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HMJ06 - Das Ritual

HMJ06 - Das Ritual

Titel: HMJ06 - Das Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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mich.«
    Jack schaute Foster kurz nach, während er den Raum verließ, dann nahm er sich den Fragebogen vor und tat so, als studiere er ihn eingehend. Er wusste, dass eine Kamera auf ihn gerichtet war. In dem Rauchmelder, der über ihm an der Decke hing, steckte eine Digitalkamera mit Weitwinkelobjektiv. Er hatte in der vergangenen Nacht in einem der Hinterzimmer auch den dazugehörigen Monitor gefunden. Er rechnete sich aus, dass ihn Foster in diesem Augenblick beobachtete und darauf wartete, dass er in den Schreibtischschubladen herumzuwühlen begann. Aber Jack hatte sie bereits untersucht und wusste, dass er darin nichts anderes finden würde als Schreibstifte, Büroklammern und Fragebögen.
    Die Kamera eignete sich bestens dazu, sich ein Bild von einem potenziellen Klienten zu machen, der immer eine unbekannte Größe war. Aber sie erwies sich auch in Verbindung mit den drei Mikrofonen, die an verschiedenen Stellen des Raums installiert waren, als praktisch. Klienten waren meistens vor unmittelbar bevorstehenden Seancen besonders gesprächig, so dass ein Medium, das sie belauschte, eine Menge wertvoller Kenntnisse aufschnappen konnte. Diese waren allerdings nicht sehr nützlich, wenn man nicht wusste, wer jeweils gerade redete.
    »Was geht da draußen vor?«, hörte er Madame Pomerol in dem winzigen Hörer fragen, den er im Ohr trug. »Wer ist dieser Trottel?«
    »Ein neuer Fisch.«
    »Nun, dann nimm ihn an den Haken, Baby. Und zieh ihn an Land.«
    Ja, dachte Jack. Holt mich rein.
    Der Fragebogen enthielt eine ganze Reihe der üblichen Standardfragen – Name, Adresse, Telefonnummern und so weiter –, doch mittendrin erschien ein Kästchen für die Sozialversicherungsnummer des Neukunden.
    Jack unterdrückte ein Lächeln. Na wunderbar. Er kannte eine ganze Kollektion von Sozialversicherungsnummern, keine davon war legitim. Aber er hatte nicht die Absicht, eine davon zu benutzen. Er fragte sich, wie viele Leute, wenn sie den Fragebogen durchgingen, ohne nachzudenken auch dieses Kästchen ausfüllen mochten, ohne sich bewusst zu sein, welche Flut von Informationen, sowohl in finanzieller wie auch in anderer Hinsicht, dem Medium damit zugänglich gemacht wurde.
    Jack hatte den Namen Bob Butler benutzt, weil er einmal einen Robert Butler kennen gelernt hatte, der in den Millennium Towers wohnte, einem Luxusapartmenthaus in den West Sixties. Er notierte diese Adresse und schrieb als private Telefonnummer eine seiner eigenen Mailboxnummern auf.
    Foster kehrte mit dem Terminkalender zurück. Jack beobachtete seine Augen, während er den fast vollständig ausgefüllten Fragebogen überflog, und sah, wie sie sich für einen kurzen Moment ungehalten verengten – zweifellos eine Reaktion auf die fehlende SVN. Aber Foster sagte nichts. Das war clever. Es war besser, über diese Auslassung hinwegzugehen, anstatt zu viel verdächtiges Interesse am sozialen Status des jeweiligen Klienten zu bekunden.
    »Also«, sagte Foster und nahm wieder hinter dem Schreibtisch Platz, »ich glaube, wir können am Dienstag eine halbstündige Sitzung für Sie einschieben. Wäre Ihnen drei Uhr recht?«
    »Wie wäre es denn mit jetzt gleich?«
    »Oh. Ich fürchte, das ist unmöglich. Madame hat um drei Uhr eine Gruppensitzung.«
    »Warum kann ich nicht daran teilnehmen?«
    »Das ist unmöglich. Diese vier Klienten buchen ihre Seancen immer gemeinsam. Ein Fremder am Tisch würde die spirituelle Dynamik, die Madame unter großen Mühen aufgebaut hat, empfindlich stören. Es ist völlig unmöglich, fürchte ich.«
    Dieser Knabe liebte das Wort unmöglich. Aber Jack hatte etwas, von dem er sicher war, dass er es noch mehr lieben würde.
    »Oh, ich will gar nicht aktiv an der Sitzung teilnehmen«, sagte Jack und knöpfte die linke Brusttasche seines Oberhemdes auf. »Ich möchte nur zusehen. Ich sage auch kein einziges Wort. Ich will nicht mehr sein als, wissen Sie, eine Fliege an der Wand. Und ich bin bereit, für dieses Entgegenkommen zu bezahlen.«
    Ehe Foster wieder unmöglich sagen konnte, schnippte Jack eine Münze auf die Schreibtischplatte. Sie landete mit einem satten dumpfen Laut. Er bemerkte sofort einen Ausdruck des Erkennens in Fosters Augen und beobachtete, wie seine ohnehin schon gerunzelten Augenbrauen auf der Stirn noch höher ruckten, als er die eingeprägte galoppierende Antilope auf der golden glänzenden Oberseite erkannte. Ein Krügerrand. Er brauchte den genauen Tagespreis von Gold gar nicht zu kennen, um auf Anhieb zu

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