Hochzeit im Herbst
nicht drei Stunden ziehen lassen sollen.”
„Wahrscheinlich nicht.” Behutsam stellte er das Glas ab. „Wir sollten das Zeug verdünnen. Draußen steht eine Fünf-Gallonen-Wassertonne. Das dürfte reichen.”
„Ich könnte dir ein Sandwich machen.” Als sie aufstehen wollte, hob er abwehrend die Hand.
„Vielen Dank. Das übernehme ich lieber selbst. Und komm mir besser nicht zu nahe, ich stinke wie eine randvolle Jauchegrube.”
Ihre Haut begann plötzlich zu prickeln. Ein Gefühl, das sie in vollen Zügen genoss. Sie fuhr sich mit der Zungenspitze über die Lippen. „Du bist wirklich schrecklich schmutzig”, sagte sie. Sie liebte es, wenn er schmutzig war. „Und verschwitzt. Zieh dein Hemd aus.”
Verlangen überkam ihn. „Du bist sehr bestimmend. Ich mag das bei einer Frau.” Aber er hielt sich noch zurück. „Schade, dass ich dich jetzt nicht anfassen kann. Du siehst so sauber und ordentlich aus, und meine Hände sind so schmutzig, ich würde dir deine Bluse fleckig machen.”
Sie musterte ihn genauer. „Du blutest ja.”
„Nur eine kleine Abschürfung. Ich wasche es gleich ab.”
„Lass mich das machen.” Sie war bei ihm, noch ehe er den Wasserhahn aufdrehen konnte.
Sorgfältig reinigte sie seine Wunden. Er genoss es, wie sie seine Hand einseifte und sanft rubbelte.
Dabei begann er sich auszumalen, wie er mit ihr zusammen unter der Dusche stand. Nasse Körper, Seifenschaum auf nackter Haut.
„Ich schätze, du wirst es überleben. Aber du solltest in Zukunft vielleicht ein bisschen besser aufpassen.” Sie schnüffelte an ihm und rümpfte gleich darauf die Nase. „Was hast du denn da draußen bloß getrieben?”
Er lächelte. „Jauche versprüht.”
Sie riss die Augen auf. „Mit den Händen?”
Diese Vorstellung ließ ihn laut auflachen. „Nein, Darling, dafür gibt es heutzutage Maschinen, selbst hier bei uns, auch wenn du vielleicht der Meinung bist, dass wir das Licht noch immer mit dem Hammer ausmachen.”
„Freut mich zu hören.” Sie wandte sich ab in der Absicht, ihm bei der Zubereitung des Essens zu helfen, und prallte gegen den Kühlschrank.
„Verdammt.” Sie nahm ihre Brille ab. „Ich vergesse immer wieder, dass ich dieses verflixte Ding aufhabe.”
Er warf ihr einen interessierten Blick zu. „Ich dachte, du vergisst nie etwas.”
„Dinge, die mich selbst betreffen, vergesse ich durchaus. Frag mich irgendwas anderes, und ich gebe dir bis ins kleinste Detail Auskunft.”
„Wolle.”
Sie war eben dabei, eine Platte mit Schinken aus dem Kühlschrank zu nehmen. Verblüfft richtete sie sich auf. „Wie bitte?”
„Ich trage mich mit dem Gedanken, Schafe zu züchten. Erzähl mir alles, was du über Wolle weißt.”
„Mach dich nicht lächerlich.”
Er zuckte die Schultern und holte das Brot aus dem Brotkasten. „Ich wette, ich habe ins Schwarze getroffen. Du weißt nichts über Wolle.”
Er brauchte sie nicht anzusehen, um zu wissen, dass sie die Augen zusammengekniffen hatte.
„Wolle wird aus den Haaren von Schafen, Ziegen, Schafkamelen, Kamelen und anderen Tiere gemacht, aus Haaren also, die sich wegen ihrer Länge, Kräuselung, Feinheit und Dehnbarkeit zum Verspinnen eignen.
Die feinste Wolle ist die kurze, sehr feine, stark gekräuselte Merino-Wolle vom Merino-Schaf. Die Kreuzzucht-Wolle stammt vom Crossbred-Schaf, einer Kreuzung zwischen … Soll ich fortfahren?”
Belustigt schaute er sie an. „Ich bin beeindruckt. Wo warst du, als ich auf der Highschool war? Du hast mir gefehlt.”
„Oh, auf einem versnobten Internat in der Schweiz, wenn ich mich nicht irre.”
„Das tust du vermutlich niemals”, meinte er. Er hörte aus ihrem Tonfall heraus, dass da etwas war, das es zu ergründen galt, wenn auch zu einem späteren Zeitpunkt. Sie sprach das Wort Internat mit dem gleichen Abscheu aus wie er als Kind das Wort Leber.
„Es ist offensichtlich nicht nur so, dass du dir Fakten ausgezeichnet merken kannst”, bemerkte er beiläufig. „Es gelingt dir auch, sie richtig einzuordnen. Nach welchen Gesichtspunkten hast du dir deine Studienfächer ausgesucht?”
Seine Frage war ihr sichtlich unangenehm. Ihr wäre es lieber, er würde sich für ihren Körper interessieren als für ihren Verstand. „Am Anfang habe ich das studiert, was mir meine Eltern vorgeschlagen haben. Sie hatten eine sehr genaue Vorstellung davon, was aus mir eines Tages werden sollte. Später habe ich dann eigene Interessen entwickelt.”
Ihre Stimme klang kühl. Shane
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