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Hochzeit im Herrenhaus

Hochzeit im Herrenhaus

Titel: Hochzeit im Herrenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Ashley
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dieser kalten Jahreszeit unangenehm?”
    “O nein – sogar ideal, Sir!”, beteuerte sie und stand auf. “Da werde ich etwas mehr von der Landschaft sehen.”
    Wieder in ihrem Schlafzimmer, teilte sie der Zofe die geänderten Pläne mit.
    “Also bleiben wir hier, Miss?”, fragte Eliza mit dem Recht einer langjährigen, treu ergebenen Dienerin. “Eigentlich dachte ich, Sie wären nur widerwillig hierhergefahren – und Sie würden die Abreise herbeisehnen.”
    “Ja, das sollte ich. Aber heute Morgen erwachte ich, und da war ich furchtbar enttäuscht, weil die Abreise bevorstand. Denn es gab keinen Grund mehr, den Abschied hinauszuzögern.” Annis schaute sich um – in einem der schönsten Gästezimmer des Hauses, wie der Butler ihr versichert hatte. Daran zweifelte sie nicht. Allein schon die Qualität der Chintz- und der passenden Bettvorhänge war einzigartig. Die Möbel aus Nussbaum mussten einer erstklassigen Werkstatt entstammen. Auch die Teppiche und Tapeten waren ohne Rücksicht auf beträchtliche Kosten ausgewählt worden. “Dieser Raum ist mindestens viermal so groß wie mein eigenes Schlafzimmer daheim. Trotzdem fühle ich mich keineswegs fehl am Platz. Seit ich zum ersten Mal einen Fuß in dieses Haus gesetzt habe, gewinne ich immer wieder den Eindruck, ich wäre
daheim.
Sogar in den verschwenderisch ausgestatteten Räumen, die nur zu offiziellen Anlässen benutzt werden! Das begreife ich nicht.” Verwirrt schüttelte sie den Kopf. “Ja, ich weiß, ich bin die Tochter eines Gentleman. Und ich habe stets ein komfortables Leben geführt. Natürlich besteht ein Unterschied zwischen Komfort und Luxus. Und doch – wenn ich durch dieses Haus wandere, kommt es mir so vor, als würde ich hierhergehören.”
    “Kein Wunder, wenn Sie’s recht bedenken, Miss Annis!”, meinte die Zofe. “Denn Sie sind die Tochter Ihrer Mutter. Also liegt es in Ihrem Blut, die vornehmeren Dinge des Lebens zu würdigen. Und das ist zweifellos ein sehr elegantes Haus. Aber es lässt sich nicht mit dem Gebäude vergleichen, in dem Ihre liebe Mama aufwuchs. Tavistoke Court muss dreimal so groß sein wie Greythorpe Manor, Miss.”
    “Da muss ich mich auf Ihr Wort verlassen, denn es ist sehr unwahrscheinlich, dass ich jemals in dieses grandiose Gemäuer eingeladen werde”, erwiderte Annis. “Offen gestanden, teilweise war es reine Neugier, die mich bewog, den Auftrag meiner Patentante zu erfüllen und hierherzureisen. Ich wollte ein Haus sehen, das wenigstens so ähnlich eingerichtet ist wie Mamas Heim. Natürlich habe ich niemals erwartet, ich dürfte diesen Luxus so lange genießen.”
    Besorgt runzelte Eliza die Stirn. “Das ist verständlich, Miss. Aber Sie sollten sich nicht so sehr an diese Lebensweise gewöhnen.”
    “Keine Bange.” Was die Zofe damit meinte, erriet Annis sofort. “Um mich irgendwelchen Illusionen hinzugeben, bin ich viel zu realistisch veranlagt. Die Gründe Seiner Lordschaft für diese Einladung sind durchaus ehrenwert. Wenn auch nicht besonders schmeichelhaft, was er selber zugab … Er glaubt, meine Anwesenheit wird sich günstig auf die Dame des Hauses auswirken. An mir persönlich ist er nicht interessiert.”
    Das bezweifelte Eliza Disher. Obwohl ihre junge Herrin oft genug eine hervorragende Menschenkenntnis bewies und manche Ereignisse in geradezu unheimlicher Weise voraussah – in diesem Fall schien sie die Gefühle des Viscounts falsch einzuschätzen.
    Die getreue Zofe und Gesellschafterin war nicht die einzige Person im Greythorpe-Haushalt, die über den Entschluss Seiner Lordschaft nachdachte. Damit befasste sich eine Stunde später auch Wilks, der Oberreitknecht, angesichts der jungen Dame, die den Viscount aus einer äußerst unangenehmen Notlage gerettet hatte. Diese gute Tat hätte ihm schon genügt, um Miss Milbank zu bewundern. Und während er jetzt beobachtete, wie sie leichtfüßig den Stallhof durchquerte, bemerkte er, wie hübsch sie in ihrem pelzbesetzten Umhang aussah – der wahrscheinlich eine wohlgeformte Gestalt verbarg. Trotzdem entsprach sie nicht dem Stil, den Seine Lordschaft bei seinen Kontakten mit dem schöneren Geschlecht bevorzugte.
    Ebenso wie Dunster war Wilks ein ergebener Diener. Fast sein Leben lang hatte er für die Familie Greythorpe gearbeitet und den gegenwärtigen Träger des Titels auf sein erstes Pony gesetzt. Verglichen mit den anderen langjährigen Dienstboten, kannte der Reitknecht seinen Herrn vielleicht am besten, und er stand ihm besonders

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