Hochzeitsglocken zum Fest der Liebe
Gerechtigkeit.“
„Hätte ich ihn bloß umgebracht und fertig!“
„Damit ich dich verhaften müsste, Hal? Sei nicht dumm! Versprich mir, dass du dich in Zaum hältst, wenn man ihn freilassen sollte.“
„Wenn du mich darum bittest …“, murmelte Hal. „Ehrlich gesagt, stecke ich in einer verflixten Klemme und weiß keinen Ausweg.“
„Kann ich dir helfen?“
„Nein, weißt du, es ist eine Gewissensfrage. Ob ich meinem Herzen oder meiner Pflicht folgen soll.“
„Das ist hart. Dein Bruder ließ sich nicht einengen. Sollte dir nicht das gleiche Recht zustehen?“
„Gerade wegen meines Bruders fühle ich diese starke Verpflichtung. Aber lassen wir das, Jack. Ich bin so froh, dich mal wieder zu sehen! Komm, iss mit mir zu Abend, und erzähl mir von den alten Freunden.“
George war aufgetragen worden, in Lavenham Besorgungen für die Hauswirtschaft zu erledigen, also trennte Jo sich am Gasthof von ihm und machte sich zu Madame Susanne auf. Erfreut nahm die Modistin die Hüte entgegen und versicherte, sie werde sie gut verkaufen können, da sie schick, aber nicht zu extravagant für ihre Kundschaft seien. Ellens Werk allerdings – eine komplette Abendrobe, deren Mieder mit einem feinen Perlenmuster bestickt war – betrachtete sie zweifelnd.
Verzagt fragte Jo: „Gefällt es Ihnen nicht, Madame?“
„Nur selten sah ich eine feinere Arbeit. Mrs. Beverley kann gerne für mich arbeiten. Nur wegen der Stickerei und der edlen Perlen bin ich mir unsicher. Ich fürchte, für die Damen unserer ländlichen Gegend sind solche Gewänder zu extravagant. Wahrscheinlich wird es nicht ankommen. Miss Horne, Sie und Mrs. Beverley sollten sich in London niederlassen und einen eigenen Salon eröffnen, das wäre meine Empfehlung, denn ich bin absolut sicher, Sie hätten großen Zulauf.“
„Wie bitte …“, rief Jo verblüfft. „Aber das wäre doch ungeheuer kostspielig. Ich glaube, das könnten wir nicht schaffen.“ Sie wusste, sie würde Hal nur um ein Darlehen zu fragen brauchen, doch das ließ ihr Stolz nicht zu. Natürlich wäre es genau das Richtige für Ellen und sie: ein feines Ladenlokal in einer Stadt wie London oder Bath, wo die modische Welt sich traf, und eine hübsche Wohnung im oberen Teil des Hauses, doch es würde am Geld scheitern, also lieber gar nicht erst darüber nachdenken.
Betrübt verließ sie die Schneiderin, erledigte ihre eigenen Einkäufe und eilte dann zum Gasthof zurück, wo George auch gerade eintraf, sodass sie ohne weiteren Aufenthalt zurückfuhren.
Beim Einbiegen in die Auffahrt sah sie zu ihrem Erstaunen eine Reisekutsche neben dem Cottage stehen, ein offensichtlich kostspieliges Gefährt mit herrschaftlichem Wappen auf dem Schlag. Rasch ließ sie sich vom Wagen helfen, dankte George für seine Begleitung und eilte ins Haus. Mrs. Stowe schien sie schon erwartet zu haben und winkte ihr eifrig. „Seit über einer Stunde ist er mit Mrs. Beverley im Kleinen Salon. Aber sie hat nicht nach mir geschickt, und ich wage nicht hineinzugehen, denn als er eintraf, schaute er so finster.“
„Es ist Lord Beverley, nicht wahr?“, fragte Jo ein wenig ängstlich. „Nun, dann gehe ich besser hinein.“
Trotz Mrs. Stowes bedenklicher Blicke schritt sie stolz, mit hoch erhobenem Haupt zur Tür, klopfte kurz und trat ein, hielt jedoch ob des heimeligen Bildes, das sich ihr bot, verdutzt inne. Im Lehnstuhl beim Feuer saß ein großer Herr mit grauem Haar, in seinem Arm die kleine Mattie, die er sehr behutsam wiegte. Neben ihm stand Ellen und sah zärtlich lächelnd auf die beiden nieder.
„Guten Tag“, sagte Jo, langsam nähertretend. „Ellen, Liebes, ist alles in Ordnung?“
Ellen wandte sich nach ihr um. „Matties Großvater ist zu Besuch gekommen. Als du heute Vormittag fuhrst, war sie ja ein wenig unruhig und weinte immer wieder, deshalb nahm ich sie mit hierher in den Salon, doch stell dir nur vor, als Lord Beverley eintraf und sie aufnahm, hörte sie sofort auf!“
„Ja, wirklich erstaunlich“, sagte Jo, um weitere Worte verlegen. „Sie besitzen ein seltenes Talent, Mylord.“
Lord Beverley sah stirnrunzelnd auf: „Und Sie, junge Dame, sind …?“
Jo atmete tief ein, als sein kalter Blick auf ihr haftete. „Ich bin Josephine Horne, Ellens Freundin.“
„Also die, die ihr bei der Geburt des Babys half, wie ich hörte“, sagte er, doch seine Miene erhellte sich nicht. „Ich denke, ich schulde Ihnen Dank, da Ellen, wie sie mir versicherte, vielleicht ohne Ihren
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