Historical Weihnachtsband 1993
lagen zwei kleine Gestalten in einem Bett, eine dritte sah er auf einem Behelfslager. Im Weitergehen, die beiden Männer immer dicht auf seinen Fersen, bemerkte er im zweiten Raum ein Bett und zwei Schlafstellen. Das Mädchen im Bett erblickte ihn und schrie angstvoll auf, bevor es sich unter der Decke versteckte. Ihm war es, als hätte man ihm ein Messer in den Rücken gestoßen.
Er war nicht daran gewöhnt, Kinder in Schrecken zu versetzen, und der bloße Gedanke, daß es eben geschehen war, schmerzte. Er schaute Blythe nach. Sie ging zu dem verschüchterten Geschöpf und beruhigte es mit leisen, liebevollen Lauten.
Er zog sich hastig zurück. Dabei entging es ihm nicht, daß sich zwei andere Kinder auf einem Bett schutzsuchend aneinander klammerten. Sie hielten sich ganz still und reglos, aber er spürte, daß sie um seine Anwesenheitwußten. Was, um aller Heiligen willen, mochte diesen Kindern widerfahren sein? Draußen wartete er eine Weile auf Blythe, bis sie endlich auf den Korridor trat, tiefe Besorgtheit im Gesicht.
Rafe Hampton mußte seine Suche zu Ende bringen, früher konnte er nicht gehen.
Gegen das Pflichtbewußtsein, das ihm so lange und unerbittlich eingeimpft worden war, konnte er nicht ankommen. Nicht einmal jetzt, wenn Blythe doch so stolz, so gekränkt und verwirrt vor ihm stand. Zwei Zimmer gab es noch, und schon im nächsten ahnte er, daß die beiden Kinder nicht schliefen und sich nur so reglos verhielten, um sich nicht zu verraten. Man konnte ihre Angst körperlich wahrnehmen. Wieder trat Blythe mit leisen Schritten zu ihnen, tröstete und beruhigte, bis sich die kleinen Körper entspannten. Der letzte Raum war als Kinderzimmer eingerichtet, und dort fanden sie auch Jaime vor, der die fremden Eindringlinge finster anstarrte und einen Arm um einen kleinen Jungen gelegt hatte.
„Möchtest du nicht noch unter die Betten schauen?" fragte Blythe mit beißendem Spott.
„Mein Gott, Blythe, meinst du denn, mir macht das Spaß?" In seiner Stimme schwang ein so tiefes Bedauern mit, daß Blythe gegen ihren Willen ein unangebrachtes Mitgefühl für ihn empfand. Dabei hätte sie ihn in diesem Augenblick hassen mögen, wenn sie an Seth dachte und an den Verwundeten. Für sie war es gleich, ob Offizier der Konföderation oder einer der Union, er war nichts als ein Mensch, der Hilfe brauchte.
Sie kehrten in die erste Etage zurück, und Rafe zögerte. „Es tut mir leid, Blythe, es war nicht anders zu machen. Ich habe strikte Order, alles zu durchsuchen."
„Möchtest du vielleicht auch mein Schlafzimmer sehen? Immerhin könnte ich einen General unter dem Bett versteckt haben", sagte Blythe spöttisch.
Rafe Hampton schaute die beiden Soldaten an, die ihnen mit verlegenen und betretenen Gesichtern folgten, und befahl kurz: Jedes Zimmer!"
Sie hatte das Gefühl, ihr Herz breche stückweise entzwei, während sie vorausging und zur Seite trat, als Rafe einen Blick in ihr Schlafzimmer warf, auf das niedrige Bett, die eine Decke darauf.
Er wandte sich ihr zu und sah ihr ins Gesicht, das versteinert wirkte. „Blythe", begann er von neuem.
„Hier ist noch der Salon, dort Vaters Arbeitszimmer. Vielleicht hat sich der General drinnen versteckt?" Ihre Stimme klang verbittert, die Lippen hatten nichts Weiches mehr an sich, als wären sie nicht vor einer kleinen Welt den seinen so hingebungsvoll entgegengekommen. Hol der Teufel diesen verdammten Krieg!
dachte Rafe. Obwohl er ihr pflichtschuldig folgte, wußte er natürlich, daß die Suche erfolglos bleiben würde. Sonst hätte Blythe ihm nicht so anstandslos die Erlaubnis dazu erteilt. Schließlich standen sie zu viert wieder in der Küche.
„Hier riecht's aber fein, Madam", stellte der Sergeant sehnsüchtig fest und schnupperte. „Ganz wie zu Hause bei meiner Mutter, wenn Weihnachten ist."
„Und wo sind Sie daheim, Sergeant?" fragte Blythe. Sie konnte der Bitte in den Augen des Mannes nicht widerstehen.
„In Indiana, und ich hoffe, bald wieder dort zu sein. Ein frohes Fest, Madam, und es tut mir leid wegen der Störung."
Das Verhalten des Sergeant verärgerte Rafe Hampton mehr, als er sich eingestehen wollte. „Lassen Sie die Männer noch die Scheune und die Nebengebäude gründlich durchsuchen", befahl er. „Und denken Sie daran, was ich gesagt habe: ihr rührt nichts an!"
„Zu Befehl, Sir!" Der Sergeant und sein Kamerad verschwanden. Die Tür schloß sich hinter ihnen, und Blythe blieb mit Rafe allein. Ein unangenehmes Schweigen hing
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