Historical Weihnachtsband 1993
frisch gewaschen. Er winkte ihr zu, da sie in seine Richtung schaute. Laura stieg jähe Röte ins Gesicht, und schnell wandte sie sich ab. Bald daraufgingen die Eltern in den Krämerladen, und Laura blieb stehen, als Matthew Braden auftauchte und sich vorsichtig näherte.
„Ich weiß jetzt, wie du heißt", sagte er triumphierend.
„Und wer hat dir meinen Namen verraten?"
„Ned Harrison im Laden. Ich helfe manchmal dort aus, wenn er einen braucht, der die schweren Säcke schleppen kann. Ich erzählte ihm von einem Mädchen, das immer so sauber und strahlend aussieht wie bei der Gebetsstunde am Sonntag, da meinte er, es gebe nur eine, die so sei." Er lächelte sie an. „Und dann sagte er mir den Namen: Laura Conners."
Bisher hatte sie kaum über ihren Namen nachgedacht. Doch dieser Matthew flüsterte ihn, als sei es ein Gebet.
„Das paßt zu dir", fuhr er fort, „ein hübscher Name für ein hübsches Mädchen."
„Ich bin sicher, das sagst du allen Mädchen in Bitter Creek." Laura hielt beharrlich den Blick auf einen Kieselstein gesenkt, den sie mit der Schuhspitze freigescharrt hatte.
„Ich habe es vorher noch nie zu einer gesagt."
„Nie? Zu keiner?"
„Zu keiner." Sie hoben beide den Kopf, als Matthews Brüder daherschlenderten.
„Kommst du, Matt?" rief Cal herüber.
"Ja, ja, gleich."
„Laß Vater nicht warten, er hat was für uns zu tun!"
Als sie wieder allein waren, sprach Matthew weiter. „Im Mietstall haben sie ein neugeborenes Fohlen. Möchtest du's sehen?"
Laura nickte.
„Dann komm mit!" Sie gingen Seite an Seite weiter, bemüht, einander nicht versehentlich zu berühren. Bei den Stallungen angekommen, blieb Laura in der Tür stehen, und Matthew ging hinein. Als sich ihre Augen an das Dämmerlicht gewöhnt hatten, das drinnen herrschte, konnte Laura die Umrisse der Stute und ihres Neugeborenen wahrnehmen. Matthew näherte sich ihnen langsam und streckte der Stute die Hand hin, an der sie schnupperte. Dann wieherte sie leise, und er ging zu Laura, zog sie hinein und legte ihre Rechte auf die samtweichen Nüstern des Fohlens.
„Ist das nicht lieb?"
Laura war so überwältigt, daß sie kein Wort hervorbrachte. Immer wieder streichelte sie das so zerbrechlich wirkende kleine Geschöpf, bis es auf wackligen Beinen stand und zur Mutter zurückschwankte. Schweigend schauten Matthew und Laura zu, als das Fohlen bei der Stute zu saugen begann.
Beim Verlassen des Stalles strahlten Lauras Augen vor Freude. »O Matthew, ist das Fohlen nicht wunderschön? Viel schöner noch als die Kälbchen auf unserer Ranch."
„Wüßt ich doch, daß es dir gefallen wird." Er freute sich an Lauras Anblick und hatte das Gefühl, daß er nie zuvor etwas so Besonderes miterlebt habe.
Am anderen Ende der Straße konnte Laura sehen, daß die Eltern schon auf dem Wagen warteten. „Ich muß jetzt gehen."
„Ich komme mit und begleite dich."
„Nein." Laura erinnerte sich, was ihr Vater über Matthew Braden und seine Brüder gesagt hatte. Es lag nicht in ihrer Absicht, etwas Böses zu tun oder ungehorsam zu sein. Aber der heutige Tag war eben nicht wie jeder andere gewesen. Und sie wollte nicht, daß ihr etwas das Glücksgefühl nahm, das sie erfüllte. „Bleib du hier. Ich muß mich beeilen."
„Sehe ich dich am nächsten Sonntag wieder?"
Laura wich seinem Blick aus. „Vielleicht."
„Ganz bestimmt."
Sie schaute ihn an und bemerkte das Strahlen in seinen Augen.
„Und wenn ich mich dazu noch einmal von einem Pferd abwerfen lassen muß, um deine Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen", setzte er hinzu.
Im darauffolgenden Jahr, zwischen ihrem fünfzehnten und sechzehnten Geburtstag, lernte Laura dann den jungen Mann und das, was hinter seinen fröhlichen Augen steckte, etwas näher kennen. Matthew Braden war ganz anders als alle Menschen, die sie bisher getroffen hatte. Er war immer zu Späßen aufgelegt und setzte alles daran, Laura zum Lachen zu bringen. Sie mochte seine dummen Scherze, seine spöttelnde Heiterkeit gern. Wenn Laura sich besorgt zeigte über die angegriffene Gesundheit der Mutter, richtete Matt sie mit einem einzigen Wort wieder auf. Und als sie sich einmal solche Sorgen machte, ihr Vater könne wegen hoher Schulden die Ranch verlieren, bot Matthew Laura sogar an, für sie eine Bank zu überfallen.
Natürlich war das nur als Witz gemeint, aber Laura tadelte ihn dennoch, daß er dergleichen nicht einmal im Scherz sagen dürfe.
„Es könnte dich jemand hören und dem Richter
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