HMJ06 - Das Ritual
durch ihr Haus getigert. Normalerweise hätte sie sich eingehend mit Jack beraten, aber dies war keine normale Situation. Außerdem hatte sie keine Ahnung, wie Jack auf diese Angelegenheit reagieren würde. Daher hatte sie aus nackter Verzweiflung Ifasens Telefonnummer in seiner Werbebroschüre gesucht und ihn angerufen.
Es war verrückt, das wusste sie, aber sie konnte wirklich schwanger sein … mit ihrem zweiten Kind … Und Ifasen hatte ihr prophezeit, dass sie zwei Kinder haben würde. Jacks rationale Erklärungen vom Vorabend rückten in den Hintergrund und wurden bedeutungslos. Da hatte er noch nichts von Junies Armband gewusst, hatte noch nicht erfahren, dass Ifasen genau gewusst hatte, wo es geblieben war.
Was wusste Ifasen sonst noch? Sie musste ihn fragen. Sie konnte sich Jacks Reaktion gut vorstellen, wenn er erführe, dass sie sich an einen Wahrsager gewandt hatte. Aber was sollte es schaden?
Außerdem fühlte sie sich lausig, und die Vorstellung, schwanger zu sein, hatte sie völlig aus dem Gleichgewicht gebracht. Die Ärzteschaft gab sich alle Mühe, sie regelrecht verrückt zu machen, daher fand sie, dass es durchaus okay war, diesen anderen Weg einzuschlagen. Es war im Grunde nichts anderes als eine ganz spezielle Art von Alternativmedizin.
Sie schluckte und gab sich einen Ruck. »Ich war gestern Abend in Ihrem Haus. Bei dieser Zettellese-Vorstellung mit Junie Moon. Ich war es, die gefragt hat, wie viele Kinder ich haben würde.«
»Ja. Ich erinnere mich. Was kann ich für Sie tun?« Er redete schnell, seine Worte klangen abgehackt, ungeduldig.
»Ich dachte, ich könnte Ihnen vielleicht ein paar Fragen zu Ihrer Antwort stellen.«
»Zu meiner Antwort?«
»Ja. Sie teilten mir mit, ich würde zwei Kinder bekommen, und ich dachte, Sie könnten mir vielleicht verraten, woher Sie das wissen. Ich will Sie keinesfalls beleidigen, aber ich muss unbedingt Klarheit darüber haben, ob Sie lediglich drauflos geraten haben oder …«
»Es tut mir Leid, Miss, Mrs ….«
»DiLauro. Gia DiLauro.«
»Nun, Gia DiLauro, ich fürchte, es ist nicht gerade der geeignete Zeitpunkt, um diese Angelegenheit zu besprechen. Vielleicht später im Laufe dieser Woche, wenn sich alles ein wenig beruhigt hat.«
Es soll sich etwas beruhigen? In seiner Stimme lag so ein seltsamer Unterton …
»Ist etwas passiert?«
»Ob etwas passiert ist?« Seine Stimme bekam schlagartig einen scharfen Klang. »Wie kommen Sie darauf, dass etwas passiert sein könnte?«
Sie erinnerte sich an Jacks Bemerkung, dass Ifasen sich vor irgendetwas fürchtete, und an seine Theorie, was es damit auf sich haben könnte.
»Hat jemand Ihnen gestern Abend, nachdem wir das Haus verlassen haben, noch irgendwelchen Ärger bereitet?«
»Wie bitte?« Die Stimme klang eine Oktave höher. »Was meinen Sie?«
»Es war einer Ihrer Konkurrenten, nicht wahr? Sie können offensichtlich nicht ertragen, dass Sie ihnen die Kunden abspenstig machen, habe ich Recht?«
Das Schweigen am anderen Ende reichte als Antwort völlig aus.
Gia sagte: »Wahrscheinlich denken Sie jetzt: ›Hallo, ich bin schließlich der Hellsehen, stimmt’s? Aber das ist es nicht.«
»Falls Sie etwas mit dieser Sache zu tun haben sollten …«
»O nein. Denken Sie das bloß nicht. Bis gestern Abend hatte ich keine Ahnung, dass es Sie gibt. Aber vielleicht kann ich Ihnen helfen.«
»Das Ganze betrifft Sie doch gar nicht. Und selbst wenn, ich wüsste nicht, wie Sie …«
»Nein, nein. Nicht ich.« Sie lachte. Es klang schrill und nervös, genauso, wie sie sich fühlte. »Ich wäre Ihnen sicherlich keine Hilfe. Aber ich kenne jemanden, der über solche Dinge bestens Bescheid weiß. Ich sorge dafür, dass er sich bei Ihnen meldet.«
Ifasen druckste herum und wollte offensichtlich nicht zugeben, dass jemand mit seinen Verbindungen zur Anderen Seite fremde Hilfe brauchte. Doch als er erfuhr, dass die Angelegenheit mit äußerster Diskretion und ohne Beteiligung der Polizei bearbeitet werden würde, kapitulierte er. Allerdings wollte er sich selbst mit dem Betreffenden in Verbindung setzen. Daher gab Gia ihm Jacks Mailboxnummer.
Was habe ich jetzt getan, fragte sich Gia, nachdem sie aufgelegt hatte. Ausgerechnet ich, die sich nichts sehnlicher wünscht, als dass Jack sich endlich ein anderes Betätigungsfeld sucht, ich habe ihm möglicherweise gerade einen neuen Job besorgt.
Was um alles in der Welt hatte sie dazu gebracht, so etwas zu tun?
Sie ahnte den Grund. Sosehr sie Jacks
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