Hoehenrausch und Atemnot - Mein Weg auf den Kilimandscharo
ohne großes Pathos und meint damit seine Förderarbeit durch Stiftungen, die mittlerweile zweihundertfünfzig Kindern den Schulbesuch, den Aufenthalt im Hort, die Flucht aus den Armenvierteln ermöglichen. »Wenn ich unten bin und sehe, wie die da leben, dann begreife ich etwas vom ›Mehr-Wert‹ der Kili-Touren. Ich will da etwas für die Menschen investieren«, fügt er leise und ohne große Geste hinzu.
Ein Interview
Und dann sitzen wir zusammen auf einer Bank. Nein, der Kilimandscharo ist nicht zu sehen - und ich brauche schon ein Foto vom Berg, um Hubert Schwarz einige Erinnerungen zu entlocken:
Johannes Was geschieht bei dir, wenn du ihn siehst?
Hubert Wenn ich zurückdenke, habe ich so viele Erlebnisse mit ihm. Es überwiegt das Positive, vor allem, wenn ich an die Menschen zurückdenke. Begegnungen mit den tansanischen Führern und den Trägern, ihrer Fürsorge, wie sie sich um uns bemühen. Begegnungen mit Afrikanern, die aus einem ganz anderen Kulturkreis kommen - und dann die Besucher aus dem Ausland?
Wir haben oben auf der obersten Etappe Leute mit Halbschuhen gesehen, die hochgekommen sind, obwohl man es eigentlich gar nicht laut sagen dürfte. Träger, die in Badeschlappen und kurzen Hosen bis zur Kibo-Hütte hochgegangen sind, und andere, die schon auf 2700 Meter so ausgestattet sind, als wollten sie die Arktis durchqueren. Ich habe den Berg erlebt, als es richtig geregnet hat - nicht unten im Regenwald, sondern am Berg, wie die Rinnsale zu richtig reißenden Bächen wurden und wir abbrechen mussten. Ich dachte, der Berg kommt augenblicklich runter. Wenn alles so weich wird, und du denkst, es kommen gleich Schlammlawinen. Und die Guides in so einer Wettersituation? Ich habe den Remidy erlebt, wie er über Nacht die nassen Klamotten der Wanderer über einem Gaskocher zu trocknen versucht hat. Das war so etwas an Fürsorge, wie ich es niemals erwartet hätte. Wir haben Träger gehabt, die sich in der Nacht verlaufen haben; und alle, wirklich alle sind losgegangen, um sie zu finden.
Johannes Und um auf den Kili hochzukommen, empfehlt ihr gerade den Älteren als Vorbereitung den Mount Mero. Was geschieht da - was ist da anders als am Kili?
Hubert Die Erlebnisse am Mount Mero! Da gibt es Großwild, und als mal ein Wanderer nachts gegen halb vier zur Toilette musste, stieß er auf eine Giraffe, die gerade von einem Baum fraß. Insgesamt für mich fast alles schöne Erinnerungen, die schlechten habe ich meist schnell vergessen.
Johannes Gab es auch schlimme Erlebnisse, an die du dich erinnerst?
Hubert Dramatisch war es, als ich mit einer Gruppe abbrechen musste. Da hatte ich für mich entschieden, ich bringe die Gruppe in eine zu große Gefahr, wenn oben Dauerregen ist. Sicher kann man auch im Regen laufen, aber wir hatten als besonderes Problem, dass einige in der Gruppe ziemlich übergewichtig waren. Was ich nicht wusste, war, dass unsere Abstiegsroute durch die Wetterlage extrem gefährlich geworden war - alles war rutschig. Wir mussten über eine fünf bis acht Meter hohe Steilwand runter, am Felsen entlang. Nur im Team ist es uns gelungen, den einen Teilnehmer unverletzt nach unten zu bringen. In so einer Situation ist es gut, wenn man selbst den Berg schon zwanzig Mal bewältigt hat; dann weiß man: Jetzt ist Schluss.
Johannes Und wie sieht es mit der unternehmerischen Überlegung aus, einen möglichst hohen Prozentsatz der Menschen, die sich dir anvertraut und schließlich ja auch dafür bezahlt haben, erfolgreich auf den Gipfel zu bringen?
Hubert Es kann nicht mein verbohrter Gedanke sein, sie um alles in der Welt da hochzubringen. Es gibt auch natürliche Grenzen. Dem einen fällt der Weg leicht, der andere kommt rasch an sein Limit. Auch ich als Extremsportler, der gewöhnt ist, für sich über die Grenzen hinauszugehen, weiß, dass ich in meiner
Verantwortung für andere nicht von meiner Situation ausgehen darf. Eine gute Vorbereitung und die richtige Ausrüstung helfen da schon viel. Das größte Problem ist, dass viele mit dem Bewusstsein hingehen, da kommt doch eigentlich jeder hoch! Das führt dazu, dass sie den Berg unterschätzen und zu schnell angehen. Ein Erfolg für mich? Nein, ich will mich hier nicht zum Reiseleiter entwickeln, dann könnte ich mühelos jede zweite Woche hier sein.
Johannes Was sagst du einem alten tansanischen Bergführer, wenn er dir sagt, eigentlich gehört der Berg gar nicht uns, sondern unseren Göttern?
Hubert Gut, das ist der Glaube der Menschen
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