Hitzetod
Ecke, als eine dritte Kugel Beton aus dem Fußboden herausmeißelte. Delaney lehnte Bonner an die mit Farbe bespritzte Wand. Bonners Gesicht war blass wie Porzellan, und durch die Finger der Hand, die er an das Loch in seinem Kopf hielt, rann Blut wie warme Suppe.
Delaney beugte sich ganz nah zu ihm. »Jackie Malone. Wer hat sie umgebracht, Eddie?«
Bonner schluckte trocken. »Kevin Norrell.« Er blickte auf seine Finger, auf die zähe Flüssigkeit, die sie befleckte, und dann, qualvolle Verwirrung in den Augen, wieder zu Delaney empor. »Ist das wahr …«
Dann sank er nach vorne, den Mund weit geöffnet, die Augen aufgerissen, ohne dass sie jedoch noch irgendetwas in dieser Welt sahen. Kate kniete neben ihm, stützte ihm den Kopf und suchte nach seinem Puls.
Als aus dem oberen Stockwerk ein Ziegelstein herunterstürzte und krachend zu Boden fiel, schnellte Delaneys Kopf herum. Oben schlug eine Tür zu. Delaney stand auf, die Augen eiskalt vor Zorn. Kate packte ihn am Arm, doch er schüttelte sie ab.
»Warte hier.«
Über die freie Fläche rannte Delaney zu einer schmiedeeisernen Treppe auf der anderen Seite. Die Pistole im Anschlag, hastete er die Treppe hinauf in einen großen, leeren Raum. Durch die verschmierten Fenster an einer Wand fielen ein paar schräge Sonnenstrahlen herein. Der Fußboden war morsch, vom Regen zerstörte Dielenbretter waren zum Teil herausgerissen, und an manchen Stellen konnte man durch Löcher im Boden gut ins Stockwerk darunter sehen. Links führte eine Tür, die nur noch halb in ihren Scharnieren hing, in einen verdunkelten Gang. Gegenüber befand sich eine weitere verschlossene Tür. Delaney überlegte kurz, dann rannte er, auf dem feuchten Holzfußboden rutschend, zu dieser Tür und stieß sie auf. Der nächste Raum war ebenfalls leer, eine Tür, die zu einer Außentreppe führte, stand offen. Delaney konnte den Motorenlärm eines Autos hören, das mit großer Geschwindigkeit davonfuhr, doch als er die offene Tür erreichte, war es nicht mehr zu sehen.
Delaney ging wieder hinunter zu Kate, die neben Bonners reglosem Körper wartete.
Schockiert sah sie zu, wie er sich die Pistole in die Tasche steckte. »Hast du einen Waffenschein dafür?«
Delaney ignorierte ihre Frage. »Was hat er damit gemeint, dass du ein Kanarienvogel bist?«
Kate zuckte die Schultern. »Ich habe tatsächlich mit Bob Wilkinson gesprochen, Jack. Aber ich kann nicht glauben, dass der dir eine Falle stellen würde.«
Delaney senkte den Blick auf Bonner. »Ich auch nicht. Und Eddie Bonner konnte so mühelos lügen, wie er atmete.«
Teilnahmslos sah er zu, wie Kate erneut Bonners Puls suchte. »Er wird keins von beidem mehr tun.«
»Keine Chance?«
Kate schüttelte den Kopf. »Glaubst du, er hat dich in eine Falle gelockt? War der Schuss für dich bestimmt?«
»Der erste nicht. Nein, ich glaube, dass er die Wahrheit gesagt hat, das war wirklich eine Nummer zu groß für ihn. Sie sind ihm gefolgt, hatten vor, uns beide auszuschalten.«
»Wer ist Kevin Norrell?«
»Abschaum aus Londons Westen, ein bezahlter Schläger.«
»Und der steckt hinter all dem?«
Delaney schüttelte den Kopf. »Dazu fehlt ihm der Grips. Der ist nur ein Tier, das man mieten kann.«
Kate stand auf und klopfte ihre Hose ab. In der Ferne konnte man den schwachen Heulton einer Polizeisirene hören.
»Hier können wir nicht bleiben.«
»Komm.« Delaney nahm sie bei der Hand und führte sie rasch zum Ausgang.
»Wohin fahren wir?«
»Richtung Westen.«
31
Emerald Cabs war ein schäbiger Laden mit Sitz in Northwood Hills, einem heruntergekommenen Kaff westlich von London, draußen an der Metropolitan Line. Ein armseliger, nichtssagender Ort zwischen Pinner und Northwood. Früher hatte er als eine Art Wellenbrecher gegen alles gedient, was aus London herausschwappte, doch die fortschreitende Ausdehnung der Wohnsiedlungen hatte Ziegel, Stahl und Luftverschmutzung vor sich hergeschoben und schließlich Northwood Hills durchbrochen, um das Strandgut des modernen London nach Northwood und in den Grüngürtel jenseits davon zu spülen.
Das Büro von Emerald Cabs war zweckmäßig, aber schmuddelig. Ebenso Fassade wie legales Geschäft. Es gab tatsächlich eine kleine Autoflotte, nichts Luxuriöses, und eine Handvoll missmutiger Fahrer. Doch Norrell war nicht auf den Umsatz des Mietwagenunternehmens angewiesen, um seine Versorgung mit Schweinefleisch und Bier sicherzustellen, er verdiente seinen Lebensunterhalt hauptsächlich,
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