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Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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ausgehen, daß der Kaktus von seinem Platz genommen worden war. Kirk hatte diesen Gedanken schon als albern verworfen; aber da hatte er noch nicht gesehen, wieviel damit erklärt wäre. Er war so weit gegangen, noch ein paar Worte mit Crutchley zu reden, draußen zwischen den Chrysanthemen, kurz bevor er von Talboys wegfuhr. Er hatte diese Befragung sehr geschickt vorgenommen, fand er. Er hatte sich gehütet, geradeheraus zu fragen: »Haben Sie den Kaktus wieder an seinen Platz gehängt, bevor Sie gingen?« Das hätte die Aufmerksamkeit auf einen Punkt gelenkt, der vorerst noch ein Geheimnis zwischen ihm und Seiner Lordschaft war. Er wollte nicht, daß Sellon davon etwas zugetragen wurde, ehe er selbst Sellon damit auf seine Art konfrontieren konnte. Darum hatte er so getan, als ob er sich an etwas aus Crutchleys Schilderung seines letzten Gesprächs mit Noakes falsch erinnerte. Hatte das Gespräch in der Küche stattgefunden? Ja. War einer von ihnen danach noch einmal ins Wohnzimmer gegangen? Nein. Aber habe Crutchley denn nicht um diese Zeit dort die Pflanzen gegossen? Nein, er hatte gerade die Pflanzen gegossen und wollte die Trittleiter zurückbringen. Ach so, dann hatte Kirk das mißverstanden. Entschuldigung. Er wolle nur noch etwas genauer feststellen, wie lange der Wortwechsel mit Noakes gedauert habe. War Noakes dabei gewesen, als Crutchley die Pflanzen versorgte? Nein, er war in der Küche. Aber hatte Crutchley denn die Pflanzen nicht in die Küche getragen, um sie zu gießen? Nein, er hatte sie an Ort und Stelle gegossen und die Uhr aufgezogen und war mit der Trittleiter aus dem Wohnzimmer gekommen, und danach erst habe Mr. Noakes ihm sein Geld gegeben und der Streit habe angefangen. Es hatte höchstens so um die zehn Minuten gedauert – nicht der Streit. Na gut, vielleicht fünfzehn. Um sechs Uhr hatte Crutchley von Rechts wegen Feierabend – er bekomme fünf Shilling für einen Achtstundentag abzüglich einer Pause fürs Mittagessen. Kirk entschuldigte sich für den Irrtum: die Trittleiter habe ihn durcheinandergebracht; er habe gedacht, Crutchley brauche die Trittleiter, um die Hängepflanzen aus ihren Töpfen zu nehmen. Nein, die Trittleiter sei dazu da, hinaufzusteigen und sie zu gießen, wie er es heute morgen gemacht habe – sie hingen zu hoch für ihn – und um die Uhr aufzuziehen, wie gesagt. Das war alles. Es war ganz normal, daß er die Trittleiter benutzte; das tat er immer, und hinterher brachte er sie in die Küche zurück. »Sie wollen es doch hoffentlich nicht so hindrehen«, fügte Crutchley ein wenig streitlustig hinzu, »daß ich mit einem Hammer auf der Trittleiter gestanden und dem Alten eins über den Schädel gegeben habe?«
    Das war eine geniale Idee, auf die noch niemand gekommen war. Kirk erwiderte, er habe noch an gar nichts Bestimmtes gedacht; er versuche nur die Zeiten richtig in seinem Kopf zu ordnen. Er war froh, daß er den Eindruck erweckt hatte, als gälte sein Argwohn der Trittleiter.
    Leider konnte er somit aber nicht von der Annahme ausgehen, daß der Kaktus um zwanzig nach sechs nicht in seinem Übertopf gewesen war. Doch nun einmal angenommen, Noakes habe ihn selbst aus irgendeinem Grunde herausgenommen? Aus welchem Grunde? Nun, das war schwer zu sagen. Aber angenommen, Noakes hatte irgend etwas daran entdeckt – einen Flecken Mehltau vielleicht, oder was für Krankheiten diese häßlichen Dinger auch immer bekamen. Er könnte den Kaktus heruntergenommen haben, um ihn abzuwischen, oder – aber das hätte er ja auch ohne weiteres tun können, während er auf der Trittleiter stand oder, da er so groß war, auf einem Stuhl. Kein ausreichender Grund. Was konnte mit Pflanzen sonst noch passieren? Nun, die Wurzeln konnten in den Übertopf hineinwachsen. Kirk wußte nicht, ob so etwas bei Kaktussen (oder hieß das Kakteen?) vorkam, aber angenommen, man wollte einmal nachsehen, ob die Wurzeln aus dem Topf herauswuchsen – dazu mußte man ihn herausnehmen. Oder um nachzusehen, ob – nein, er war ja gegossen worden. Aber halt! Noakes hatte nicht gesehen, daß Crutchley ihn gegossen hatte. Vielleicht hatte er Crutchley im Verdacht gehabt, den Kaktus zu vernachlässigen. Vielleicht hatte er die Erde befühlt, und sie war ihm nicht feucht genug vorgekommen, und dann – oder noch wahrscheinlicher hatte er geglaubt, er sei zu stark gegossen worden. Diese stachligen Dinger mochten nicht allzuviel Feuchtigkeit. Oder doch? Es war ärgerlich, nichts von ihren

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