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HMJ06 - Das Ritual

HMJ06 - Das Ritual

Titel: HMJ06 - Das Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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können, ist wohl kaum das Gleiche wie jemanden zu erschießen. Aber du machst hier genau das Gleiche. Es ist dieser Prediger in dieser neuen Kirche, stimmt’s? Wie heißt er?«
    »Reverend Sparks.«
    »Genau der ist es, richtig? Er ist es, der dir diesen Floh ins Ohr gesetzt hat.«
    »Er hat mir keinen Floh ins Ohr gesetzt! Er hat mir erklärt, dass dies kein Gespenst ist, es ist ein Dämon, der hinter unseren Seelen her ist!«
    Ein Dämon? Gut, dass Lyle nichts von seinen seltsamen morgendlichen Erlebnissen erzählt hatte. Charlie würde wahrscheinlich glauben, er sei besessen, und ihn zu irgendeinem Exorzisten schleifen.
    »War er hier, Charlie? Hat er das Gleiche gesehen und gehört und erlebt wie wir? Nein. Hat er sich all die Indizien angesehen, die darauf hinweisen, dass dieses Wesen der Geist eines Mädchens ist, das irgendwann in den achtziger Jahren ermordet wurde? Nein. Er hat seinen Hintern nicht aus seiner Kirche unten in Brooklyn wegbewegt, aber irgendwie hat er bei dem, was in unserem Haus geschieht, den Durchblick, und weiß, dass es nicht Tara Portman ist, sondern Beelzebub. Und du springst gleich darauf an und stößt ins gleiche Horn.« Lyle schüttelte entsetzt den Kopf. »Du bist ein cleverer Bursche, Bruder, aber immer, wenn einer dieser Predigertypen auch nur den Mund aufmacht, schaltest du dein Gehirn auf Sparflamme.«
    »Ich brauche mir das nicht anzuhören.« Charlie wandte sich ab und fuhr fort, seinen Kleiderschrank auszuräumen.
    Lyle seufzte. »Nein, das brauchst du nicht. Aber was ist mit dieser Anstecknadel an deinem Hemd? wwjd. What would Jesus Do?, richtig? Warum stellst du dir nicht selbst diese Frage? Würde Jesus seinen eigenen Bruder im Stich lassen?«
    »Jesus hatte keinen Bruder.«
    Lyle hätte beinahe widersprochen und erklärt, dass einige Experten glaubten, dass der Apostel Jakob Jesus’ Bruder war. Aber er wollte jetzt nicht von diesem Thema anfangen.
    »Du weißt, was ich meine. Würde er das tun?«
    »Wer bist du eigentlich, dass du dir das Recht herausnimmst, über Jesus zu reden?«
    »Na komm schon, Charlie. Antworte. Du weißt, dass er es nicht tun würde. Also wie wäre es, wenn du wenigstens noch zwei Tage bei mir bliebst?«
    »Warum?« Charlie blickte nicht auf. »Warum soll ich auch nur eine einzige weitere Minute riskieren?«
    »Weil ich dein Bruder bin. Weil wir von einem Blut sind und weil wir die Einzigen sind, die von der Familie noch existieren. Wie lange sind wir jetzt schon ein Team?«
    Charlie zuckte die Achseln. »Keine Ahnung.«
    »Du weißt es. Sag’s schon.«
    »Okay.« Er sah widerwillig hoch. »Fünfzehn Jahre.«
    »Richtig. Und wie lange leben wir schon in dem Haus?«
    »Etwa ein Jahr. Warum?«
    »Nach allem, was wir hinter uns gebracht haben, warum kannst du mir nicht noch zwei weitere Tage schenken?«
    »Wofür? Was soll das helfen? Wir stecken in einer Sackgasse, Lyle!«
    »Vielleicht nicht. Denk doch mal selbst nach, anstatt diesen Reverend Sparks für dich denken zu lassen. Hilf mir, den Keller aufzugraben.«
    »Nein. Hm-hm. Es ist die Wiege der Dämonen.«
    »Sagt wer? Jemand, der noch nie dort war?«
    »Reverend Sparks kennt sich in diesen Dingen aus.«
    »Aber er ist nicht unfehlbar. Nur Gott ist unfehlbar, richtig? Also könnte Sparky sich irren. Nimm nur mal für einen kleinen Moment diese Möglichkeit an. Was wäre denn, wenn er sich irrt und das, was wir hier gesehen haben, kein Dämon ist, sondern tatsächlich der Geist eines ermordeten Kindes? Was wäre, wenn wir ihre Überreste finden und sie ihren Eltern für eine anständige Beerdigung übergeben? Wäre das nicht eine Gott wohlgefällige Tat?«
    Charlie schnaubte und senkte den Blick. »Wie toll. Ausgerechnet du denkst daran, Gott wohlgefällig zu sein.«
    »Denk doch mal weiter. Was wäre, wenn diese Überreste die Polizei zu ihrem Mörder führten und ihn vor Gericht brächten? Wäre das nicht eine gute Sache? Wäre das nicht auch eine Gott wohlgefällige Tat?«
    Lyle wollte Charlie fragen, weshalb, zum Teufel, Gott es überhaupt zuließ, dass ein unschuldiges Kind ermordet wird, doch er spürte, dass sein Bruder schwankte. Und er wollte in diesem entscheidenden Augenblick nichts verderben.
    »Zwei Tage, Charlie. Ich wette, wenn Jesus einen missratenen Bruder gehabt hätte, dann hätte er ihm ebenfalls zwei Tage Zeit eingeräumt, wenn er ihn darum gebeten hätte.«
    Charlie schüttelte den Kopf, während sein Mund sich zu einem widerstrebenden Lächeln verzog. »Himmel, ich

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