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Hitzetod

Hitzetod

Titel: Hitzetod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Pearson
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beschlagener Eiche, und früher mochte es keine elektronischen Schließvorrichtungen und Kameras gegeben haben, die sämtliche Bewegungen aus jedem Blickwinkel verfolgten, aber das Prinzip war immer noch dasselbe. Befand man sich erst einmal im Gefängnis, kam man nur hinaus, wenn die drinnen es wollten. Ob es eine Stunde oder sechzehn Jahre später war, wenn die Türen hinter einem ins Schloss gefallen waren, hatte man keine Kontrolle mehr darüber.
    Delaney und Sally warteten im Empfangsbereich, bis ein uniformierter Wärter kam, um sie zum Büro des Gefängnisdirektors zu bringen. Der hatte sie mehr als fünfzehn Minuten warten lassen, doch Delaney beschloss, sich nicht darüber zu ärgern. Er wusste, dass die Aufgabe des Gefängnisdirektors darin bestand, die Kontrolle zu behalten. Autorität auszuüben und die Kontrolle zu behalten. Sie mochten zwar in verwandten Berufen arbeiten, aber nachdem das äußere Tor sich erst einmal hinter ihnen geschlossen hatte, befanden sie sich in der Welt des Gefängnisdirektors, und falls der ihnen irgendetwas klarmachen wollte, beunruhigte das Delaney nicht. Ganz nebenbei war es hier viel, viel kühler als in der sengenden Hitze draußen.
    Dank der Klimaanlage galt das erst recht für das Büro des Gefängnisdirektors, in dem der Wandel des Zeitgeistes über mehr als ein Jahrhundert hinweg besonders deutlich wurde. Die Glasscheiben mochten verstärkt worden sein, um massiven Angriffen standzuhalten, aber das Licht, das sie hereinließen, war warm und angenehm. Eigentlich war der ganze Raum angenehm: helle Farben auf Drucken und Originalgemälden, ein gemütlicher Läufer auf dem Boden, moderne Literatur auf den Regalen, die eine ganze Wand des Büros ausmachten.
    Delaney saß auf dem bequem gepolsterten Stuhl, den der Gefängnisdirektor ihm angeboten hatte, und ließ den Blick über das Mobiliar gleiten. Alan Bannister war ein dünner, einsneunzig großer Mann mit grauem, zurückweichendem Haar und randloser Brille. Delaney schätzte ihn auf Mitte fünfzig und malte sich aus, wie er kämpfen musste, um von einem kräftigen Wind nicht umgepustet zu werden.
    »Soll ich Ihnen wirklich keinen Kaffee kommen lassen? Es wäre überhaupt kein Umstand.«
    Seine Stimme klang sanft, gebildet. Delaney konnte sich nicht vorstellen, dass er problemlos damit zurechtkam, wenn eine Insassin gewalttätig wurde, aber dafür war ja vermutlich das Personal da. Und manche der Wachbeamtinnen, die er auf dem Weg hier herauf gesehen hatte, hätten den meisten der Insassen in Parkhurst eine Heidenangst eingejagt.
    »Wir wollen Sie nicht lange aufhalten, Mr. Bannister.«
    »Was kann ich denn für Sie tun, Inspector?«
    »Alles, was Sie uns über Candy Morgan sagen können, wäre hilfreich. In was für einem Gemütszustand war sie?«
    »Gemütszustand?« Er zuckte die Achseln. »Sie war froh darüber, dass sie gehen durfte. Soviel ist sicher.«
    »Nach acht Jahren, ja, das kann ich nachvollziehen.«
    »Das ist nicht immer der Fall. Viele unserer Insassinnen wollen gar nicht entlassen werden, auch wenn sie sich das selbst niemals eingestehen würden.«
    »Institutionalisiert?«
    »Zum Teil.«
    Sally nickte. »Und zum Teil die Freundschaften, die Beziehungen, die sie aufgebaut haben? Für manche von ihnen ist das hier wie eine Familie.«
    Alan Bannister zuckte die Schultern. »Manchmal ist es das. Oder einfach, weil das, was sie draußen erwartet, noch viel schlimmer ist, als das Leben hier drin.«
    »Klingt, als hielten sie es für eine gute Sache, dass sie hier eingesperrt sind!«
    Bannister schüttelte den Kopf, in seiner Stimme klang Leidenschaft an. »Das tue ich nicht. Die Tatsache, dass sie hier sind, ist ein Hinweis darauf, dass die Gesellschaft sie im Stich gelassen hat, und indem wir sie wieder in diese Gesellschaft entlassen, schicken wir sie in den meisten Fällen in einen Teufelskreis aus Missbrauch und Verwahrlosung.«
    Delaney machte eine wegwerfende Handbewegung. »Na klar, die Frauen hier sind allesamt Pfadfinderinnen, die die Gesellschaft fallengelassen hat. Womit wir wieder bei der größten Keksbäckerin von allen wären. Candy Morgan.«
    »Das haben Sie schon am Telefon gesagt.«
    »Gehörte sie zu denen, die mit einiger Wahrscheinlichkeit wieder straffällig werden? Den Institutionalisierten? Sie war ja lange hier.«
    »Wie bereits erwähnt, haben die Frauen hier alle Probleme«, sagte der Gefängnisdirektor. »Candy Morgan war allerdings eine besonders geschundene Seele.«
    »Das

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