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Historical Weihnachtsband 1992

Historical Weihnachtsband 1992

Titel: Historical Weihnachtsband 1992 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ERIN YORKE , BRONWYN WILLIAMS , Maura Seger
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sehnsuchtsvollem Schmerz an ihn. Vor allem, wenn sie nachts wach lag und in der Ferne die Schüsse zu hören waren.
    Sie hatte immer wieder alles durchdacht. Er war ein Yankee. Das Risiko, auf konföderiertem Gebiet gefangengenommen zu werden, war sehr groß, auch wenn die Truppen der Union während der meisten Zeit, die der Konflikt dauerte, das Land besetzt hielten.
    Vielleicht war er aber auch von seinen eigenen Leuten gefangengenommen worden.
    Oder er hatte schon während des Kriegs aus familiären Gründen nach Boston zurückkehren müssen.
    Einen möglichen Grund gab es jedoch, den sie immer wieder von sich wegschob, sobald er ihr Bewußtsein zu erreichen drohte. Nein, er durfte nicht tot sein.
    Irgendwo tief in ihr drinnen, dort wo die Logik endete, hätte sie es gespürt, wenn er nicht mehr lebte. Er war nicht tot, und er würde wiederkommen, das hatte er ihr versprochen.
    Eine Meile vom Haus entfernt schlang Ralph die Zügel seines Pferdes um den Ast einer Zypresse. Er war zu lange geritten. Vielleicht hätte er doch besser eine Kutsche genommen. Aber nein, verflucht, er wollte ihr dieses Mal nicht schon wieder als Invalide begegnen. Wenn er die Reise nicht aus eigener Kraft oder vielmehr auf dem Rücken seines hellbraunen Wallachs schaffte, dann wollte er sie überhaupt nicht machen. Dabei handelte es sich nicht um Stolz, sondern eher um eine Sache der Vernunft. Er hatte bisher aus reiner Rücksichtnahme auf jeden Kontakt mit ihr verzichtet, bis auf das Weihnachtspaket. Zuerst wollte er ganz sicher sein, daß er tatsächlich für sie und Becky sorgen konnte.
    Er entspannte sein Bein mehrere Male und atmete tief die von dem Duft immergrüner Pflanzen und den Ausdünstungen der nahen Sümpfe getränkte Luft ein. Durch die lichte Krone der Zypresse fiel das fahle Licht des Mondes und reflektierte als weißer Schimmer auf der glatten Wasserfläche des Pasquotank River. Das Wetter war mild. Eis und Schnee hatte er längst in Boston hinter sich gelassen. Schwerfallig stieg er wieder auf sein Pferd und wandte sich südwärts, immer die Shiloh Road entlang.
    Sara war sofort wach. Sie setzte sich im Bett auf und lauschte. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Einen Augenblick lang verspürte sie panische Angst, doch dann erinnerte sie sich, daß der Kampf vorbei war.

    „Die Hühner", flüsterte sie, glitt leise aus dem Bett und griff nach ihrem Umhang, den sie über den Bettpfosten geworfen hatte. Sie und Jimmy waren gerade mit dem Hühnerhaus fertiggeworden, doch es schützte die Tiere nur bedingt gegen Waschbären und streunende Hunde, allerdings kaum gegen das Gesindel, das in diesen Tagen durchs Land streifte, auf der Suche nach Arbeit, Essen oder einem Dach zum Schlafen.
    Sie wandte sich automatisch zum Vorratsschrank. Da fiel ihr ein, daß Papas Gewehr nicht länger dort war. Statt dessen ergriff sie den Besen. Sie befand sich schon auf halbem Weg zur hinteren Tür, als sie das Geräusch erneut vernahm. Zuerst stampfte ein Pferd auf und schnaubte, dann hörte sie eine gedämpfte Stimme und zögernde Schritte in Richtung der vorderen Veranda.
    Sie schlich durch das Haus nach vorn. Ob der Besen in der Dunkelheit einem Gewehrlauf ähnlich genug war? Oder sollte sie doch besser eine Bratpfanne und eine Fleischgabel holen, um sich zu verteidigen, so wie Annie?
    Sara wandte sich um, und der Besenstiel streifte geräuschvoll den Türrahmen. Sie erstarrte vor Schreck.
    „Sara?"
    Die Stimme klang tief und männlich. Und ohne die gedehnte Sprechweise des Südens. Das mußte nicht unbedingt bedeuten . . .
    „Sara, bist du wach?"
    Nie würde sie diesen Moment vergessen, wie er bei ihr in der Tür stand, steifbeinig und unsicher darüber, ob er willkommen war. Ihr Schreck ließ langsam nach, und sie streckte die Hand aus, um ihn über die Schwelle zu ziehen. Dabei liefen ihr die Tränen über das Gesicht. Die kühle Nachtluft drang unter das dünne Flanellhemd. Es dauerte eine Ewigkeit, bis Sara endlich daran dachte, die Tür zu schließen.
    Er blieb reglos am Eingang stehen, während sie eine Lampe anzündete und das Feuer schürte. Sie wandte sich von ihm ab, bis sie ihre Gefühle unter Kontrolle hatte.
    „Wenn du willst, daß ich wieder gehe, brauchst du nur ein Wort zu sagen", erklärte Ralph schließlich, so gefaßt wie möglich.
    Sara war von neuem verblüfft, wie sehr die Brüder sich ähnelten, auch wenn sie nicht völlig gleich aussahen. Heute kam es ihr nicht mehr in den Sinn, in Ralph ihren aus dem Krieg

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