Hochzeit in Hardingsholm
zwischen den Kommissar und seinen Bruder. »Haben Sie überhaupt einen Haftbefehl?«
Linn hielt den Atem an. Sie war erstaunt, dass Lars sich plötzlich einsetzte und offensichtlich fest entschlossen schien, sich schützend vor seinen Bruder zu stellen.
Den Kommissar schien das leider nicht zu beeindrucken. »Und wer sind Sie?«
Lars hielt dem Blick des Kommissars stand, sein Gesicht wirkte hart, seine Stimme klang fest. »Ich bin Lars Torberg, Eriks Bruder und Mitinhaber dieses Unternehmens. Außerdem bin ich Jurist und vertrete unseren Anwalt während dessen Abwesenheit. Also, zeigen Sie mir bitte den Haftbefehl.«
Tatsächlich schien kurz so etwas wie Unsicherheit in den Augen des Kommissars zu flackern. Er hatte seine Mimik aber schnell wieder unter Kontrolle.
»Wir wollen Ihren Bruder nur vernehmen, Herr Torberg. Noch ist er nicht verhaftet.«
Die beiden Männern sahen sich unverwandt ins Gesicht.
» Noch nicht!«, fügte der Kommissar bedeutungsschwer hinzu, aber die unverhohlene Drohung in seinen Worten schien Lars nicht zu erreichen, während Linn meinte, einer Ohnmacht nahe zu sein.
Erik soll verbotene Mittel eingesetzt haben? Nie im Leben! Und deshalb sogar verhaftet werden? Das hier kann nur ein Albtraum sein, schoss es ihr durch den Kopf. Ein grausamer Albtraum!
»Sie können meinen Bruder auch hier vernehmen«, sagte Lars mit kalter Stimme. »Als Anwalt meines Bruders werde ich selbstverständlich dabei sein.«
Der Kommissar knickte ein. »Gut«, gab er nach und wandte sich fragend an Erik. »Gibt es einen Platz, wo wir ungestört reden können?«
Erik wies auf die Tür, die zu seinem angrenzenden Büro führte, und ging bereits darauf zu. Kommissar Stenlund und der uniformierte Beamte, der bis jetzt noch kein Wort gesagt hatte, folgten ihm.
Auch Lars setzte sich in Bewegung, blieb aber vor Linn stehen. »Fahr nach Hause, Linn«, sagte er leise. »Du kannst hier im Moment nichts für Erik tun.«
Linn nickte und mühte sich die Tränen zurückzuhalten, die sich hinter ihren Augenwinkeln gebildet hatten.
»Gut, dass du da bist«, sagte sie zu Lars und berührte mit dem Zeigefinger ganz kurz seine Hand. Dann drehte sie sich um und ging hinaus. Das alles hier war eindeutig zu viel auf einmal.
– 50 –
D er Tisch auf Laras Veranda war bereits gedeckt, als Hellen zurückkam, aber Hellen bemerkte zu ihrer Verwunderung, dass nur zwei Gedecke darauf standen.
»Hej, ich bin wieder da!«, rief sie laut, als sie durch die offene Tür das Haus betrat.
Torsten trat aus der Küche, er trug eine Schürze von Lara, die ihm viel zu eng und zu kurz war, in der Hand hielt er einen Kochlöffel. Es roch so verführerisch, dass Hellen das Wasser im Mund zusammenlief. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie seit einer Ewigkeit nichts gegessen hatte.
Torsten kam auf sie zu, küsste sie auf den Mund. Hellen musste sich bemühen, ihn nicht wegzustoßen. Es war ihr unmöglich, in diese Normalität einzutauchen, nach dem Kuss zwischen Erik und ihr.
Seither hatte sich kein Moment mehr ergeben, um kurz mit Erik über das zu reden, was passiert war. Sie hatte ihn und seinen Bruder schließlich vor der Firma abgesetzt, und dort hatten sie es eilig gehabt.
Hellen konnte es verstehen … und war trotzdem enttäuscht. Sie fragte sich, was Erik empfand.
Empfand er überhaupt etwas, hatte dieser Kuss irgendeine Bedeutung für ihn gehabt?
Er hatte sich auch während des Rückfluges nichts anmerken lassen. Vielleicht wäre es anders gewesen, wenn Lars nicht mit ihnen in der Maschine gesessen hätte. Sie war sich nicht sicher, ob Erik die Spannung ebenso empfand wie sie. Auch wenn sie meinte, sich schon sehr in ihm täuschen zu müssen, wenn dem nicht so wäre. Er war kein Mann, der mit einer Frau verlobt war und leichtfertig eine andere küsste. Ganz bestimmt hatte ihn die Intensität des Moments ebenso überrascht und erschreckt wie sie selbst.
Oder war das nur ihr Wunschdenken? Konnte es sein, dass sich ihre Wahrnehmung durch ihre eigenen Gefühle verzerrte?
Dabei beschäftigte sie nicht nur der Kuss und die Frage, wie es Erik dabei ergangen war. Sie hatte zudem heftige Schuldgefühle wegen Torsten. Er wirkte so arglos und dabei so glücklich, dass sie endlich wieder ein bisschen Zeit gemeinsam verbringen konnten.
»Ist was?«, wollte Torsten jetzt wissen. Er schien irritiert, sie waren schon so lange zusammen, und er kannte sie ziemlich gut. Sie musste damit rechnen, dass er etwas bemerkte, wenn sie sich nicht
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