Hitzschlag: Ein Fall für Heller und Verhoeven (German Edition)
zusammen?«
Die Tierärztin schien noch immer belustigt. Aber vielleicht hatte sie auch einfach nur gelernt, ihre Emotionen im Zaum zu halten. »Ja«, antwortete sie schlicht und ohne sich zu ihrer Partnerin umzusehen. »War ich. Ist das wichtig?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Winnie Heller im Brustton der Überzeugung, bevor sie sich zu ihrer eigenen Überraschung sagen hörte: »Tut mir leid.«
Merle Olsen hob die Hände. »Sie tun nur Ihren Job.«
Kira Schönenberg stieß sich mit einem Ruck von der Brüstung ab. Anders als ihre Partnerin wirkte sie verärgert. »Werden Sie ihn erwischen?«, fragte sie in beinahe herausforderndem Ton.
Winnie Heller drehte den Kopf. »Ja«, antwortete sie. »Ich denke schon.«
Die Internistin nickte. »Und wann wird das sein?«
»Ich hoffe bald.«
»Hoffentlich«, sagte sie, und in dem einen Wort lag eine Welt an Emotionen. »Wenn Sie mich jetzt entschuldigen wollen, ich bin gerade erst aus dem Nachtdienst gekommen.«
Sie wartete nicht auf eine Reaktion ihrer Besucherin, sondern drehte sich einfach auf dem Absatz um und verschwand im Wohnzimmer.
»Warum macht dieser Scheißkerl nicht endlich einen Fehler? «, stöhnte Merle Olsen, ohne auf den Abgang ihrer Freundin einzugehen.
»Vielleicht hat er das schon«, entgegnete Winnie.
»Sie meinen, weil er jetzt jemanden erschossen hat?«
»Vielleicht.«
Merle Olsen kaute konzentriert auf ihrer Unterlippe, während sie nachdachte. »Warum, denken Sie, hat er sich inzwischen bewaffnet?«
Gute Frage, dachte Winnie Heller.
»Als er mich …« Sie stockte. Aber nur kurz. »Ich meine, ich hatte nicht das Gefühl, dass er eine Waffe dabeihatte, verstehen Sie?«
Winnie Heller antwortete mit einer Gegenfrage: »Sie haben ihn aber nur sehr kurz gesehen, oder?«
Die Tierärztin nickte wieder ihr heftiges Nicken. »Ich verstehe, dass Sie sich nicht einfach so auf einen Eindruck verlassen können«, sagte sie. »Es ist auch nur … Nur ein Gefühl, wissen Sie? Trotzdem bin ich bin felsenfest davon überzeugt, dass er keine andere Waffe dabeihatte. Außer dem Messer,
meine ich, mit dem er seine Opfer verletzt.« Ihre Lippen verzogen sich in einem Anflug von Ekel, aber auch dieses Mal fing sie sich schnell. »Na ja, vielleicht irre ich mich auch.«
»Sie haben den Kollegen damals eine Beschreibung des Täters gegeben …« Winnie Heller kramte in ihren Unterlagen. »Etwa eins achtzig groß. Schlank. Dunkel gekleidet.«
Merle Olsen lachte bitter. »Das ist weniger als nichts, nicht wahr?«
»So würde ich das nicht sagen«, antwortete Winnie ausweichend.
»Aber mit mehr kann ich leider nicht dienen. Ich habe mir das Hirn zermartert, aber es ist alles so rasend schnell gegangen, verstehen Sie? Ich …« Ihr Blick schweifte ab. »Ich habe ferngesehen. Keine Ahnung, was.«
Winnie Heller dachte an Irina Portner und musste unwillkürlich lächeln. CSI, die alten Folgen mit Grissom. Die sehe ich eigentlich ganz gern. Zwei Frauen, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, dachte sie. Die eine gefangen in einem riesigen Haus, mit viel zu viel Tagesfreizeit und entschieden zu vielen Gelegenheiten zum Nachdenken. Die andere rundum ausgelastet, begeistert von ihrem Job und mit so vielen Pflichten bestückt, dass sie abends nicht einmal mehr registrierte, womit das Fernsehen sie berieselte …
»Irgendwann habe ich auf einmal etwas gehört«, fuhr Merle Olsen fort. Es kam aus dem Nebenraum.« Sie starrte unscharf auf den Tisch vor sich. »Ich habe irgendwas Idiotisches gedacht. Dass sich vielleicht ein Vogel ins Zimmer verirrt hat oder so. Das kommt hier ab und zu vor, wenn die Fenster aufstehen. Aber es war kein Vogel.«
»Haben Sie ihn als reale Person wahrgenommen oder nur als Schatten?«
»Schon als Person.« Ihre Augen kehrten zu Winnie Heller zurück. »Für ein paar Sekundenbruchteile standen wir einander direkt gegenüber.«
»Konnten Sie seine Augen sehen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich muss sie eigentlich gesehen haben. Aber ich kann mich beim besten Willen nicht erinnern. Was glauben Sie, wie oft ich mich schon selbst verflucht habe, dass ich nicht besser hingeschaut habe, aber ich war … Ich war so entsetzlich überrascht, wissen Sie?«
Oh ja, das verstehe ich besser, als du denkst, dachte Winnie. »Hat er eigentlich irgendwas zu Ihnen gesagt?«
Merle Olsen lachte höhnisch auf. »Er nicht. Aber ich blöde Kuh sehe einen fremden Mann in meiner Wohnung stehen und frage ihn als Erstes, was er
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