Hochzeit auf Sizilianisch
musste. Der Gesichtsausdruck, mit dem ihre beste Freundin die Koffer packte, erinnerte sie fatal an die schmerzlichen Erfahrungen, die sie selbst vor wenigen Tagen hatte machen müssen.
"Was ist passiert?" fragte sie besorgt. "Hast du dich mit Bernardo gestritten?"
"Dazu hat er mir keine Gelegenheit gegeben", erwiderte Angie mit tränenerstickter Stimme. "Er hat mich überhaupt nicht zu Wort kommen lassen, sondern mir in aller Seelenruhe erklärt, dass er mich nicht heiraten könne."
"Warum das denn?" Angies Antwort traf Heather völlig unvorbereitet. "Ich denke, er liebt dich?"
"Natürlich liebt er mich!" Angie klang geradezu empört. "Immer wieder hat er es mir gesagt. Heiraten will er mich aber trotzdem nicht."
"Ich verstehe kein Wort“, gestand Heather.
"Ich doch auch nicht!"
Angie schlug verzweifelt die Hände vors Gesicht, und Heather umarmte sie, um sie zu trösten. "Willst du mir nicht erzählen, was passiert ist?"
Auch wenn sich Angie alle Mühe gab, gelang es ihr nicht, ihrer Freundin zu erklären, warum der Mann, der sie liebte, sich weigerte, sie zur Frau zu nehmen.
Sie stand viel zu sehr unter Schock, um selbst verstanden zu haben, warum Bernardo sich von ihr trennen wollte und gleichzeitig beteuerte, nie eine andere Frau lieben zu können.
„In welchem Jahrhundert leben wir denn?" fragte Heather, als sie endlich zumindest eine vage Vermutung zu haben glaubte, warum Bernardo es vorzog, sein Leben als Junggeselle zu fristen.
"Bernardo ist Sizilianer, und dass die Uhren hier anders ticken, brauche ich dir ja wohl nicht zu erklären", widersprach Angie erregt. "Wenn ihm sein verdammter Stolz wichtiger ist als ich, dann habe ich mich damit abzufinden.
Und jetzt lass uns bitte das Thema wechseln."
Ursprünglich hatte Heather vor, Angie zum Flugplatz zu begleiten. Sie entschied sich spontan anders, als Bernardo sich anbot, das zu übernehmen.
Vielleicht würde er in der Stunde des Abschiedes merken, welche Dummheit er beginge, wenn er Angie abreisen ließe, und sie möglicherweise gleich wieder mit zurückbringen.
Doch Stunden später kehrte er allein zurück, und sein Gesicht verriet nichts darüber, wie es in ihm aussah. Heathers zaghaften Versuch, ihn zur Rede zu stellen, wies er freundlich, aber bestimmt zurück. Nachdem er kurz mit Baptista gesprochen hatte, setzte er sich wieder in sein Auto und fuhr davon.
"Was ist bloß in Bernardo gefahren?" fragte Heather Renato um Rat.
"Das wüsste ich auch gern", erwiderte er. "Noch vor wenigen Tagen konnte er es kaum erwarten, Angie zu heiraten. Er hat mich sogar schon gefragt, ob ich einverstanden sei. Diese Geschichte scheint ihn völlig aus der Bahn geworfen haben."
"Willst du nicht noch mal mit ihm reden?" bat Heather eindringlich.
Renato zuckte die Schultern. „Er hört ja doch nicht auf mich."
"Das lässt du dir doch sonst auch nicht bieten!" platzte Heather wütend heraus.
"Offensichtlich sind selbst meine Möglichkeiten begrenzt." Renato warf ihr einen provozierenden Blick zu. "Jedenfalls sobald es um Herzensangelegenheiten geht."
"Wundert dich das?" fragte Heather gereizt. "Dir hat noch keine Frau so viel bedeutet, dass du ihretwegen auch nur eine einzige Träne vergossen hättest."
"Das kann ich nicht abstreiten", erwiderte Renato. "Und wenn ich mir meine Brüder ansehe, bin ich froh und glücklich darüber."
„Vielleicht sollte ich mir ein Beispiel an dir nehmen." Seine Worte hatten sie sehr nachdenklich gemacht. "Man erspart sich viel Kummer, wenn man die Dinge nicht so nah an sich heranlässt. Und keiner beherrscht das so perfekt wie du."
"Wenn es jemand mit mir aufnehmen kann, dann du." Seine Antwort kam mehr als überraschend. „In den vergangenen Tagen warst du stärker als wir alle zusammen. Allerdings ist es mir lieber, wenn du deinen Gefühlen freien Lauf lässt, anstatt sie zu unterdrücken. Nicht, dass du mir noch daran erstickst."
Plötzlich spürte Heather seine Hand auf ihrem Arm. Unwillkürlich musste sie an den Vorfall auf der Santa Maria und an die erotischen Träume zurückdenken, die er ausgelöst hatte. Doch anders als damals empfand sie nun bei Renatos Berührung nicht das Geringste. In ihr herrschte eine einzige große Leere, die alles verschlang.
"Ich muss zugeben, dass ich dich um deine Fähigkeit, dir sämtliche Gefühle vom Hals zu halten, fast beneide", sagte sie teilnahmslos.
"Täusch dich nicht", erwiderte Renato, und Heather spürte, wie er ihren Arm umklammerte. "So empfindungslos, wie du
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