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Höchstgebot

Höchstgebot

Titel: Höchstgebot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hoeps/Toes
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ob, mein Lieber. Er könnte zur Aufklärung des Magritte – Raubs beitragen.«
    »Inwiefern?«
    »Die Lütticher Kriminaltechniker haben das Hotelzimmer der Diebe komplett durchforstet und hinter dem Toilettenkasten eine Halskette mit einer alten Aachener Hundesteuermarke herausgefischt. Vermutlich hat sie jemand dort vor dem Duschen abgelegt und sie war über die Wölbung nach hinten gerutscht. Vielleicht gehört sie nur irgendwem, vielleicht aber auch einem der Täter.«
    Und dann erzählte sie ebenso farbenfroh von ihrem Telefonat mit dem Beamten wie Robert zuvor von Anouk van Bergs großem Auftritt. Nein, das stelle sich Katja wirklich zu leicht vor. Die Hundesteuerakten 1989 lagerten doch im Keller des Nachbargebäudes. Er könne nicht einfach mal eben seinen Platz verlassen, um dort hinzugehen. Außerdem sei der Azubi krank und der Abteilungsleiter im Urlaub. Sie könne frühestens, aber allerfrühestens, morgen Nachmittag kommen. Erst nachdem sie ihm eine Anzeige wegen Strafvereitelung im Amt angedroht hatte, ließ er sich doch noch gnädig zu einem verbesserten Angebot herab: »Also gut, heute nach halb vier, aber unbedingt vor viertel nach vier, denn dann muss ich nach Hause.«

14
    Katja hatte die linke Autobahnspur mit Blaulicht vom Berufsverkehr freigeräumt, um ihr Date mit dem Steuerbeamten nicht zu verpassen, und so stand Robert eine gute Stunde zu früh für sein eigenes Date an einer Bushaltestelle in der Nähe von Roeder Ost . Micky wollte ihn dort zu ihrem Abendessen in Maastricht abholen, denn sie durfte im Unternehmen nicht mit ihm zusammen gesehen werden.
    Als Robert sich leichtsinnig auf die unbequeme Sitzschale fallen ließ, spürte er wieder den stechenden Schmerz in seinem Nacken. Automatisch griff er nach den Tropfen in seiner Jackentasche, ließ das Fläschchen aber wieder zurückgleiten, als er sich an seine Visionen erinnerte.
    Blöderweise hatte er seinen iPod im Atelier liegen lassen. Er dachte an seine Schulzeit zurück und rechnete aus, wie viele Stunden seines Lebens er schon an tristen Haltestellen vergeudet hatte. Plötzlich riss ihn ein silberfarbener Mercedes aus seiner Trägheit, der einige Meter hinter der Haltestelle scharf abbremste und aufjaulend zurücksetzte. Das Seitenfenster glitt herunter.
    »Was machst du denn hier?«, fragte Carsten. »Hast du Zeit für einen Kaffee?«
    Es war beeindruckend mitzuerleben, wie Carsten durch das Unternehmen lief, Optimismus ausstrahlte, ein freundliches Wort für jeden hatte, aber dann in seinem Büro hinter der gepolsterten Tür vollkommen erledigt in den Sessel fiel und sich die Erschöpfung aus dem Gesicht zu reiben versuchte.
    »So schlimm?«, fragte Robert.
    Carsten nickte müde.
    Michael Delgado brachte Kaffee und Carsten spielte wieder den Sunnyboy, bis Delgado fort war.
    »Meine Kreditlinie wird nicht erhöht. Und das ist seit fünfzig Jahren unsere Hausbank! Sie will sogar bestehende Kredite auflösen. Wir sind erledigt.«
    »Aber ihr habt doch sicher Aufträge ohne Ende. Ich hab euch mal gegoogelt. In jedem Artikel über Prothesen wird Roeder erwähnt.«
    Carsten winkte ab. »Zahlen bedeuten nichts ohne Vertrauen. Diese Banker tun ja nur so, als folgten sie objektiven Kriterien. Aber tatsächlich handeln sie irrational. Gerüchte, Prognosen, Performanceerwartungen, sie sind nur dann glücklich, wenn du ihre Gier weckst. Ich habe sie immer von unseren Ideen überzeugen können, aber jetzt kann ich erzählen, was ich will – es interessiert sie nicht einmal mehr, dass ich mein Privatvermögen reinstecke –, am Ende fragen sie nur, ob meine Schwester ihre herumliegenden Millionen investieren wird. Was soll ich da sagen?«
    »Aber Ingrid muss doch sehen, dass das in ihrem eigenen Interesse ist? Sie ist doch Teilhaberin. Und es ist ihr Arbeitsplatz. Was steckt dahinter, Carsten?«
    Robert musste eine Weile warten, bis sein alter Studienfreund endlich zu reden begann. Eine Dreiviertelstunde lang ließ er heraus, was er so lange in sich begraben gehalten hatte.
    Wie er, der Sohn der Industriellenfamilie, in der Schule gehänselt wurde, dass ein reicher Krüppel sich alles Mögliche kaufen könne, aber eben keinen Arm. Wie er sich immer mehr zurückzog, in Bücher verkroch, sich für expressionistische Kunst interessierte, die sein Großvater gesammelt hatte, und schließlich bei den Surrealisten seine Helden fand. Denn die feierten das, was nicht sichtbar war, aber doch Teil der Realität. So wie Carstens verlorener Arm unsichtbar

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