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Höhlenangst

Höhlenangst

Titel: Höhlenangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Lehmann
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abgeschossen, erschlagen oder vergiftet, waren unter unsäglichen Verrenkungen zusammengesunken und hatten zuckend und kullernd ihr Leben ausgeröchelt.
    »Also«, informierte mich Janette. »Dein Staatsanwalt steckt mittendrin! Viel wollte mir der Pressesprecher der PD Reutlingen nicht verraten, um die Ermittlungen nicht zu gefährden. Aber so viel doch: Dein Richard hatte zu beiden Kontakt, zu Haugk und Winnie. Es ist sein Han dy, das aus der Mondscheinhöhle. Und sie sind da offenbar einer ganz großen Sache auf der Spur: Bestechung, Betrug.«
    Janettes Hinterbacken gefielen mir auf einmal gar nicht mehr. Im Suff hatte sie Richard gestern an die Polizei verraten. Plötzlich hatte ich den Eindruck, dass es ihr nicht herausgerutscht war.
    »Wenn das so ist, muss ich nach Stuttgart«, erklärte ich.
    »Wieso?« Janette kniff Missmut in ihre spitzen Mundwinkel. »Ich dachte, wir –«
    »Ich muss Richard helfen.«
    »Und wie, bitte schön?«
    Ich hatte keine Peilung. Ich wusste ja nicht einmal, was die Nachricht bedeutete, die er mir auf meinem Han dy hinterlassen hatte. »Janette, versteh doch. Er sitzt im Gefängnis!«
    »Aus gutem Grund, wie es scheint.«
    »Kann sein, dass er gevierteilt gehört, weil er ein Mann und darum ein Idiot ist, Janette. Aber er hat keinen Menschen umgebracht.«
    »Wie kannst du da so sicher sein?«
    »Nur weil du nicht an deinen Hark glauben konntest, muss ich meinem Staatsanwalt nicht auch misstrauen.«
    »Wirfst du mir etwa vor, dass ich meinen Job gemacht habe? Als Journalistin musste ich objektiv berichten.« Janettes Stimme begann zu trillern. »Man darf niemanden vorverurteilen, weißt du, aber man darf ihn auch nicht voreilig freisprechen.«
    Zum ersten Mal ging mir auf, dass Janette damals eine Pressekampagne gegen Hark losgetreten haben könnte.
    Glücklicherweise platzte Laura in unser Küchengespräch und rief: »Bei Frau Kerner ist ein Einbrecher, glaube ich. Und jetzt wird sie ermordet!«
    »Was?« Janette sprang auf.
    »Ja, die Balkontür steht offen, und man hört spitze Schreie.«
    Den Schlüssel greifen und aus dem Haus stürzen war eins. Janette rannte um die nächste Straßenecke. Ich hinterher. Lauras Klassenlehrerin wohnte fünfzig Meter eine Stichstraße zum Wald hinauf, die soeben, locker in den Knien, Bodo Schreckle herabkam, das Gesicht unter dem Greisenschopf gerötet von Wind und Sonne.
    »Nicht so hastig, die Damen.«
    »Bei Mirjam soll eingebrochen worden sein!«, stieß Janette keuchend hervor.
    »Ach?« Bodo wandte sich zum nächsten Haus um und blickte die dreistöckige Fassade hinauf. »Die Balkontür steht offen. Das ist wahr. Aber ihr Auto steht doch vor der Tür. Sie ist also wahrscheinlich zu Hause.«
    Also wohnte Mirjam im ersten Stock.
    »Laura will spitze Schreie gehört haben«, sagte ich.
    »Laura!« Janette blickte sich um. »Wo bist du? Warte, wenn ich dich erwische!«
    Ich suchte mir in der Latte der drei Schilder am Torpfosten den Namen Kerner aus und klingelte. Nach einer Weile knisterte die Gegensprechanlage. »Ja?«, meldete sich eine dünne Stimme.
    »Hallo, Mirjam. Ich bin’s, Janette. Alles okay?«
    »Ja, äh … Was ist? Ich bin gerade in der … äh … der Badewanne. Ich zieh mir nur kurz was über. Fünf Minuten, ja?«
    Ich schob den Ärmelbund von der Funduhr. Drei nach halb zwölf.
    Bodos Blick flackerte nicht. »Wem das Fahrrad wohl gehört?«, überlegte er laut und deutete auf einen Reifen, der hinter der Hausecke hervorlugte.
    Florian war heute früh mit seinem Rad ins Geschäft gefahren. Aber es war ohnehin nicht Florians Rad. Es war knallrot und besaß noch weniger straßenverkehrsordentliche Ausstattung als Florians, weder Schutzbleche, Klingel noch Lampen, nur die blanken Hörner der Bergräder am Lenker und jede Menge hellen Kalkschlamms am Rahmen.
    »Kommt mir irgendwie bekannt vor«, bemerkte Bodo. Mir kam es auch bekannte vor, aber ich kam nicht drauf.
    Wir kehrten vors Haus zurück. Fünf Minuten waren lang, wenn man auf der Straße wartete. Und der Balkon war in der Tat verhältnismäßig einladend für Einbrecher, denn die Leute, die unten wohnten, hatten einen stabilen hölzernen Sichtschutz mit kreuzweise genagelten Latten an ihre Terrasse gebaut.
    »Darf ich um eine Räuberleiter bitten, Herr Schreckle?«
    »Sie werden doch nicht!«, sagte Bodo, faltete aber sofort seine Hände als Tritt für meinen Fuß. »Nachher holen die Nachbarn noch die Polizei!«
    »Umso besser. Gefahr im Verzug!«
    Schreckle wackelte ein

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