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Hitzetod

Hitzetod

Titel: Hitzetod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Pearson
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langsam fortbewegende Elefanten, die auf einem Pfad aus Pech und Teer zu einem geheimen Friedhof unterwegs waren. Die Temperatur war inzwischen auf über achtunddreißig Grad gestiegen und brach damit alle Rekorde für diese Jahreszeit. Der Straßenbelag schmolz und blieb an den Reifen der Fahrzeuge kleben, während sie sich Stoßstange an Stoßstange von der Shaftesbury Avenue hinunter zum Covent Garden schoben.
    Delaney lotste Kate bis vor eine Haustür neben einem weiteren kleinen Mietwagenbüro. Dort hingen zwei billige bunte Schilder, auf denen eine Vielzahl exotischer Dienstleistungen angeboten wurde. Was hat es eigentlich mit dieser Kombination von Autoverleih und Prostituierten auf sich?, fragte sich Delaney. Ein fetter Tourist blieb stehen, um Kate beim Lesen der Schilder zu beobachten; eine Schweißperle lief ihm über die Stirn, während er sie anstarrte wie ein Verhungernder einen Rinderbraten.
    »Was ist mit Griechisch gemeint?«, fragte sie Delaney.
    Der blickte finster zu dem dicken Mann hinüber, dessen Gesicht immer roter wurde, je länger er Kate mit offenem Mund angaffte; dann packte Delaney Kate am Arm und bugsierte sie durch die Tür. »Sagen wir mal so: Ein Mittagsmenü ist es nicht.«
    Die Diele war eng und stickig; die darin gefangene Hitze strahlte wie in einem Ofen von den Wänden ab. Auf dem Boden gab es keine Teppiche, aber das zweifarbige Holz verriet, wo einmal welche gelegen hatten, und die Tapete sah aus, als wäre sie seit Mitte der Siebzigerjahre nicht erneuert worden. In einer Ecke lag die weggeworfene Hälfte eines Big Mac, und es roch nach billigem Parfüm und noch billigerem Raumspray.
    Kate wählte sorgfältig ihren Weg, als sie Delaney die schmale Treppe hinauf zum zweiten Stock folgte. Delaney drückte auf den Knopf neben einer knallgelben Karte mit dem Namenszug Aisleyne und der Erläuterung »blond und vollbusig« darunter.
    Hinter der Tür hörte man gedämpfte Schritte, dann eine Stimme.
    »Ich bin beschäftigt. Kommen Sie in zwanzig Minuten wieder.«
    Die Schritte entfernten sich, doch als Delaney Sturm klingelte, kamen sie zurück, ebenso wie die jetzt missmutiger klingende Stimme.
    »Ich hab doch gesagt, dass ich beschäftigt bin.«
    Die Tür ging auf, und dahinter stand eine Frau Anfang dreißig, chirurgisch aufgemöbelt, um den einen Teil ihres Werbeslogans zu belegen, dessen anderer Teil sich in einer strohfarbenen Perücke auf ihrem Kopf niederschlug.
    »Hallo Karen.«
    Karen seufzte, als sie Delaney erkannte. »Scheiße.«
    Sie versuchte, die Tür zu schließen, doch Delaney setzte den Fuß in den Spalt, stemmte die Tür mit der Schulter auf und schob die Frau rückwärts in die Wohnung. Kate folgte ihnen und zog die Tür hinter sich zu.
    Delaney bedachte Karen mit einem finsteren Blick. »Wir können das hier auf die einfache Art regeln, aber mit mir reden wirst du so oder so.«
    Karen seufzte. »Also gut, Delaney, Sie haben gewonnen. Aber nicht hier; kommen Sie mit in die Küche.«
    Vorbei an einer Schlafzimmertür zu ihrer Rechten gingen sie durch den Flur in eine winzige Wohnküche mit einem kleinen Fernseher, in dem gerade eine Reality-Show lief. Der Raum, aus dem eine andere Tür hinauszuführen schien, war spärlich mit einer verblassten, an manchen Stellen abgerissenen Tapete versehen und mit ein paar kleinen Elektrogeräten ausgestattet: eine Kochplatte für einen Wasserkessel, ein Kühlschrank für ein paar Bierflaschen. Nicht gerade der Traum eines Chefkochs, aber völlig ausreichend für eine Vierzig-Pfund-der-Oralverkehr-Nutte, dachte Delaney.
    Am Tisch saß ein langhaariger Mann Mitte vierzig mit einem Zweitagebart und einem Motörhead-T-Shirt, der sich gerade einen Joint rollte. Sein Gesicht besaß das blasse, kränkliche Aussehen einer Raupe, die unter Steinen lebt; es war zerknittert und von Mitessern übersät. Wutschnaubend blickte er auf, als Delaney den Fernseher abschaltete.
    »Was zum Teufel machst du da? Ich guck mir das an.«
    Delaney musterte ihn finster. »Eine Pause.«
    »Was machst du?«
    Karen deutete mit dem Kopf auf die Tür. »Tu, was er sagt, Daniel.«
    »Ich lasse mir doch nicht von einem hergelaufenen irischen Dreckskerl sagen, was ich zu tun habe.«
    »Ich sag’s dir. Mach schon, gib uns zehn Minuten.«
    Der Mann stand auf und funkelte Delaney streitlustig an. »Du hast zehn Minuten.« Delaney erwiderte seinen Blick, bis Daniel sich abwandte und auf die Tür zusteuerte. »Wenn er dir irgendwie dumm kommt, sag mir Bescheid.

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