Hochzeit in Hardingsholm
zusammenriss.
Hellen schüttelte den Kopf. »Ich bin müde, es war ein anstrengender Tag. Außerdem habe ich Hunger«, sagte sie ausweichend. Sie versuchte über seine Schulter zu schauen und zog schnüffelnd die Nase kraus. »Es duftet jedenfalls hervorragend.«
»Es schmeckt auch hervorragend«, behauptete Torsten. »Setz dich schon einmal auf die Veranda, und ruh dich aus. Ich bringe gleich das Essen.«
Hellens Schuldgefühle wuchsen ins Unermessliche. »Was für ein Service«, sie mühte sich um ein Lächeln. »Ich habe es überhaupt nicht verdient, so verwöhnt zu werden«, fügte sie leise hinzu.
»Natürlich hast du das«, widersprach er sofort.
Wenn du wüsstest, dachte Hellen. Du hast ja keine Ahnung, was eben passiert ist. Wahrscheinlich würde Torsten sich die Schürze vom Hals reißen und sofort das Haus verlassen, wenn sie es nur mit einem Wort erwähnte.
Und hatte er es nicht eigentlich sogar verdient, dass sie ihm die Wahrheit sagte?
Aber was sollte sie ihm sagen? »Hör zu, Torsten, ich habe einen anderen Mann kennengelernt, der mit einer anderen verlobt ist und eigentlich schon mit ihr verheiratet wäre, wenn sie sich auf dem Polterabend keine Salmonellenvergiftung zugezogen hätte. Ich glaube, ich habe mich in diesen Mann verliebt. Ganz sicher bin ich mir nicht, aber er fasziniert mich auf eine Art und Weise, wie du es nie vermocht hast, und eben haben wir uns geküsst. Und so einen Kuss, auch dass muss ich dir leider sagen, habe ich ebenfalls noch nie erlebt …«
»Du bist irgendwie komisch«, sagte Torsten in ihre Gedanken hinein.
Hellen zuckte zusammen. Sie musste es ihm sagen, aber jedes Wort würde ihn verletzen, und das brachte sie nach all den Jahren mit ihm und an seiner Seite nicht übers Herz.
Außerdem hatte er es nicht verdient. Nicht nach der Fahrt, die er extra gemacht hatte, um sie zu sehen. Nachdem er jetzt sogar das Essen für sie gekocht hatte.
»Wie gesagt, ich bin einfach nur müde«, wich sie ihm wieder aus. »Wo ist eigentlich Lara?«, versuchte sie, das Thema zu wechseln.
»Lara hat beschlossen, uns heute doch allein zu lassen, damit wir deinen Erfolg feiern können«, sagte Torsten. »Sie hat den Anruf eines Freundes bekommen und ist zu ihm.«
»Freund? Welcher Freund?«, fragte Hellen alarmiert.
Torsten zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht genau«, sagte er, »ich glaube, er heißt Magnus.«
Magnus also! Hellen ging nachdenklich nach draußen, als Torsten sie noch einmal dazu aufforderte.
Was für ein Durcheinander. Ihre Freundin wurde rückfällig, und sie selber kam auf Gedanken, zu denen sie sich nie für fähig gehalten hätte. Und als wäre das alles noch nicht kompliziert genug, war jetzt auch noch Torsten da.
Wie durch ihre Gedanken herbeigerufen, erschien er und balancierte eine Platte in den Händen. Die gefüllte Lachsforelle.
Er stellte die Platte mitten auf den Tisch, zündete die Kerze an, die im hellen Sonnenlicht ein wenig deplaciert wirkte, und legte ihr eine Portion des Fisches auf. Dazu gab es Salzkartoffeln und Gemüse Julienne.
Danach bediente er sich selbst und nahm ihr gegenüber Platz.
»Erzähl mir ein bisschen von deiner Arbeit hier«, bat er und schob sich den ersten Bissen in den Mund.
Hellen probierte ebenfalls von dem Fisch. Er schmeckte hervorragend, aber so richtig genießen konnte sie ihn trotzdem nicht. Ihre Gedanken schweiften wieder ab, während sie im Essen herumstocherte.
»Der Fisch wird nicht besser, wenn er kalt ist«, sagte Torsten plötzlich.
Sie schaute auf, steckte sich einen Bissen in den Mund und spülte ihn mit dem Weißwein, den Torsten auf den Tisch gestellt hatte, hinunter.
»Entschuldige«, sagte sie dann. »Ich bin heute wohl nicht die angenehmste Gesellschaft.«
Diesmal war es Torsten, der im Essen herumstocherte und den Blick abwandte, als er sagte: »Vielleicht war das keine so gute Idee mit diesem Job bei Lara. Ich weiß ja, dass sie deine Freundin ist, aber du hast gerade erst die anstrengende Ausbildung hinter dir und fängst in zwei Monaten als Copilotin bei ScanAm an. Ich finde, du solltest dir zwischendurch wenigstens ein bisschen Urlaub gönnen.« Jetzt sah er sie an.
»Komm, Hellen, lass uns verreisen. Irgendwohin in den Süden. Frankreich oder Italien. Wie wäre es mit Venedig? Da wolltest du doch immer schon einmal hin.«
Ausgerechnet Venedig, die Stadt der Verliebten!
»Venedig im Sommer«, sagte sie und schüttelte dabei den Kopf. »Zu heiß, zu voll, zu teuer! Außerdem
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