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Hitlers Berlin

Hitlers Berlin

Titel: Hitlers Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Felix Kellerhoff
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bei den Braunhemden den zynischen Kommentar provoziert, hier handele es sich eher um einen Grab- als um einen Ehrenstein. Einmal mehr gab es Warnsignale anwachsenden Unmuts. Am 4. März 1931 notierte Goebbels: »Starke Mißstimmung in der SA gegen München. Taktik und Legalität, das waren die Themen. Sie werden uns wohl noch oft beschäftigen. Die SA überschätzt ihre Kraft. Da muß man rechtzeitig bremsen.« Das gelang aber offensichtlich nicht. Am 25. März schrieb Goebbels: »Die SA-Sache macht mir schwere Sorgen. (…) Stennes ist schwer zu nehmen, aber ich will doch versuchen, ihn wieder in die Reihe zu bringen.« Drei Tage später: »In der SA stinkt es wieder. Stennes gibt keine Ruhe.Aber München macht auch kapitale Fehler. Das Parteihaus bricht uns noch einmal das Genick.« Und am 31. März heißt es: »SA macht mir viele Sorgen. Stennes läßt keine Ruhe. Das ist die schwerste Krise, die die Partei einmal durchmachen muß.« Obwohl also klar war, dass es gärte in der Reichshauptstadt, verließ Goebbels am selben Tag Berlin, um in Dresden zu sprechen und danach Hitler in Weimar zu treffen. Zufällig ebenfalls am 31. März entschied der neue SA-Stabschef Ernst Röhm, den OSAF Ost Walther Stennes seines Amtes zu entheben und ihn in die Zentrale nach München zu versetzen: eine klare Degradierung.
    Es kam, wie es wohl kommen musste: Stennes probte den Aufstand und besetzte erneut die Berliner Geschäftsstelle der NSDAP. Diesmal beteiligte sich der SA-Führer persönlich und übernahm auch Goebbels’ Abendzeitung, den Angr iff. Das Blatt erschien am 1. April mit der Schlagzeile: »Hauptmann Stennes nicht abgesetzt! Eine Erklärung an die Presse.« Die seriösen Berliner Blätter berichteten am 2. April auf den Titelseiten von der »Führerkrise im Hitler-Lager« (Vo ssische Zeitung ), der »Rebellion der SA-Leute gegen Hitler« (Ber liner Tageblatt ) und der »Palastrevolution in Berlin« ( Berliner Morgenpost ). Schon machte sich die Hoffnung breit, angesichts des gleichzeitigen Sturzes des ersten nationalsozialistischen Landesministers, Wilhelm Frick in Thüringen, könnte der Aufstieg der NSDAP gestoppt sein: »Zwei schwere Rückschläge am selben Tag, das ist auch für die Nationalsozialisten zuviel!« (Ber liner Morgenpost) 36
    Doch bekam Hitler den »Kladderadatsch« (Goebbels) überraschend schnell, nämlich binnen Wochenfrist, wieder in den Griff. In einem offenen Brief an seinen Gauleiter verstieß er am 2. April Stennes und alle »Saboteure in der NSDAP«, erneuerte außerdem die »Generalvollmacht« an Goebbels, die Berliner Partei zu säubern – gab ihm also genau die gleiche Aufgabe, die er schon nach der Trennung von Otto Strasser erhalten, allerdings offenbar nicht bewältigt hatte. In einem langen Artikel im Völkischen Beobachter erklärte Hitler den Bruch mit »Herrn Stennes« und entband alle SA-Leute vom Gehorsam gegenüber ihrem nun ehemaligen Vorgesetzten. Nur zwei weitere Aufrufe waren nötig, bis der Parteichef sich durchgesetzt hatte; Göring übernahm kommissarisch das politische Kommando über die Berliner SA, der Oberleutnant a. D. Paul Schulz und Röhms Stellvertreter Edmund Heines die organisatorische Leitung. Der Angriff verkündete schon am 4. April 1931 »Das Ende des Meuterer klüngels« und »Die Pleite des Polizeihauptmannes«. Tatsächlich zeigte sich jetzt, dass Stennes seine Position völlig überschätzt hatte; zu einem Treffen seiner Anhänger im Wilmersdorfer Viktoriagarten kam nicht einmal jeder zehnte der mehr als 2000 Berliner SA-Leute. Der ehemals mächtige SA-Führer verschwand binnen weniger Tage in der Bedeutungslosigkeit. Nach der Machtübernahme der NSDAP 1933 wurde er zwar verhaftet, aber nach kurzer Zeit wieder freigelassen. Stennes konnte nach China emigrieren, wo er Militärberater des nationalchinesischen Staatschefs Tschiang-kai-Schek wurde. Man mutmaßte, die Gestapo habe ihn aufgrund einer Intervention von Hermann Göring entlassen. Laut einer Version ging es dabei um Informationen über Goebbels’ Verhalten in den ersten April-Tagen 1931, um den inzwischen zum Propagandaminister aufgestiegenen Gauleiter zu erpressen; laut einer anderen darum, ähnliche Informationen zugunsten von Goebbels unter Verschluss zu halten. Stennes’ eigene Angaben sind widersprüchlich und unglaubhaft. Der einstige Gegenspieler von Hitler und Goebbels kehrte 1949 nach Deutschland zurück und starb 1989 im Alter von 94 Jahren. 37 In keiner anderen Region Deutschlands

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