Historical Weihnachtsband 2010
ich.“
Als Reaktion auf ihre Antwort ging eine Welle geflüsterter Kommentare durch die Schiffsmannschaft. Die Frau des Kapitäns war eine Sache. Aber jetzt auch noch einen zweiten Unterrock an Bord? Das war eine schöne Bescherung! Frauen hatten an Bord eines Kriegsschiffes nichts zu suchen.
Im Geheimen war das auch Kits Meinung. Anders als viele Kapitäne erlaubte er den Hafendirnen, die seiner Mannschaft ihre Dienste anboten, nicht, ihr Gewerbe unter Deck auszuüben. Noch hatte er bis heute daran gedacht, seine eigene Frau an Bord zu bringen, wie viele Kapitäne es taten. Die Gull war zum Kämpfen gebaut, und das tat sie auch. Kit hatte keine Lust, eine Frau von gesplitterten Rundhölzern durchbohrt oder von Kartätschen zerrissen zu sehen. Und er hätte Lady Margaret auch nicht gezwungen, an Bord zu gehen, wenn ihn sein Auftrag nicht nach Norden geschickt hätte und er felsenfest überzeugt gewesen wäre, dass die Spanier, so sie denn kamen, vom Süden durch den Kanal heransegeln würden.
„Ihr müsst mich gar nicht so böse ansehen“, meinte Violet mit unerschütterlicher Ruhe. „Wo meine Margaret hingeht, gehe auch ich hin. Wie Huthburt oft sagte, du musst den Quark mit der Sahne nehmen, sonst bekommst du keinen Käse.“
„Wer, zum Teufel, ist Huthburt?“
„Er war mein Ehemann, Sir, und ein wackeres Herz, jawohl, das war er.“ Mit einem kleinen Schubs richtete sie ihre Haube gerade. „Jetzt führt mich nach unten, damit ich mich um alles kümmern kann. Und wenn Ihr so nett sein wollt, den Koch zu mir zu schicken. Ich habe Rezepte für Würzwein und andere Tränke mitgebracht, um sicherzugehen, dass Margaret auf dieser Reise ihren Mageninhalt bei sich behält.“
Das überzeugte Kit, und er hatte nichts mehr gegen ihre Anwesenheit einzuwenden. Er ließ den Schiffsjungen kommen und wies ihn an, die rotwangige Dame nach unten zu begleiten.
4. KAPITEL
Gegen die Erwartung aller, ihre eigene eingeschlossen, ertrug Margaret die Schiffsbewegungen wie jemand, der in einem Langboot geboren und in eine Schiffstruhe gebettet worden war.
Doch als sie das Ächzen der Ankerwinde und das Kreischen der Ankerkette hörte, die hochgezogen wurde, umklammerte sie Halt suchend Violets Arm. Und als der Wind in die Segel fuhr und die Gull sich heftig auf die Seite legte, wäre sie die Erste gewesen, die zugegeben hätte, dass sich ihr der Magen umstülpte. Aber während Margaret in einen warmen, pelzbesetzten Mantel und in wollene Handschuhe schlüpfte, um dann die Treppe emporzuklettern, die von der Kapitänskajüte zum Heck führte, stand sie fest und sicher auf ihren Beinen. Und genauso fest und sicher war ihr Entschluss. Sie konnte und wollte nicht davonsegeln, ohne einen letzten Blick auf ihre geliebten Hügel von Devon zu werfen.
Die Dezemberdunkelheit fing bereits an, lange Schatten über den Himmel zu werfen. Die Gebäude von Plymouth und seine Zinnen glitten in einem Wirbel purpurner Schatten und flackernder Lichter vorüber. Als die große Kette, die den Hafen schützte, ins Wasser klatschte und die Gull in die Meerenge hinausglitt, umklammerten Margarets behandschuhte Finger die Reling. Sie hob den Blick zu den Weiden und Feldern, die wie Tupfen die Hügel über den grauen Klippen sprenkelten. Eine lebenslange Verantwortung lastete schwer auf ihren Schultern, und der Kopf drehte sich ihr von den Gedanken an all das, was sie in Oak Manor nicht hatte erledigen können.
Wie würden ihre Diener und Pächter ohne sie zurechtkommen? Und ohne Violet? Würde die Köchin sich um die hässliche Verbrennung am Arm der dritten Küchenmagd kümmern? Würde Tom Longshanks, ihr unzuverlässigster Kleinbauer, dafür sorgen, dass man die Gräben, die seine Felder von denen Will Buttermans trennten, vom Winterschlamm säuberte, damit sie entwässert wurden? Und ihr Verwalter, würde er rechtzeitig die Pacht einsammeln, damit dann im Frühjahr Gerichtstag gehalten werden konnte?
Und die Weihnachtsfestlichkeiten!
Wer würde sich um das Weihnachtsfest kümmern? Wer würde die Mägde ausschicken, damit sie Rosmarin, Efeu, Stechpalme und Misteln sammelten, um daraus Girlanden zu binden und das ganze Herrenhaus damit zu schmücken? Wer würde über das Backen wachen? Wenn der Duft nach Fleischpasteten und Rosinenkuchen durchs Haus zog, war einem immer das Wasser im Mund zusammengelaufen. Wer würde den Julklotz hacken und die Possenreißer und Musikanten bezahlen?
Trotz der Tatsache, dass Weihnachten jedes Mal auch der
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