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Hochzeit in St. George (German Edition)

Hochzeit in St. George (German Edition)

Titel: Hochzeit in St. George (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Farago
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handelte, die in London verblieben waren, von Roger an Gervais ausgehändigt worden. Natürlich hatte sich Roger einen beträchtlichen Betrag davon zur Abgeltung seiner Reiseunkosten einbehalten. Sie zählte die Münzen, die sich in ihrer Geldbörse befanden. Damit würde sie nicht einmal bis Calais kommen. An das Bezahlen der Überfahrt gar nicht zu denken. Sie schickte verzweifelte Briefe an ihren Vater. Sicher würde er sie nicht im Stich lassen. Seltsamerweise befaßten sich die Briefe, die sie zahlreich von ihm zurückerhielt, in keiner Weise mit ihrem Problem. Er freue sich zu hören, daß es ihr gut gehe, schrieb der Herzog statt dessen. Und daß sie ihn nicht vergessen solle, in ihrem Glück. Viel später erst fand sie heraus, daß einer der Diener den Auftrag hatte, ihre Briefe abzufangen. Roger war ein Meister im Nachahmen von Schriften. Ohne Mühe hatte er gefälschte Briefe verfaßt, um sie nach London zu schicken. Bis sie hinter diesen neuerlichen Verrat kam, hatte es Monate gedauert. Und kurz darauf war ihr Vater gestorben, ohne daß sie ihn wiedergesehen hatte. Ihr Bruder Henry erbte den Titel, und Esther war auf dem Gipfel ihres Triumphes. Von nun an war aus England keine Hilfe mehr zu erwarten.
    Catharine begann sich in ihr Schicksal zu fügen. Es ging ihr nicht schlecht auf La Falaise. Roger war viel unterwegs. Das erleichterte ihren Aufenthalt. Die Gegenwart dieses Mannes, der ihre Gefühle mit Füßen getreten und sie schamlos hintergangen hatte, war nur schwer zu ertragen. Der Marquis de la Falaise, als dessen Frau sie ja nun galt, verbrachte die Tage auf der Jagd oder mit Ritten zu den Pächtern seiner ausgedehnten Besitzungen. Wenn er spätabends zurückkehrte, war er meist so müde, daß er sich nach dem gemeinsamen Abendessen bald in sein Schlafgemach zurückzog.
    Er ließ seine junge Frau auf dem Landsitz frei schalten und walten. Sobald sich Catharine mit dem Leben abgefunden hatte, in das sie so unerwartet geraten war, begann sie ihre Rolle als Herrin des Hauses mit Eifer und Energie auszufüllen. Es gelang ihr, Ordnung in das Chaos zu bringen, das seit dem Tod von Gervais’ erster Frau auf La Falaise geherrscht hatte. Die vielen Aufgaben, die sie zu erfüllen hatte, die zahlreichen Pflichten, die sie sich selbst auferlegte, halfenihr, den Kummer zu überwinden, den Roger ihr zugefügt hatte. Und sie verhinderten, daß sie in Selbstmitleid versank und damit ihr Dasein verschlimmerte. Trotz der weitreichenden Besitzungen schien die finanzielle Lage auf La Falaise nicht gerade rosig zu sein. Die Mittel, die der Marquis Catharine für die Haushaltsführung zur Verfügung stellte, waren äußerst knapp bemessen. Ein Umstand, der ihr seit ihrer frühesten Jugend nur zu gut bekannt war.
    Aber hatte sie es nicht trotz des spärlich vorhandenen Geldes geschafft, ihr Vaterhaus umsichtig zu führen? Mit Improvisationstalent und Geschick war es ihr auch hier gelungen, diese Aufgabe mit Erfolg zu meistern. Manchmal fragte sie sich allerdings, ob ihr Gatte die vielen Veränderungen, die sie auf La Falaise bewirkte, überhaupt zur Kenntnis nahm. Er wechselte kaum ein persönliches Wort mit seiner jungen Frau. Auf Lob und Anerkennung aus seinem Munde wartete sie vergeblich. Und doch schien er allgegenwärtig zu sein. Manchmal tauchte er mit leisen Schritten hinter Catharine auf, wenn sie ihn am wenigsten erwartete. Sie erschrak dann heftig, doch aus seiner Miene war nicht zu erkennen, ob es sich bei diesen Vorfällen um Zufall handelte oder ob eine makabere Laune ihn dazu trieb, seine Gattin zu erschrecken.
    Im allgemeinen behandelte er sie mit der ihm eigenen Art wohlwollender Zerstreutheit. Die meiste Zeit schien er vergessen zu haben, daß sie überhaupt existierte, und wenn er doch einmal das Wort an sie richtete, dann nur, um sich zu erkundigen, ob sie nicht endlich den ersehnten Erben erwartete, oder ihr Aufträge zu erteilen, die sie an die Dienerschaft weiterzugeben hatte. Sie sprachen kaum miteinander, und der Marquis lebte das Leben weiter, das er vor der seltsamen Eheschließung geführt hatte.
    Es geschah auch nicht oft, daß er darauf bestand, daß sie das Lager mit ihm teilte. Und wenn es doch einmal vorkam, dann war das eine rasche, völlig unerotische Angelegenheit. Catharine dachte mit einer Mischung aus Wehmut und Abscheu an jene Nächte zurück, da sie gedacht hatte, Roger sei ihr rechtmäßig angetrauter Gemahl. Es war typisch für seinen verderbten Charakter, daß er diese Situation

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