Historical Weihnachtsband 2010
darüber, dass er wegen ihr den Kampf mit Lord Orrick verloren hatte?
Lord Gavin duckte sich unter der niedrigen Tür hindurch und durchquerte mit drei Schritten die Hütte. Noch nie hatte sie so schäbig und kahl ausgesehen wie jetzt, da er darin stand. Er füllte den ganzen Raum aus, und neben ihm schienen Elizabeths wenige Habseligkeiten zusammenzuschrumpfen.
„Hat dir der Kampf gefallen?“ Die Hände in die Hüften gestemmt stand er mit gespreizten Beinen da. Sie lauschte dem Klang seiner Stimme. Doch er verriet ihr nichts. „Nach dem langen Aufenthalt in der Burg tat es gut, sich ein wenig mit Orrick zu bewegen.“
„Ihr steht ihm in Eurer Geschicklichkeit in nichts nach, Mylord. Ich habe Lord Orrick schon früher kämpfen gesehen, aber nicht mit jemandem, der ihm an Größe und Meisterschaft gleichkam.“
Gavin wandte den Kopf und blickte aus dem Fenster. Anscheinend beobachtete er Liams Rückzug durchs Gebüsch. „Es fühlte sich gut an. Wie es scheint, sind wir alle ein wenig überreizt.“ Er sah wieder zu ihr. „Orrick sagt, dass die Alten die Rückkehr des Sturms voraussagen.“
„So sind die Winter hier. Zumindest hat man mir das gesagt, Mylord.“ Verlegen rieb sie sich die Hände und wusste nicht, was sie tun sollte. Diese zwanglose Plauderei war schwierig aufrechtzuerhalten. Nicht, dass sie keine Erfahrung in leichter Konversation gehabt hätte. Aber diese Erfahrung gehörte zu einem anderen Leben, und sie hatte sie ebenso entschlossen abgelegt wie den Inhalt des verborgenen Kästchens. Oder besser gesagt, sie war ihr genommen worden wie so vieles andere in ihrem Leben.
Er entspannte sich ein wenig und lächelte. „Oh, ich vergaß, dass es dein erster Winter auf Silloth ist. Wie ist es hier, verglichen mit deiner Heimat?“
Auch wenn er sie nur vorsichtig ausforschte, spürte sie doch den Stich und den Stachel seiner Frage. Sie schluckte und musste den Blick abwenden, ehe sie antworten konnte. Würde der Schmerz in ihrer Stimme genauso zu hören sein, wie er in ihren Augen zu lesen war?
„Silloth ist meine Heimat, Mylord.“ Seinen Fragen war immer schwerer auszuweichen.
„Jetzt wohl, doch wir beide kommen von woanders her. In meinem Dorf“, sagte er und trat näher, „haben wir ähnliche Stürme. Aber im Winter gibt es öfter Schnee anstelle dieses Regens.“
„Liegt Euer Dorf in den Bergen?“
Um seine Mundwinkel huschte ein Lächeln, und Elizabeth musste gegen den Wunsch ankämpfen, seine Lippen zu berühren. Wieso war etwas Einfaches wie ein Lächeln bei diesem Mann nur so anziehend und gefährlich? Obwohl er keinen Mantel trug und immer noch nass war, strahlte er Hitze aus, als er jetzt zu ihr trat. Und erst als sie die Wand im Rücken fühlte, wurde ihr bewusst, dass sie stetig vor ihm zurückgewichen war, während er auf sie zuschritt. Jetzt blieb ihr kein Platz mehr, sich ihm noch weiter zu entziehen.
„Mein Dorf liegt in einem von Bergen umgebenen Tal. Ihre Höhe schützt uns vor den schlimmsten Stürmen. Aber jedes Jahr gibt es einige Stürme, die uns auch unten im Tal erreichen.“ Er streckte die Hand aus und strich ihr das vom Wind zerzauste Haar aus dem Gesicht. „Wir Schotten verhätscheln unsere Dorfbewohner allerdings nicht, als wären sie kleine Kinder. Wir rennen nicht und suchen Schutz, wie die schwachen Engländer es tun.“ Seine Stimme wurde zu einem Flüstern, während er ihre Wange und ihren Hals streichelte. „Aye, die Engländer sind zu weich.“
Sie wusste, dass er sie jetzt küssen würde. Er legte ihr die Hand in den Nacken und hielt sie fest. Sein Mund war warm, und seine Lippen pressten sich fest auf die ihren. Während er mit der Hand ihr Kinn umfasste, küsste er sie wieder und wieder. Als er den Kopf hob, glaubte sie, dass er sie nun loslassen würde. Doch er neigte den Kopf nur in die andere Richtung und küsste sie erneut.
Seine Gegenwart, sein Körper, so nah dem ihren, all das war überwältigend für Elizabeth. Es besaß jedoch nichts Bedrohliches für sie. Einen Augenblick lang, nur einen kurzen Augenblick lang wollte sie ihren Gefühlen freien Lauf lassen. Während sie sonst all ihr Empfinden beim Liebesakt abschottete, verschloss sie sich jetzt nicht vor Gavin. Vielmehr ließ sie die Gefühle zu, die er in ihr erweckte, und blickte ihm in die Augen.
Unter seinen sanften Berührungen erwachte Verlangen in ihr. Ihre Brüste prickelten, und ihr Körper bereitete sich auf das vor, was kommen würde. Bisher hatte sie mit geballten
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