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HMJ06 - Das Ritual

HMJ06 - Das Ritual

Titel: HMJ06 - Das Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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Lektüre.
    Nicht lange, und es war so weit, dass sie in den Versammlungsraum gebeten wurden. Jack hatte diesen Raum in der vergangenen Nacht nicht ausgiebig genug betrachten können, da er und Charlie sich hatten mit Taschenlampen begnügen müssen. Nun, da er vollständig erleuchtet war, wurde er von der Wucht der Inneneinrichtung förmlich erschlagen. Samtvorhänge mit üppigem Faltenwurf, ein dicker Teppich, Seidentapeten an den Wänden – alle in verschiedenen Rotschattierungen. Es nahm einem regelrecht die Luft zum Atmen, als befände man sich in einem Sarg.
    So musste es sein, wenn man lebendig begraben war.
    Er verfolgte, wie Foster die vier Damen um einen reich verzierten runden Tisch platzierte, der mitten im Raum unter einem tief herabhängenden großen Kronleuchter stand.
    Vier Teilnehmer für fünfhundert pro Kopf, dachte Jack. Das schlägt meinen Stundenlohn um Welten.
    Foster deutete dann auf einen einzelnen Stuhl, der gut vier Meter vom Tisch entfernt vor einer Wand stand.
    »Vergessen Sie nicht«, sagte er leise. »Sie sind nur hier, um sich alles anzusehen. Wenn Sie reden oder Ihren Platz verlassen, stören Sie die Geisterpräsenzen.«
    Jack wusste, dass das Einzige, was er stören könnte, Carl Fosters Präsenz wäre, der nach Verlöschen der Beleuchtung sicher hier herumschleichen würde. Aber er nickte nur und bemühte sich um eine ernsthaft interessierte Miene.
    »Hab schon verstanden.«
    Foster trat hinaus, und einen kurzen Moment später hörte Jack ihn sagen: »Okay, die Fische sind im Netz. Jetzt nichts wie raus mit dir und mit der Show angefangen.«
    Schließlich erschien Madame Pomerol höchstselbst, ihre untersetzte rundliche Gestalt von einem weiten, hellblauen nachthemdartigen Gewand umflossen, das dicht an dicht mit glitzernden Perlen bestickt war. Ein turbanähnliches Etwas saß auf ihrem Kopf. Jack erkannte sie kaum wieder. Allerdings hatte er sie bisher auch nur in einer für sie nicht sonderlich vorteilhaften Lage gesehen.
    Madame begrüßte ihre vier Gäste mit überströmender Herzlichkeit, lächelte und plapperte mit einem französischen Akzent, der in der vorangegangenen Nacht nicht zu hören gewesen war, als sie Carl und ihr Auto verflucht hatte.
    Schließlich kam sie auch zu Jack herüber und streckte ihm ihre mit Ringen überladene Hand entgegen. Am Handgelenk leicht abgeknickt und baumelnd schien sie darauf zu warten, formvollendet geküsst zu werden. Jack erhob sich und drückte sie kurz, während unerwünschte Visionen von der Frau, nackt und mit Klebeband gefesselt, vor seinem geistigen Auge auftauchten. Er schüttelte sich unwillkürlich und vertrieb diese irritierenden Eindrücke.
    Kleider machen Leute, aber erst recht Frauen.
    »Frieren Sie, Monsieur Butler?«
    Ihre eisblauen Augen glitzerten ihn fragend an. Wenn ihre Gesichtshaut von dem Klebeband in Mitleidenschaft gezogen worden war, so hatte sie dies mit ihrem Make-up gekonnt verdeckt. Ihre dünnen, stark geschminkten Lippen waren zu einem Lächeln verzogen.
    »Nein, Ma’am. Ich bin nur noch nie bei einer solchen Veranstaltung gewesen.«
    »Sie brauchen sich vor nichts zu fürchten, da kann ich Sie beruhigen. Sie schauen nur zu, okay? Bleiben Sie nur auf Ihrem Platz sitzen, und schweigen Sie. Ich werde Sie dann an Wundern teilhaben lassen, die ganz einfach incroyable sind.«
    Jack lächelte und nickte, während er sich wieder hinsetzte. Er wusste, dass nichts von dem, was sie hier inszenieren konnte, auch nur annähernd dem realen Geschehen nahe käme, mit dem er seit dem letzten Sommer konfrontiert wurde.
    Sie betätigte einen Lichtschalter, während sie zum großen Tisch zurückkehrte. Die in der Decke eingelassenen Spotscheinwerfer erloschen, doch der Kronleuchter brannte weiterhin.
    Madame Pomerol machte ein paar einleitende Anmerkungen und erklärte – »unserem Gast zuliebe« –, wie sie sich gleich in Trance versetzen würde, in deren Verlauf aus ihrem Körper Ektoplasma austrete und ein Tor zur Anderen Seite öffne. Ihr Geistführer, ein alter Mayapriester namens Xultulan, werde dann durch sie mit den Lebenden sprechen.
    »Noch eins, ehe wir fortfahren«, sagte sie mit gewichtiger Stimme. »Ich weiß, dass meine vier Freundinnen am Tisch darüber Bescheid wissen, doch ich muss es wegen unseres Gastes noch einmal erwähnen. Sollte Ektoplasma erscheinen, dann berühren Sie es bitte, bitte, bitte auf keinen Fall. Es dringt aus meinem Körper und meiner Seele, der Kontakt mit jemand Fremdem bewirkt jedoch,

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