Historical Weihnachtsband 2010
bekommen?“
„Wenn ich es für richtig halte, ja.“ William ließ ein wölfisches Lächeln aufblitzen. „Wir Sommervilles sind ein rücksichtsloses Volk. Aber ich nutze nicht unfair einen Vorteil aus. Der Fuß Eures Onkels mag ihn bettlägerig machen, doch er besitzt einen wacheren Geist als ich. Jedenfalls wach genug, um zu erkennen, dass diese Räuber wegen der Gewürze zurückkommen werden, wer immer sie auch sein mögen.“
„Aber ich habe diese verfluchten Gewürze doch nicht“, murrte Rosemary.
„Das wissen sie nicht. Sie werden zurückkommen. Und wenn sie das tun, will ich keinen von Euch hier sehen.“ Er hob die Hand, um ihren Protest abzuwehren. Seine Stimme klang jetzt sanfter. „Widersetzt Euch nicht. Zum Teil bin ich ja schuld an diesem Überfall. Mein Besuch gestern Abend ließ sie offensichtlich glauben, Ihr hättet Eure Waren erhalten.“
„Das stimmt vermutlich. Doch Ihr müsst Euch nicht verpflichtet fühlen.“
„Das tue ich aber.“ Wie ein Geist in einem verwunschenen Haus flackerte wieder der Schmerz in seinen Augen auf. „Ich würde nicht mit mir im Reinen sein können, wenn es mir nicht gelänge, Euch zu beschützen.“
Rosemary nickte. Sie gab sich geschlagen. „Nun gut. Doch mir gefällt der Gedanke nicht, dass wir Euch aus Eurer Kammer vertreiben. Malcolm, Winnie und ich können ohne Weiteres auf dem Boden schlafen. Aber habt Ihr vielleicht ein zusätzliches Bett für Onkel Percy?“
William grinste. Anders konnte man es nicht nennen. Das Lächeln entblößte regelmäßige, weiße Zähne und ließ ihn um Jahre jünger aussehen. „Oh, ich glaube, dass wir schon etwas finden werden, worauf er seinen Kopf legen kann.“
„Das ist Euer Zuhause?“ Vor Staunen stand Rosemary der ausdrucksstarke Mund mit den vollen Lippen offen. Den Kopf in den Nacken gelegt betrachtete sie die zwei Stockwerk hohe Balkendecke über der großen, mit Teppichen ausgelegten Halle. Farbenfrohe, von Williams Tante Gabriele gefertigte Wandbehänge belebten die weiß verputzten Wände. Die Einrichtung – Tische, Stühle und eine große Holztruhe – war aufwendig gearbeitet. Eine Botschaft von William hatte die Diener bereits aus ihrem Schlummer geweckt. Jetzt bemühten sie sich eifrig, ein großes Bett aus dem oberen Stock in einen Raum im Erdgeschoss hinter der Halle zu schaffen. William hatte angeordnet, ihn für Percy herzurichten.
„Aye, das ist das Stadthaus meiner Eltern“, erwiderte William. Rosemary sah so klein aus, wie sie jetzt dastand in ihrem abgetragenen Kleid, die Augen matt vor Erschöpfung und großer Furcht. Klein und verletzlich. Er verspürte das seltsame Bedürfnis, sie in die Arme zu nehmen und die Treppe hinaufzutragen. In sein Bett. Aber nicht, damit sie sich ausruhen konnte. Nein, er begehrte sie mit jedem Augenblick mehr.
William sah, wie durch die Fenster das blasse Licht der Dämmerung auf Rosemarys Gesicht fiel, und wünschte sich, sie bei Kerzenlicht zu sehen. Er beobachtete, wie sich ihr Busen unter dem blauen Wollstoff hob und senkte und fand, dass Seide ihre Zartheit noch unterstreichen würde.
Kerzenlicht und grüne Seide. In seinem Lagerhaus bewahrte er einen Ballen smaragdgrüner Seide auf. Und in seinem Haushalt gab es genug Mägde, welche aus dieser Seide ein modisches Gewand nähen konnten.
Schnell unterdrückte er den unwillkommenen Gedanken. Diese Frau hier war nicht für ihn. Keine Frau war das. „Aye, das hier ist nur eine unserer Heimstätten. Ransford Castle ist viermal größer und viel weitläufiger“, fügte er herablassend hinzu. Ella hätte jetzt an seiner Seite stehen sollen.
Rosemary fuhr herum. Ihre Ehrfurcht war einer ruhigen Würde gewichen. „Würdet Ihr mir bitte den Weg zu den Dienstbotenunterkünften zeigen?“
„Natürlich nicht. Ihr und Euer Onkel seid meine Gäste.“
„Ich nehme an, Euer Verwalter hat Malcolm und Winnie dorthin gebracht. Onkel Percy und ich werden uns zu ihnen gesellen, vorausgesetzt, es gibt dort ein Bett.“
Die Vorstellung, dass sie auf einem Strohsack auf dem Boden schlief, entsetzte ihn. „Ihr werdet dort wohnen, wo ich es sage.“
„Also gut.“ Sie verschränkte die Hände. „Aber …“ Die Bedingung, die sie stellen wollte, wurde von Percy unterbrochen, der von Williams Dienern in einer Sänfte hereingetragen wurde.
„Interessanter Ausflug“, verkündete Percy. „Ist Jahre her, dass ich außer Haus und in der Stadt war. Es gibt so viele neue Gebäude. Manche Straßen erkenne ich gar
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