie bis ans Ende ihrer Tage unglücklich sein. Das kannst du Amelia doch nicht antun."
„Yancy hat mir versichert, wenn Amelia ihm bis Heiligabend nicht ihre Liebe erklärt hat, wird er doch noch aussteigen. Er hat einen Plan."
Als Ruth nach Hause zurückkehrte, wurde sie im Salon bereits von Amelia erwartet.
Ein Blick sagte ihr, wie unglücklich die jüngere Frau war.
„Meine Liebe", sagte
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