Hochzeit in Hardingsholm
hatte Erik auch nichts dagegen.«
»Erik hat auch nicht gesehen, was ich gesehen habe«, erwiderte Edda.
»Gar nichts hast du gesehen«, sagte Linn aufgebracht. »Weil es nämlich nichts zu sehen gab. Und jetzt entschuldige mich bitte, ich hole mir noch eine Portion von dem wirklich hervorragenden Dessert. Davon habe ich mehr als von deinen haltlosen Vorwürfen.«
Linn stolzierte davon. Auch wenn sie sich nicht mehr umdrehte, spürte sie die Blicke ihrer Mutter in ihrem Rücken. Trotzig schaufelte sie eine dritte Portion Tiramisu auf ihren Teller, obwohl sie überhaupt keinen Hunger mehr hatte.
Egal, ein oder zwei Löffel passten noch, und wenn ihr Magen allmählich auch rebellierte, ihre Nerven konnten heute durchaus eine Überdosis Zucker vertragen.
Da setzte der Regen ein, und ihre Mutter und auch sie selbst hatten plötzlich alle Hände voll zu tun. Linn bemerkte, dass auch Erik wieder da war und eilig Dinge ins Haus trug.
Paul Warborg verabschiedete sich als Erster, noch bevor der Regen stärker wurde. Zwei weitere Gäste schlossen sich ihm an, weil er sie im Boot mitnehmen wollte.
Die anderen feierten ausgelassen weiter, nur Hellen Reslow schlich sich bald verstohlen davon. Wahrscheinlich war sie müde nach dem aufregenden Tag.
Schade, Linn hätte sich heute Abend gerne noch ein bisschen mit der jungen Frau unterhalten. Hellen war ihr sehr sympathisch.
– 23 –
E r hatte es geschafft, von Hardingsholm zu verschwinden und sich vom Boot ins Auto zu retten, bevor das Gewitter richtig loslegte. Da saß er jetzt und wartete darauf, dass es endlich aufhörte zu regnen.
Er wusste, dass die Kanister im Kofferraum lagen und sein Auftraggeber erwartete, dass er den Auftrag diese Nacht noch erledigte.
Er lehnte sich zurück, sah hinaus in den strömenden Regen und fragte sich zum wiederholten Male, wie es so weit hatte kommen können. Er war erfolgreich gewesen in dem, was er machte. Er war im Großen und Ganzen zufrieden gewesen mit seinem Privatleben. Bis zu diesem verhängnisvollen Abend. Er hatte wie so oft bei Grit in Norrtälje gesessen, in dem gemütlichen kleinen Bistro, und dort zu Abend gegessen. Nicht nur, weil er nie Lust hatte, sich sein Essen selbst zu kochen. Nein, es war mehr als das, er fühlte sich einsam, hasste die Abende, an denen niemand auf ihn wartete. An denen kein Mensch da war, mit dem er reden und lachen konnte. Er sehnte sich nach der Nähe eines anderen Menschen, nach Liebe und Zärtlichkeit.
Und genau da war Ulrika aufgetaucht. Schön, kapriziös.
Alle hatten aufgesehen, als sie an diesem Abend in Grits Bistro geschritten kam. Elegant, auf High Heels, jede ihrer Bewegungen geschmeidig. Das enge, sicherlich sehr teure Kleid hatte ihre Kurven in aufreizender Weise modelliert, ohne billig zu wirken. Sie passte so gar nicht in Grits Bistro, sondern eher in einen dieser Luxusschuppen am Stockholmer Strandvägen. Kurz hatte er gemeint, auf ihrem Gesicht so etwas wie Abscheu zu bemerken, dann hatte sie ihn angesehen, gelächelt und war zu ihm an den Tisch gekommen mit der Frage, ob sie sich setzen dürfe.
Er war vollkommen perplex gewesen, und obwohl er in Sachen Kommunikation eigentlich recht sicher war, zahlreiche Kundengespräche führte oder Arbeiter anleitete, so hatte er sich an diesem Abend unsicher und linkisch wie ein Schuljunge gefühlt.
Sie behauptete seither, es müsse das Schicksal gewesen sein, dass sie ausgerechnet in dieses Bistro geführt hatte. Sonst hätten sie sich vielleicht nie kennengelernt.
Er konnte immer noch nicht fassen, dass er mit einer Frau wie ihr zusammen war. Er war ihr völlig verfallen, und er wusste, er würde alles tun, um sie zu halten. Die Vorstellung, sie zu verlieren, war unerträglich für ihn. Und deshalb saß er auch heute Abend wieder hier, wartete darauf, dass sich der Regen verzog. Selbst wenn es die ganze Nacht dauerte, er würde hier nicht wegfahren, bevor dieser Auftrag ausgeführt war.
Er verdiente nicht schlecht, hatte sich ein sehr angenehmes Leben leisten können, aber für eine Frau wie Ulrika reichte das nicht. Ihre Wünsche wurden immer kostspieliger, extravaganter.
Manchmal fragte er sich, ob er sie schon verloren hätte, wenn nicht genau zum richtigen Zeitpunkt dieser Auftraggeber aufgetaucht wäre, der ihm Zugang zu den finanziellen Mitteln ermöglichte, die er benötigte.
Diese Zweifel machten ihm zu schaffen, ließen ihn in den Nächten, in denen er allein war, oft nicht schlafen. Liebte Ulrika ihn so, wie er sie
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