Hochzeitsglocken zum Fest der Liebe
legen.“
„Ich hoffe es um ihretwillen.“ Mrs. Horne seufzte. „Jo ist eigensinnig und manchmal unbesonnen. Zwar behauptet sie, dass sie nicht heiraten möchte, nur fürchte ich, sie bedenkt nicht, was das für sie bedeuten würde. Außerdem liebt sie Kinder, und es wäre traurig, wenn sie keine eigenen haben könnte.“
„Ah, darum brauchst du dir, meine ich, keine Sorgen zu machen“, entgegnete Lady Edgeworthy fein lächelnd. „Jo ist noch jung, und sie sieht nicht schlecht aus. Sie hat, finde ich, einen ganz eigenen Liebreiz. Bestimmt findet sie noch einen Gatten, Cynthia – es muss ja niemand aus dem ton sein. Vielleicht wäre sie ja mit einem Herrn vom Beruf ihres Vaters glücklich.“
„Hoffen wir es. In ihren Briefen erwähnte sie übrigens einen solchen Gentleman. Nun, wir werden sehen …“
„Hier bringe ich dir dein süßes Töchterchen“, sagte Jo und legte Ellen das Baby in die Arme.
„Ja, ist sie nicht entzückend?“, zärtlich betrachtete Ellen die Kleine, die, kaum dass sie angelegt war, eifrig zu saugen begann. „Sieh nur, wie hungrig sie ist. Und sie ist, Gott sei gedankt, sehr kräftig.“
„Hast du schon einen Namen für sie, Ellen?“
„Ja, sie soll Mathilda Rose heißen. Mathilda in Erinnerung an Matt, und Rose wie meine Mutter.“
„Das sind hübsche Namen. Aber schau, sie ist eingeschlafen. Klein Mattie ist wirklich ein braves Kind. Bisher hat sie kaum geschrien.“
„Mattie!“, rief Ellen leise. „Das gefällt mir noch besser, so wollen wir sie rufen. Sie kommt sehr nach ihrem Vater – die Augen und die Nase …“ Ellens Lächeln verblasste kurz. „Wenn Matt sie doch sehen könnte! Er würde so stolz auf sie sein. Aber als er starb, wusste ich noch nicht, dass ich schwanger war.“
„Wie traurig!“ Tröstend drückte Jo der Freundin die Hand. „Stell dir einfach vor, dass er euch sehen kann und über euch wacht.“
„Ja, das will ich ganz fest glauben. Ich denke, dass er es war, der dich mir geschickt hat, Jo. Deine Freundschaft bedeutet mir so viel. Ehe ich dich traf, war es wirklich schwer für mich. Und letzte Nacht wäre ich ohne dich wohl gestorben.“
„Ich konnte doch kaum etwas tun.“
„Aber du bist mir nicht von der Seite gewichen und hast mich immer wieder angefeuert, wenn ich dachte, ich kann nicht mehr. Ich liebe dich wie eine Schwester, Jo.“
„Ich dich auch“, sagte Jo warm. „Und nun musst du dich ausruhen, Liebes. Der Doktor sagt, du musst nach all der Anstrengung viel schlafen.“ Sie nahm Ellen das Kind ab und legte es in die Wiege neben dem Bett, während Ellen schon erschöpft in die Kissen sank.
Mit einem letzten besorgten Blick auf die Freundin verließ sie leise das Zimmer und beschloss, trotz des trüben Wetters ein wenig spazieren zu gehen. Gegen den scharfen Wind schützte sie ja nun der herrlich warme samtene Umhang, den sie mit einem feuchten Schwamm und einer Bürste wieder auf Hochglanz gebracht hatte. Nie zuvor hatte sie etwas so Schönes besessen, und besonders gut gefiel ihr das schwere Material, das so wundervoll fiel. Wenn sie ihn umlegte, kam es ihr vor, als ob sie eine andere Person würde, eine aufregende, sprühende Frau, die das Leben liebte und bereit war, für ihre Wünsche alles zu wagen.
Dicht in das weiche Pelzfutter geschmiegt, machte sie sich auf den Weg und genoss es, einmal wieder einen langen Marsch unternehmen zu können. Bisher hatte sie Ellen nicht allein lassen mögen, die natürlich aufgrund ihres Zustands nie weit gegangen war.
Durch das Tor in der Umfriedung verließ Jo den Garten des Cottages und ging mit ausgreifenden Schritten, bis sie in die Nähe des Herrenhauses kam. Eine Weile betrachtete sie den schönen alten Landsitz, der, wie sie wusste, Hals Großmutter gehört hatte, doch da sie ihn nicht unangemeldet aufsuchen wollte, kehrte sie schließlich um. Bis dahin war sie völlig unbefangen gewesen, doch auf dem Rückweg hörte sie immer wieder einmal etwas, ein Zweig knackte, welkes Laub raschelte, und als sie sich einmal jäh umdrehte, glaubte sie schemenhaft die Gestalt eines Mannes zu sehen.
„Wer ist da?“
Alles blieb still, sodass sie annahm, sie habe sich geirrt. Wer sollte ihr auch folgen wollen?
Der Mann beobachtete Jo auf ihrem Weg zurück zum Cottage. Also hatte er mit seiner Vermutung recht gehabt. Beverley hatte sie zu seinem Besitz gebracht und ihr sein Cottage zur Verfügung gestellt. Wenn das bedeutet, was ich glaube, bleibt nur die Frage, wie ich die Tatsache
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