Höchstgebot
dem Turm des Mönchengladbacher Museums Abteiberg begonnen, wo Robert ihr argentinischen Rotwein und Beemster serviert hatte.
Sie traten ein und wurden freundlich begrüßt. Die erste Frage aber lautete: »Sie haben reserviert?« Robert schüttelte den Kopf und wies fragend in den Raum, in dem nur drei Tische besetzt waren.
Die Empfangsdame sah sie beunruhigt an und verschwand in der Küche. Während Robert noch überlegte, ob sie nun den Koch fragen würde, was er für unerwartete Gäste aus Resten zaubern könnte, kehrte sie schon geschäftigen Schrittes zurück und führte sie in einen beinah klösterlichen Innenhof.
Als sie von der Küche mit drei außergewöhnlichen AmuseBouches begrüßt wurden, wurde ihnen allmählich klar, dass sie in einem Sternerestaurant gelandet waren, und Micky musste sich zwingen, nicht heimlich ihr Geld nachzuzählen.
Lange genossen sie schweigend den Sommerabend in diesem Refugium, das Essen und den Grauburgunder des Maastrichter Weinguts Apostelhoeve.
Dann bekannte Micky, auf der Stelle zu treten. Sie hatte vergeblich versucht, mehr über die Brandstifterin Sybille Wenger herauszubekommen. Ihre einzige Chance lag nun darin, die Wohnung der Toten zu durchsuchen und mit Angehörigen zu sprechen. Aber wie sollte sie das tun, ohne polizeiliche Macht oder wenigstens mit einer vernünftigen Legende im Rücken. Dass Carsten sie als Pyrotechnik-Expertin eingeführt hatte, machte sie ermittlungstechnisch zu einer lame duck.
»Wenn ich richtig verstanden habe, war diese Sybille Wenger die linke Hand von Ingrid Roeder?«, fragte Robert.
»Kann man so sagen.«
»Ingrid Roeder lässt ein Gemälde versteigern, das später geraubt wird. Fast zur selben Zeit wird ihr Labor von einer ihrer engsten Mitarbeiterinnen in Brand gesteckt. Das wird wohl kaum Zufall sein, oder?«
»Du willst sagen, Sybille litt so unter dem Verkauf des Magritte, dass sie das pyromanisch verarbeiten musste?« Micky lachte. »O Robert, dir Kunstjunkie würde ich das ja vielleicht noch zutrauen, aber einer Wissenschaftlerin?«
»Patati Patata!«, rief Robert grinsend aus. »Welcher Zusammenhang zwischen dem Brand und dem Raub besteht, muss schon mein Dreamteam herausfinden. Du und Katja, ihr könnt einander helfen. Ich rufe sie an. Sie soll dich als externe Spezialistin an Bord holen.«
»So funktioniert Polizei nicht.«
»Aber Katja funktioniert wie Katja.« Er griff zum Handy.
»Katja«, sagte er und dann einige Zeit nichts mehr. Ein erstes ungläubiges »Nein« aus Roberts Mund ließ Micky aufhorchen. Dann ein paar verständige »Hms« und schließlich die ersten vollständigen Sätze. »Lass dir nicht den Abend verderben. Warten kannst du auch gemeinsam mit uns in diesem wunderbaren Restaurant. Ich schicke dir die Adresse per SMS. – Na komm, das wird dir guttun.«
»Sie soll vorher zum Geldautomaten gehen«, flüsterte Micky, »ich bin zu undercashed für eine weitere Einladung.«
Robert winkte ab. »Und lass dein Geld zu Hause. Heute ist Internationaler Tag der Ketteneinladung. Ich schlemme hier auf Mickys Kosten und brauche jetzt selbst einen Gast.«
»Dicke Luft im Aachener Steueramt«, sagte Robert, nachdem er aufgelegt hatte. »Dieser Beamte, zu dem Katja vorhin fuhr, hat ihr frech ausrichten lassen, dass die benötigte Akte unauffindbar wäre. Gerade holen ihn zwei Polizisten aus seiner Gartenlaube ab, damit er noch mal genauer nachguckt. Katja kommt jedenfalls gleich hierher und dann wird sie dir etwas über deine Brandstifterin erzählen.«
»Erstes Gebot: Spann eine alte Freundin niemals auf die Folter!« Micky zog die Stirn kraus.
Robert nickte nachgiebig. »Sie war schwanger.«
»Sie war was?«
»Dr. Sybille Wenger war schwanger, schätzungsweise Anfang des vierten Monats. Die Obduktion ist zwar noch nicht abgeschlossen, aber das wissen sie schon.«
Micky sah in den Abendhimmel. »Die Menge an Brandbeschleuniger war immens. Warum zum Teufel legt eine Schwangere ein dermaßen großes Feuer? Beziehungsprobleme? Aber soviel ich weiß, war sie solo.«
»Wir sollten nicht vergessen, dass Ingrid durch den Brand die Chance hat, die Roeder AG in die Hand zu bekommen.«
»Sagt Carsten.«
»Ist ein Fakt«, beharrte Robert.
»Mit dreiundvierzig Millionen hätte sie auch so Chancen genug gehabt.«
»Mit gut fünfunddreißig Millionen, das Auktionshaus hat auch ein paar Euro an dem Verkauf verdient.«
»Peanuts«, sagte Micky. »Brüderchen und Schwesterchen scheinen mir allmählich reif für eine
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