Hitzetod
hielt das Messer gerade und unerschütterlich vor sich.
Nachdem Delaney einen Moment stehen geblieben war, trat er ruhig vor und legte die Hand um die Klinge des Messers. Candy funkelte ihn an; die Wut, die sie dabei ausstrahlte, hatte etwas von der flirrenden Hitze über einer aufgeheizten Teerstraße. Ihre Hand schloss sich noch fester um den Griff, und Delaney, dessen Adamsapfel nur wenige Zentimeter von der Spitze des Messers trennten, schluckte. Dann, im Bruchteil einer Sekunde, erstarb das Feuer in ihren Augen, so wie ein Sommergewitter urplötzlich vorüber ist, und als ihre Augen sich mit Tränen füllten, konnte Delaney das kleine Kind sehen, das Candy vor diesem Leben voller Verletzungen einmal gewesen war. Sie sah zu Boden und dann wieder zu Delaney auf, während sie den Griff um das Messer löste, sodass er es ihr aus der Hand nehmen konnte.
»Ich wollte nur auf sie aufpassen«, sagte sie leise.
Delaney bemühte sich um einen ruhigen Tonfall. »Ich weiß.« Er warf das Messer quer durch die Dachkammer und nickte Candy zu. »Schicken Sie sie einfach zu mir rüber.«
Candy wischte sich mit einer staubigen Hand über die Augen, bevor sie das Mädchen losließ, das wie angewurzelt dastand. »Ich hab dich lieb, Jenny.«
Delaney reichte dem wie gelähmt wirkenden Mädchen die Hand, bemüht, sie nicht zittern zu lassen. »Komm, Jenny. Nimm meine Hand.«
Jenny machte einen Schritt nach vorne, worauf der marode Gipskarton unter ihr nachgab. Sie schrie auf, als sie auf das im Boden klaffende Loch zustürzte, doch Delaney, der sich gegen die Dachsparren stemmte, streckte den Arm aus und fing sie ab. Immer noch schreiend baumelte sie ein oder zwei Sekunden lang in der Luft, während Delaneys Unterarmmuskeln sich anspannten, aber er hielt sie fest und beförderte sie mit Schwung auf den sicheren Teil des Dachkammerbodens zurück.
Eddie Bonner stieg über die Leiter ins Dachgeschoss hinauf und nahm das Kind wohlbehalten in die Arme.
»Es ist gut, Jenny. Nun wird dir niemand mehr wehtun.«
»Bringen Sie sie nach unten, Eddie.«
Bonner führte das verängstigte Mädchen zu der Leiter, während Delaney sich wieder Candy zuwandte, die sich in den Sparrenzwischenraum drückte, unter ihren Füßen das Knacken des maroden Balkens.
Immer noch gegen die Dachsparren gestemmt, streckte Delaney erneut die Hand aus. »Es ist vorbei, Candy. Nehmen Sie meine Hand.«
Candy schaute ihn einen Moment lang an, und Delaney konnte die Resignation in ihren Augen erkennen, Augen, die viel, viel älter waren, als sie an Jahren zählten. Angesichts dessen, was sie in ihrem Leben schon alles durchgemacht hatte, war er nicht im mindesten schockiert über die Verlassenheit, die er darin sah. »Ich bin nicht hier, um Sie zu verurteilen, Candy.«
»Sie sind doch Polizist, oder?«
Wieder machte Delaney eine Handbewegung. »Kein besonders guter.«
Vorsichtig stand sie auf und bewegte sich langsam um das im Boden klaffende Loch herum, dann schrie sie plötzlich auf, als der Boden unter ihr wegsackte und sie nach vorne kippen ließ. Nachdem sie einen verzweifelten Satz gemacht hatte, um Delaneys ausgestreckte Hand zu packen, tasteten die beiden sich eng aneinandergeklammert Schritt für Schritt auf die Luke in der Ecke der Dachkammer zu.
Delaney stabilisierte die Leiter, während Candy hinabstieg. Unten wartete mit baumelnden Handschellen Sally Cartwright, ein kaum verhohlenes triumphierendes Lächeln auf den jungen Lippen.
Candy blickte sich um, erstaunt über die große Zahl von Polizisten im Raum. Von Jenny oder Bonner war dagegen nichts zu sehen.
»Jenny!« Sie versuchte, sich an Sally vorbeizudrücken, doch die DC hielt sie an den Armen fest, und ein Uniformierter verstellte ihr den Weg.
»Sie gehen nirgendwohin.« Sallys Stimme war voller Abscheu.
Delaney stieg von der Leiter. »Wo ist das Mädchen?«
»Bonner hat sie zu ihrem Vater runtergebracht.«
Wütend versuchte Candy sich loszureißen. »Sie haben sie ihm mitgegeben? Um Himmels willen, was haben Sie getan?«
Delaney trat direkt vor sie. »Wovon sprechen Sie?«
»Was meinen Sie denn, warum ich sie überhaupt von ihm weggeholt habe?«
»Das können Sie uns alles unten auf dem Revier erzählen. Candy Morgan, hiermit verhafte ich Sie …«
Candy schrie ihm ins Gesicht: »Ich habe Sie von ihm weggeholt, weil sie bei ihm nicht sicher ist. Er ist krank! Verstehen Sie das nicht? Verstehen Sie denn überhaupt nichts? Er wird ihr wehtun.«
Delaney bemerkte das nackte Leid
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