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Historical Weihnachtsband 1993

Historical Weihnachtsband 1993

Titel: Historical Weihnachtsband 1993 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PATRICIA POTTER , Nora Roberts , RUTH LANGAN
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einmal so unrecht. Auch wenn sie noch nicht einmal 30-jahre zählte, mußte sie wahrscheinlich den Kleinen doch schon ziemlich alt vorkommen. Laura glich mehr und mehr ihrem Vater. War sie vielleicht auch schon so streng und unnachgiebig? Doch sie wußte, daß ohne beständige Ermahnungen und Zurechtweisungen die meisten Kinder in Bitter Creek völlig wild und ohne moralische Grundsätze aufwachsen würden.
    Daran ist wohl dieses rauhe Land schuld, dachte sie und schaute in das Schneetreiben vor ihrem Fenster. Wer in diese Gegend kam, war so sehr damit beschäftigt, in der Wildnis zu überleben, daß nur wenig Zeit blieb, sich über die Grundregeln des Miteinander der Menschen Gedanken zu machen. Hatte Laura es denn nicht wieder und wieder miterlebt?
    „Du wirst noch eine verknöcherte alte Jungfer werden, Laura Conners!" Sie warf die Haarbürste mit dem Elfenbeingriff, die früher einmal der Mutter gehört hatte, heftig hin, drehte dem Spiegel den Rücken zu, konnte sich einfach nicht mehr sehen. Es schmerzte zu sehr. Dann löschte sie die Laterne aus und ging müde zu Bett.
    Das Pferd erklomm die Hügelkuppe, verhielt und fühlte, wie sich der Reiter im Sattel bewegte. In dem Schneegestöber war die Sicht denkbar schlecht, und man hatte Mühe, sich zurechtzufinden.
    Matt Braden, zusammengesackt und über den Hals des Rotschimmels gebeugt, umklammerte sein Gewehr mit der Rechten. Der linke Arm hing kraftlos herab. Das Pferd stampfte und schnaubte, und der Schnee unter seinen Hufen färbte sich blutrot. Matt fühlte sich von Minute zu Minute schwächer. Hätte er sich nicht am Sattel festgebunden, läge er jetzt längst irgendwo, der Eiseskälte preisgegeben. Es ging darum, so schnell wie möglich Unterkunft zu finden, sonst würde er erfrieren.
    Da erblickte er unten ein schwaches Licht. Es war zu klein für ein Lagerfeuer, vermutlich eine Laterne oder eine Kerze. Er strengte verzweifelt seine Augen an, um durch das dichte Schneetreiben zu blicken und sah, wie die Flamme flackerte und erlosch. Hatte er es sich nur eingebildet, oder stand tatsächlich da unten eine Hütte?
    Er konnte dem Hengst seine Sporen vor Schwäche kaum mehr in die Seiten drücken, doch das genügte, daß dieser langsam weitertrottete. Immer voran durch das Schneetreiben suchte das Tier sich einen Pfad, als spürte der Hengst, daß er seine Last behutsam tragen müsse. Bei jeder Bewegung durchzuckte der Schmerz den Reiter wie ein Dolchstoß, und das Bewußtsein drohte ihm mehr als einmal zu schwinden.
    Schon glaubte Matt, daß er es nicht länger aushalten könne, da blieb das Pferd ganz plötzlich stehen. Matt hob mühsam den Kopf. Sie hielten vor einer Mauer. Natürlich müßte er die Hütte erst näher untersuchen, bevor er hineinging. Seine Gegner könnten schon hier sein, um ihn zu erwarten. Aber er konnte nicht absteigen und sich an eines der Fenster schleichen. Der Mann schloß die Augen und riß sie gleich wieder mit letzter Willensanstrengung auf. Einen Moment lang glaubte er, daheim zu sein, glaubte, diese Hütte zu kennen, konnte sich jedes Möbelstück vorstellen, das sich drinnen befand.
    Da war der Tisch, den der Vater aus dem Boden und den Seitenbrettern des Planwagens gezimmert hatte, da waren die sechs Stühle, die er aus jungen Baumstämmen geschnitten hatte. Oben unter dem Dach lag eine Matratze, auf der die Eltern schliefen. Unten standen die Betten an der Südwand der strohgedeckten Hütte, vier Kinderbetten für Matt und seine drei Brüder.
    Er lächelte. Richtige Bengel waren sie geworden, vor allem nachdem die Mutter gestorben war, waren wild und in voller Freiheit aufgewachsen, ohne daß ihnen der gramgebeugte Vater Vorhaltungen gemacht hätte. Ob sie jetzt drinnen auf ihn warteten?
    Matt schüttelte den Kopf, versuchte, klar zu denken. Die Phantasie spielte ihm bloß einen Streich. Dies hier war nicht sein Daheim. Es gab keines mehr für ihn. Der Vater war der Mutter ins Grab gefolgt, und auch die Brüder lebten nicht mehr. Alle drei nicht. Jase war bei einem Banküberfall erschossen worden. Cal hatte die tödliche Kugel in einem Saloon in Texas getroffen. Dan wurde das Opfer eines Greenhorns, das unbedingt der Welt beweisen wollte, daß es schneller den Revolver ziehen könne als irgendeiner der legendären Helden von Arizona Territory.
    Alle waren sie tot, alle, bevor sie noch richtig erfahren hatten, was leben hieß.
    Hatte er ein besseres Los gezogen? Zorn und Verzweiflung überkamen ihn. Wer fragte danach, auf

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