Hochzeit mit Hindernissen
wunderbares Gefühl, den Fahrtwind im Gesicht zu spüren, der alle Sorgen vertrieb, und je schneller die Fahrt wurde, desto mehr konnte sie die Geschwindigkeit körperlich spüren.
Erst ein erneuter Blick zurück machte ihr klar, dass sie förmlich über das Wasser flogen, denn die große Jacht war schon außer Sichtweite. Die Vorstellung, allein auf dem endlosen Meer zu sein und jede Brücke hinter sich abgebrochen zu haben, löste in ihr ein bislang unbekanntes Freiheitsgefühl aus. Plötzlich meinte sie zu wissen, was sie in ihrem bisherigen Leben vermisst hatte.
Euphorisch legte sie den Kopf zurück und streckte die Arme zum Himmel empor. Alle Zwänge und Hemmungen fielen von ihr ab, und zum ersten Mal hatte sie das Gefühl, mit sich und der Welt wirklich im Einklang zu sein.
Plötzlich erschütterte eine große Welle das Boot, das sich bedrohlich auf die Seite legte. Ehe Heather sich’s versah, hatte sie das Gleichgewicht verloren. Sie streckte den Arm aus, um die Bordwand zu fassen zu bekommen, doch ihr Griff ging ins Leere.
Haltlos flog sie durch die Luft, bis sie hart auf der Wasseroberfläche aufschlug. Augenblicklich wurde ihr schwarz vor Augen. Doch sobald ihr das Salzwasser in den Mund drang, wurde sie sich schlagartig ihrer Situation bewusst. Renato hatte offensichtlich gar nicht bemerkt, dass sie über Bord gegangen war, denn das kleine Boot entfernte sich in rasendem Tempo.
Während sie sich benommen bemühte, den Kopf über Wasser zu halten, wurde sie von einer lähmenden Verzweiflung ergriffen. Ihr Schicksal war besiegelt, denn selbst wenn Renato umkehrte, würde er sie in der unendlichen Einöde des Meeres unmöglich finden.
Die Gewissheit, jämmerlich ertrinken zu müssen, raubte ihr die letzten Kräfte, und eine unsichtbare Hand zog sie unaufhaltsam in die Tiefe. Ein letztes Mal atmete sie ein, bevor das Wasser über ihr zusammenschlug und sie restlos zu verschlingen drohte.
Ohne dass sie ein Motorengeräusch gehört oder ein Boot gesehen hätte, umfassten sie plötzlich zwei starke Arme und brachten sie an die Wasseroberfläche zurück. Heather schnappte nach Luft und umklammerte Renatos Hals wie einen Rettungsring.
So behutsam wie möglich zog er sie an Bord und legte sie auf das Sonnendeck. “Was ist passiert?”, fragte er, und seine Stimme verriet, dass er nicht weniger Angst ausgestanden hatte als Heather.
“Ich bin … es ging alles so schnell”, brachte sie kraftlos hervor.
“Es ist ja noch mal gut gegangen”, sagte Renato tröstend und beugte sich über sie.
Ohne zu wissen, wie ihr geschah, richtete Heather sich auf, umarmte ihn und schmiegte sich fest an ihn. Erst das Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit machte ihr klar, wie groß die Gefahr tatsächlich gewesen war, in der sie sich befunden hatte. “Ich hatte mich schon damit abgefunden, dass du mich nicht rechtzeitig …”
“Ich habe doch gesagt, dass du auf mich zählen kannst”, unterbrach er sie sanft und strich ihr zärtlich durchs Haar.
Auf der Rückfahrt zur Jacht lenkte er das Boot vorsichtig durch die Wellen und drehte sich fortwährend nach Heather um, als fürchtete er, dass sie erneut über Bord gehen könnte.
Doch Heather war viel zu benommen, um sich auch nur zu bewegen. Mit geschlossenen Augen lag sie da und empfand nur noch eine unendliche Müdigkeit.
Schemenhaft nahm sie noch wahr, dass Renato sie an Deck der
Santa Maria
trug und in die Eignerkabine brachte. Und noch bevor er sie auf das breite Bett gelegt hatte, verlor sie das Bewusstsein.
Als Heather wieder zu sich kam, blickte sie in Angies besorgtes Gesicht.
“Was machst du bloß für Sachen?”, schalt ihre Freundin sie scherzhaft. “Renato hat Bernardo über sein Handy angerufen und ihm gesagt, dass er mich sofort in den Hafen bringen soll”, erklärte sie den Grund für ihre überraschende Anwesenheit. “Dass du mit unserem Ausflug nicht einverstanden warst, wusste ich ja. Aber musst du gleich zu solch drastischen Maßnahmen greifen?”
“Hoffentlich bist du trotzdem auf deine Kosten gekommen”, erwiderte Heather matt.
Angies Lächeln verriet nicht viel mehr, als dass sie die Stunden mit Bernardo zumindest nicht bereute. “Du bist die Erste, der ich es erzählen würde.” Ihre Antwort war nicht weniger mehrdeutig. “Jetzt zieh dich an, damit ich dich zum Auto bringen kann.”
“Ich ziehe mir nur schnell den Morgenmantel über”, sagte Heather und schlug die Decke zurück.
“Das halte ich für keine gute Idee”,
Weitere Kostenlose Bücher