Höchstgebot
diese Art muss ich mich nicht mehr beweisen. Ich bin nur eitel, was meine Erfindungen betrifft. Es ist viel einfacher. Die Scheherazade – c’est ma mère.«
Debriek wartete offenbar auf eine Reaktion Roberts. Aber nach diesem Tag wunderte ihn gar nichts mehr.
»Meine Mutter«, fuhr der Unternehmer fort, »hat Magritte 1947 Modell für die Scheherazade gestanden. Es war das wichtigste Ereignis in ihrem Leben. Sie erzählt heute noch davon. Bevor sie von uns geht, soll eines der Gemälde, die nach ihrem Vorbild geschaffen wurden, zu ihr zurückkehren. Und dafür, lieber Herr Patati, bin ich tatsächlich bereit, fast alles zu tun.«
Debriek brachte Robert bis zur Panzerglastür, die die Vorstandsetage vom Treppenhaus abschottete. Er reichte ihm die Hand und legte die andere tröstend auf Roberts Schulter. »Ich bin mir jetzt sehr sicher, dass Sie mir das nicht angetan haben.« Er machte eine kurze Pause, als müsste er über etwas nachdenken. »Aber vielleicht, Robert, vielleicht sind Sie benutzt worden. Das müssen wir herausfinden.«
7
Die Praxis lag im Erdgeschoss des Vorderhauses, direkt neben dem Durchgang zu Roberts Hinterhofhäuschen. Robert linste durch die Fensterscheibe. Das Wartezimmer war leer, aber es brannte noch Licht. Er klingelte. Kurze Zeit später öffnete Dr. Hohlstein höchstselbst die Tür.
»Ah, Robert. Mein Gott, siehst du furchtbar aus. Komm rein.«
Alex Hohlstein hatte das Haus vor zwei Jahren gekauft. Im ersten Stock wohnte er mit seiner Familie, im Erdgeschoss führte er eine allgemeinmedizinische Praxis. Seitdem hatte sich eine Freundschaft zwischen den Männern entwickelt, die allerdings nun auf eine erste Belastungsprobe gestellt würde.
»Der Wagen sprang dann einfach nicht mehr an und ich dafür in letzter Sekunde raus«, beendete Robert fünf Minuten später sein Geständnis, zu welchen Zwecken er den R5 geliehen hatte. Er atmete tief durch und griff nach dem Wasserglas, das Alex ihm hingestellt hatte.
»Und das Auto?«
»Liegt in Einzelteilen bei der Kriminaltechnik.«
Robert war auf heftige Vorwürfe gefasst. Aber Alex drehte sich nur leicht in seinem schwarzen Chefsessel hin und her.
»Da wird vermutlich keine Versicherung einspringen, was?«
Robert schüttelte den Kopf. »Diese Typen haben mir leider nicht ihre Versicherungskarte überreicht. Ich bezahl dir den Schaden natürlich. Aber um ehrlich zu sein, wird das ein bisschen dauern.«
»Mach mal den Oberkörper frei. Ich will dich untersuchen.«
Alex tastete vorsichtig Roberts Halswirbel und Nackenmuskulatur ab, fragte nach Schwindel und Übelkeit, wechselte mit Robert in den Röntgenraum und fertigte eine Aufnahme an.
»Exitus?«, fragte Robert, als sie wieder im Sprechzimmer saßen.
»Schleudertrauma, Robert, unzweifelhaft ein komplexes Schleudertrauma.« Er schwieg eine Weile, dann grinste er. »Ihr Patienten wollt ja immer einen Begriff hören, sonst glaubt ihr, der Arzt wäre ein unfähiger Depp. Darum haben wir uns so schöne Wörter wie ›Schleudertrauma‹ einfallen lassen. Darunter fällt dann alles, was als Unfallfolge im HWS-Bereich unspezifisch ist, aber massiv schmerzt. Ich würde sagen, du hast Glück gehabt. Ziemlich üble Verspannungen, aber keine Fraktur, soweit zu sehen ist. Um ganz sicherzugehen, solltest du morgen allerdings in der Klinik ein CT machen lassen.«
»Kannst du mir etwas gegen die Schmerzen geben?«
Alex ging an den Medikamentenschrank. »Ich gebe dir eine Packung Tramadol mit. Das ist das einzige Opioid, das nicht unter das Betäubungsmittelgesetz fällt. Nimm es trotzdem nicht zu lange, ja? Morgens und abends je eine Tablette. Und bei extrem heftigen Schmerzen nimmst du zusätzlich etwas von dem hier.« Er stellte eine Flasche vor Robert auf den Tisch.
»Was ist das?«, fragte Robert.
»Auch Tramadol , nur flüssig. Wirkt schneller. Aber halt dich an die Dosierung. Ich schreib sie dir auf die Verpackung.«
Als sie über den Flur zur Hintertür gingen, hielt Robert Alex die Hand hin. »Du kannst dich drauf verlassen, ich ersetze dir den Schaden.«
Alex winkte ab. »Vergiss es, der Wagen war eh am Ende. Aber Caro hat bald Führerscheinprüfung und ich hatte ihn ihr bis zum TÜV-Ende versprochen.« Er dachte nach. »Machen wir einen Deal: Du kommst für die Schäden auf, die ich erleide, wenn ich Töchterchen die schlechte Nachricht überbringe, okay?«
»Einverstanden, und wie?«
»Mit einem exquisiten Rotwein aus deinem Keller zum Beispiel.«
»Schön, dich zu
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