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Höchstgebot

Höchstgebot

Titel: Höchstgebot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hoeps/Toes
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Lachen schwang Selbstironie über seine eigene Wichtigkeit mit, so schuf er eine verschwörerische Atmosphäre, die sie zum Anbeißen verleiten sollte. Eine Strategie, die er jedoch gar nicht erst vor ihr zu verbergen suchte, ganz anders als der alte Borgsteel.
    Als er sich vornüber beugte, um Micky nachzuschenken, durchlief ein leichtes Zucken seine Schulter, als sei sein Jackett an der Stuhllehne festgeklebt und er müsse es erst losreißen. Roeder bemerkte ihren Blick und wurde sofort ernst.
    »Schaffst du das?«, fragte er. »Ich bin zu klug – oder wenn du willst zu alt –, um mir etwas vorspielen zu lassen, also sag es mir lieber gleich: Sagt dir dieser Doppelauftrag zu?«
    »Ich brauche mehr Informationen«, antwortete sie ausweichend.
    Carsten hob fragend das Kinn.
    »Hattest du schon Kontakt mit Ingrid?«, legte Micky los.
    Carsten schüttelte verärgert den Kopf. »Ja, aber das lief völlig schief. Unser Austausch beschränkt sich sowieso auf das Allernotwendigste. Dass es in unserer Familie keinen engen Zusammenhalt gibt, dürftest du ja schon mitbekommen haben. Meistens dient Jens Hinrichs als eine Art Verbindungsoffizier zwischen Roeder Ost und West .«
    »Woran wurde in der ausgebrannten Abteilung gearbeitet?«
    Carsten nickte, als fände diese Frage seine Anerkennung. »Ich nehme an, du bist nicht in die Geheimnisse der Biomechanik eingeweiht. Nun ja, ich auch nicht, aber ich habe natürlich von Berufs wegen damit zu tun. Einfach ausgedrückt, läuft es darauf hinaus, dass in Roeder West Modelle für Prothesen entwickelt werden, die Gliedmaßen ersetzen. Wenn diese serienreif sind, werden sie von Roeder Ost produziert. So läuft es seit Jahrzehnten. Direkt hier unter uns ist das Werk.« Er vollführte mit beiden Zeigefingern eine kokette Drehbewegung, als schwenkte er Fähnchen, und zeigte nach unten.
    Wieder fiel Micky auf, dass er bei dieser Geste verkappten Stolzes kurz ins Stocken geriet, als hätte er Mühe, Text und Bild miteinander zu verknüpfen.
    »In den vergangenen Jahren haben wir ein neues Forschungsgebiet erschlossen«, fuhr er fort. »Revalidisierungsroboter. Das sind quasi selbst denkende, äußerliche Skelette, die der Patient, vereinfacht ausgedrückt, über seine behinderten Gliedmaßen streift. Diese sogenannten Shells unterstützen einen Rehabilitationsprozess, für den man ansonsten ein, zwei Physiotherapeuten braucht. Nach den Einzelheiten musst du Ingrid oder ihren Stellvertreter Hinrichs fragen. Wir leisten Pionierarbeit, aber in Kürze lancieren wir die erste Produktlinie, zumindest, wenn der Brand nicht unsere Pläne vereitelt.«
    »Gibt es denn zu wenige Physiotherapeuten?«
    »Nein, bei uns nicht, jedenfalls bis jetzt nicht. Aber durch die Alterung der Gesellschaft sehe ich eine erhebliche Zunahme von Patienten auf uns zukommen, die nach einem Schlaganfall wieder lernen müssen, zu laufen oder ihre Arme zu benutzen. Augenblicklich zielen wir aber vor allem auf Länder ab, in denen um jeden Physiotherapeuten gekämpft wird. Kambodscha, Afghanistan, Kolumbien, Irak und Sri Lanka … Länder, in denen es für Kriegsopfer kaum medizinische Nachsorge gibt.«
    » Roeder ist also eine Art Rotes Kreuz?«
    »Nein, wir machen natürlich Gewinn«, antwortete er mit einem so ehrlichen Blick, dass Micky ihn sofort als Ergebnis eines intensiven Medientrainings deutete. »Wir sind keine Wohltätigkeitsorganisation … dafür gibt es die FAL , die Stiftung Fight Against Landmines , die die Roeder AG ins Leben gerufen hat, um sich unter anderem für ein vollständiges Verbot von Landminen einzusetzen.« Er schob einen Jackenärmel seines blauen Maßanzugs hoch und warf einen kurzen Blick auf seine Armbanduhr. Micky stellte fest, dass er sie am rechten Handgelenk trug. War das ein Symbol? Früher hatte sie ein bestimmtes Armband von links nach rechts gewechselt, wenn sie auf jemanden stand.
    »Wir besichtigen gleich mal den Betrieb«, schlug er vor. »Dann kannst du selbst sehen, was wir produzieren. Aber lass uns erst die weiteren Einzelheiten besprechen.«
    Er ging davon aus, dass sie sein Angebot annehmen würde. Richtig geraten. Natürlich würde sie den Job erledigen, so sicher wie das Amen in der Kirche. Nach dem Mondifra – Debakel war dieser Neustart ein Geschenk des Himmels.
    »Wie lange werde ich deiner Einschätzung nach ungefähr bei euch beschäftigt sein?«, fragte sie.
    »So lange es dauert – das hängt nur von dir ab. Auch bei der Vorgehensweise hast du freie Hand. Ich

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