Historical Weihnachtsband 1993
Kriegsschiffe mit schweren Kanonen. Und noch bevor der Morgen dämmerte, hatten diese Leute die Ladung der East Indian Company versenkt."
„Und das nennen Sie unsinnig?"
„Hätte ich vielleicht 'waghalsig' sagen sollen?" Sie machte eine abweisende Bewegung, „oder gar ,heroisch', wie Brian es nennt? Ich halte es deshalb für unsinnig, weil es den König dazu bringen mag, noch drastischere Maßnahmen zu ergreifen." Sie drehte sich zu Ian um. Er erwiderte: „Sind Sie denn der Meinung, es wäre besser, nichts zu tun, während haarsträubendes Unrecht geschieht? Sollen wir vielleicht die Hände in den Schoß legen und wie ein gehorsamer Hund darauf beharren, den Stiefel zu fühlen?"
Als einer echten Murphy stieg ihr bei diesen Worten das Blut in die Wangen. „Auch Könige leben nicht ewig."
„Heißt das, wir müssen einfach abwarten, bis der gute George das Zeitliche segnet, statt uns jetzt zu erheben und das Recht zu verteidigen?"
„In diesem Lande hat es genug Krieg und Leid gegeben, und auch wir sind nicht davon verschont geblieben."
„Es mag längst noch nicht alles gewesen sein, Alanna, bis die Dinge ins Lot kommen werden."
„Ins Lot?" gab sie heftig zurück, während MacGregor ruhig seinen Kräutertee trank.
„Kommt etwas ins Lot, wenn wir uns Federn ins Haar stecken und Tee ins Meer schütten? Und was ist mit den Witwen und Müttern jener Männer, die gegen Franzosen und Indianer gefallen sind? Kommt für sie alles wieder ins Lot? Was haben sie davon außer Gräbern und Tränen?"
„Diese Männer sind für unsere Freiheit gestorben und für Gerechtigkeit", sagte Ian.
„Worte", widersprach Alanna, „nichts als Worte. Freilich, Worte kennen nicht den Tod, den kennen bloß die Menschen."
„Er ist unser aller Schicksal, ob er im Alter kommt oder durch eine Waffe in Feindeshand. Würden Sie lieber Englands Ketten tragen, bis schließlich unser Rücken unter diesem Joch bricht? Ist es da nicht unsere Pflicht, aufrecht zu stehen und zu kämpfen für das, was unser gutes Recht ist?"
Alanna rann ein Schauder kalter Angst über den Rücken, so glühten Ians Augen. „Sie reden wie ein Rebell, MacGregor."
„Nur wie ein Amerikaner", verbesserte er, „wie ein ,Sohn der Freiheit'."
„Genau das hätte ich mir gleich denken können", murmelte sie, ergriff den leeren Teller und stellte ihn weg. Außerstande, sich zu beherrschen, kam sie zu MacGregor zurück. „War das Versenken der Teekisten wirklich den Einsatz Ihres Lebens wert?"
Wie geistesabwesend tastete er nach der Schulter. „Eine Rechnung, die nicht aufging", sagte er. „Es hatte nichts mit unserer kleinen ,Tea-Party' zu tun."
,„Tea-Party'?" Sie warf ihm einen vernichtenden Blick zu. „Das sieht einem Manne ähnlich, so leichtfertig von einem Aufstand zu sprechen."
„Und es ist typisch für eine Frau, gleich die Hände zu ringen, wenn die Rede auf den Krieg kommt."
Alanna schaute ihn fest an. „Ich ringe nicht die Hände", stellte sie richtig, „und würde um Ihresgleichen gewiß auch keine Träne vergießen."
Ians Tonfall wechselte so unvermutet, daß Alanna die Lider senkte. „Trotzdem werden Sie mich vermissen, wenn ich nicht mehr da bin."
„Sonst noch was?" lenkte sie ab und unterdrückte ein Lächeln, „und jetzt sehen Sie zu, daß Sie wieder ins Bett kommen!"
„Ich bezweifle, daß ich das aus eigener Kraft schaffen kann."
Alanna seufzte tief, trat aber dann zu Ian MacGregor, damit er sich auf ihre Schulter stützen konnte. Eine einzige blitzschnelle Bewegung, und er hatte Alanna auf seine Knie gezogen. Sie stieß eine Verwünschung aus, die er keineswegs aus ihrem Mund erwartet hätte.
„Stillhalten!" befahl er. "Abgesehen von unseren verschiedenen Standpunkten, sind Sie verdammt anziehend, Alanna, und ich habe schon viel zu lange keine so schöne Frau mehr im Arm gehalten."
„Lassen Sie mich los", brachte sie mit Mühe heraus und holte aus.
Im gleichen Moment zuckte er zusammen, weil ein stechender Schmerz durch seine verletzte Schulter zuckte. „Nicht doch, Liebste!"
„Ich bin nicht Ihre Liebste, Sie . . ."
„Wenn Sie so weitermachen, wird meine Wunde gleich aufplatzen, und dann haben Sie Blutflecken auf dem frisch gescheuerten Fußboden."
„Es wäre mir ein Vergnügen."
Er lächelte vergnügt und hielt ihr Kinn fest. „Für jemanden, der dem Krieg so ablehnend gegenübersteht, sind Sie aber eine ziemlich blutrünstige Frau."
Sie hatte zahllose ,Kosenamen' auf der Zunge und wollte sich rasch von ihm
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