Historical Weihnachtsband 2010
nicht wieder. Diese Zeit jetzt ist besonders schön, nicht wahr? Weihnachten und all das. Hast du es gesehen, Rose?“
Weihnachten . Das Wort allein weckte eine Welle des Abscheus in William. Es gemahnte ihn daran, dass ihm nur noch neun Tage blieben, um den Mord an George zu klären und dann London zu verlassen.
„Ich habe es gesehen, Onkel.“ Rosemarys liebevolles Lächeln erinnerte William an die Liebe seiner Mutter zu ihrer alten Großtante, die bei ihnen lebte.
„All der grüne Blätterschmuck“, fügte Percy hinzu. „Die Auslagen in den Fenstern der Läden. Reizend. Sehr reizend. Wirklich.“
Rosemary zuckte zusammen. Zweifellos dachte sie in diesem Moment an ihre Apotheke.
William wurde das Herz schwer. Wieso empfand er auf einmal so viel für sie, wo er doch das ganze vergangene Jahr wie erstarrt gewesen war?
„Großartig.“ Percy blickte sich um. „Wirklich großartig. Erinnert mich an die Halle der Templer auf Malta. Fast wäre ich ihnen beigetreten.“ Er bewegte sich in seinem Stuhl und zuckte zusammen.
„Onkel, du solltest dich jetzt ausruhen“, sagte Rosemary sanft.
„Ich habe die Diener angewiesen, ein Bett in dem Raum hinter dem Dais, dem Podest, aufstellen zu lassen“, sagte William. „Zu Zeiten meiner Großeltern war es die Kemenate. Ich dachte, so ist es leichter für Euch, zu den Mahlzeiten zu Tisch zu kommen.“
„Ach.“ Percys müde Augen tanzten. „Es ist einige Zeit her, dass ich an einem Tisch gegessen habe und nicht im Bett wie ein wimmernder Säugling. Ihr seid freundlich. Höchst freundlich. Nicht wahr, das ist er, Rosemary?“
„Aye, eine wahre Quelle der Freundlichkeit.“ Rosemarys spöttischer Blick erinnerte William an seine kurz zuvor gemachte, hochnäsige Bemerkung.
Verdammt. Er wollte weder von ihrer Schönheit berührt werden noch von ihrem Geist oder dem Mitgefühl für ihren Onkel.
„Es ist selbstverständlich“, sagte er scharf. „John, du und die Burschen können Master Percy in die Bibliothek meines Vaters tragen.“
„Bibliothek!“ Percy machte Augen so groß wie Suppenschüsseln.
„Mein Vater ist so etwas wie ein Sammler von Büchern.“
„Gut, gut.“ Percy rieb sich die Hände. „Ich bin sehr interessiert daran zu sehen, was er besitzt. Vielleicht habe ich einige davon noch nicht gelesen, obwohl es mich überraschen würde. Äußerst überraschen.“
„Onkel, Lord William nimmt uns nur so lange freundlich auf, bis wir die Apotheke wieder hergerichtet haben. Du kannst aber nicht darüber hinaus noch Ansprüche auf seine Bücher …“
„Das ist kein Problem, da bin ich mir sicher“, sagte ihr Onkel liebenswürdig. „Bücher sind dazu da, dass man sie liest. Wie viele Bücher, würdet Ihr sagen, besitzt Euer Herr Vater?“, fragte er mit der Begeisterung eines Trunkenbolds, der ein Fass Bier erspäht.
„Ich denke ein paar Hundert.“
„Ein paar Hundert.“ Onkel Percy leckte sich die Lippen. „Großartig. Großartig. Es wird zwei Wochen dauern, unser Haus wieder bewohnbar zu machen. Vielleicht sogar noch länger“, fügte er fröhlich hinzu. „Wir dürfen keine Zeit verschwenden. Sei so gut und bring mich in die Bibliothek, John. Bist ein guter Bursche.“
„Sobald ich einen Freund finde, der uns aufnehmen kann, sind wir verschwunden“, sagte Rosemary, während die Bediensteten den munter plaudernden Percy davontrugen.
Bei dem Gedanken, sie könnte gehen, fühlte William sich noch elender als bei der Vorstellung, sie hier in seinem Haus zu haben. „Und Euren Onkel wollt Ihr dieser glänzenden Chance berauben, die Bibliothek zu erkunden?“
„Ich mache es nicht gerne. Er beklagt sich nie, müsst Ihr wissen. Weder über die Langeweile noch über die Einschränkungen noch über die Schmerzen.“ Ihr Blick traf William. Es war ein herausfordernder Blick. „Unsere Gegenwart hier stört Euch, nicht wahr? Oder bin ich es?“, fragte sie, als er nicht antwortete.
„Es ist eine schwere Jahreszeit für mich. Das, zusammen mit meiner Unfähigkeit, Georges Mörder zu fangen, bringt mich etwas auf.“ William machte sich auf eine Flut von Fragen gefasst, was seine erste Bemerkung betraf.
Sie konzentrierte sich aber auf die zweite. „War George ein Freund von Euch?“
„Beides, Freund und Mentor, als ich neu im Einfuhrgeschäft war. Aber kommt, Ihr müsst erschöpft sein.“ William gab einer Dienerin ein Zeichen. „Anna wird Euch in Euer Gemach führen.“
Anna trat näher. Ihr Gewand war fleckenlos – und allem
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