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Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)

Titel: Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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unsichtbar. Und wenn man nicht damit rechnet, schnappt er zu.«
    »Cool.«
    »Ja, nicht wahr? Und schau mal da … Siehst du den da drüben? «
    »Welchen?«
    »Da ist noch einer.«
    »Sie meinen, noch so ein Steinfisch?«
    »Ja, sieh genau hin! Vor der gesprenkelten Pflanze da hinten. Der ist sogar mit Algenbüschen bewachsen, damit man ihn für einen Stein hält, siehst du?«
    »Wow.«
    »Seine Rückenflossenstacheln enthalten ein hochmolekulares Proteingift, das auch Menschen töten kann. Es gehört zu den gefährlichsten tierischen Giften überhaupt.«
    Letzteres glaubte der Kleine ihm noch nicht restlos. Er war ein Kind, das längst durchschaut hatte, wie oft und wie selbstverständlich die Erwachsenen logen.
    Damian beugte sich noch ein bisschen tiefer zu dem Jungen hinunter, bis ihrer beider Gesichter ihm für einen kurzen, magischen Moment auf gleicher Höhe aus dem Glas entgegenblickten.
    »Auch wenn man dir später unter Garantie was anderes erzählt«, flüsterte er dicht am Ohr des Kindes, »denk immer daran: In der Natur sind die Unauffälligsten die besonders Gefährlichen. «
    Obwohl der Junge ihm gebannt zuhörte, entging Damian nicht, dass die Augen des Kindes kurz abschweiften, hinüber zu ein paar anderen Jungs. Drei, um genau zu sein. Zwei von ihnen dunkel, einer blond. Damian taxierte die Gruppe und kam zu dem Schluss, dass der Blonde seinen kleinen Gesprächspartner mit schöner Regelmäßigkeit drangsalierte. Und im Gegensatz zu dem plumpen Großkotz von eben war er geschickt genug, andere die Drecksarbeit für ihn machen
zu lassen. Er selbst beschränkte sich darauf, die Strippen zu ziehen und Befehle zu geben. Ein Manipulator.
    Als dem Kleinen an Damians Seite bewusst wurde, dass er sich verraten hatte, füllten sich seine zarten Wangen mit Blut. »Und vom Gift dieser Steinfische kann man wirklich sterben? «, fragte er, um von sich und seiner Verlegenheit abzulenken. Aber auch, weil ihn das Thema wirklich interessierte.
    »Oh ja«, versicherte Damian und schenkte dem Jungen sein seltenes Lächeln. »Glaub mir. Wenn du etwas davon abbekommst und du wirst nicht sofort behandelt, bist du innerhalb von acht Stunden tot.«
    Er nickte dem Kleinen zu und kehrte zu seinen Mehlwürmern zurück.
    Durch den Glaseinsatz der Tür sah er, wie die Kinder die Treppe hinaufgingen. Er griff sich ein Medikamententablett und folgte ihnen. Durch die Oberlichter knallte die Mittagssonne auf den bunten Steinboden. Das sumpfige Moderwasser der Schildkröten und Alligatoren kochte fast. Die wenigen Tiere, die sich im Wasser aufhielten, schwammen träge, wie tot. In der hitzepochenden Luft hing der zähe Geruch von verwesenden Pflanzen.
    Damians Blick suchte die Schulklasse, die sich mehr und mehr zerstreute. Die junge Lehrerin war inzwischen sichtlich gestresst. Sie hatte noch einen Kollegen dabei, den Damian bislang nicht bemerkt hatte, ein müder Mittfünfziger, mit einem Bein bereits im Ruhestand, mit dem anderen in der Klapse. Er gierte nach einer Zigarette, aber ihm war auch klar, dass er keine Möglichkeit hatte, sich unbemerkt irgendwohin zu verziehen, wo er rauchen konnte. Entsprechend gut war seine Laune. Wenn er sich unbeobachtet glaubte, kam es vor, dass die Maske müder Gleichgültigkeit für einen kurzen Augenblick verrutschte. Dann zeigten seine Züge, was er wirklich fühlte. Wenn er mehr Temperament hätte oder mehr Phantasie, würde er eines Tages hingehen und ein Kind totschlagen.
So beschränkte er sich darauf, sich jeden Sonntagvormittag quer über die Hundeplätze der Umgebung zu brüllen und auf seinen Hund einzudreschen. Einen Mallinoisrüde vermutlich, sehr hoch im Trieb stehend, Verlängerung der eigenen Männlichkeit. Oder ein Dobermann.
    Damian schenkte dem Mann einen verächtlichen Blick und wandte sich ab, um die Medikamente zu verteilen. Als er wieder auf der Treppe war, stand eine Frau vor Nummer vier. Er sah sie nur von hinten, aber er erkannte sofort, dass sie Charisma hatte. Gerade beugte sie sich zu dem Jungen hinunter, der neben ihr herumhampelte, als müsse er furchtbar dringend aufs Klo, und erklärte ihm irgendetwas, das er nicht verstehen konnte. Der Junge nickte, während Damian mitten auf der Treppe verharrte.
    Das muss er. 
    Schließlich ist er ein Lauerjäger  …
    Noch immer konnte er nichts von ihrem Gesicht sehen, nur ein Stück vom Hals. Und als ob sie seinen Blick spüre, fasste die Frau sich in diesem Moment in den

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