Höhlenwelt-Saga 02 - Leandras Schwur
in ihrem Gefängnis in Guldors Hurenhaus schmachteten, nach Kräften zu trösten und zu beruhigen versucht. Und sie hatte rasch eine Zuneigung zu ihr entwickelt, wie sie sie nur noch für Cathryn empfand. Jetzt, da Leandra wusste, dass Alina noch lebte, konnte sie sie einfach nicht im Stich lassen. Außerdem hatten sie damals gemeinsam diesen Schwur geleistet, und Leandra erinnerte sich noch gut an den Tag, da es sie die Freundschaft von Hellami hätte kosten können, wenn sie ihr nicht klar bestätigt hätte, dass sie sich an den Schwur gebunden fühlte. Nein - es musste etwas geschehen!
Gegen Mittag hatte sie den Schweinestall der Soldaten wieder einigermaßen in Ordnung gebracht. Als die Ersten von ihnen in die Unterkünfte zurückkehrten, beeilte sie sich davonzukommen. Sie hatte Anrecht auf eine Pause zum Mittagessen. Mutter würde das Essen schon fertig haben; Leandra sollte frisches Brot vom Krämer mitbringen.
Sie verließ eilig die Holzbaracke, die am Südostende des Angadoorer Siebenplatzes errichtet worden war, und lief über den Platz zu Tennos Laden, einer kleinen Gemischtwarenhandlung, der einzigen, die es in Angadoor gab. Doch als sie über das Gras des Platzes lief und die kleinen Stege der sieben winzigen Wasserläufe des Siebenbaches überquerte, wurden ihre Schritte unwillkürlich langsamer. Sie hätte nicht sagen können, was ihr so plötzlich den Eindruck vermittelte, dass etwas nicht in Ordnung war.
Vielleicht waren es die Blicke der Leute oder ihre Bewegungen; oder jene unbestimmbare, bedrohliche Atmosphäre, die sich plötzlich über das Dorf zu legen schien. Sie blickte verunsichert umher, konnte aber nichts Besonderes entdecken. Um sie herum herrschte die übliche Geschäftigkeit; die Leute gingen zum Mittagessen nach Hause.
Dann erreichte sie Tennos Laden, und als sie die Tür aufstoßen wollte, sah sie es. Fremde Männer waren gekommen.
*
Es waren mehr als ein Dutzend, allesamt in dunkle Gewänder gekleidet.
Allein das Wort, das sich die Leute zuflüsterten - Duuma -, hatte einen bedrohlichen, hässlichen Klang.
Leandra hatte bisher kaum Leute von der Duuma gesehen. Man wusste jedoch, dass sie lange, dunkle Gewänder und gefährliche Blicke trugen; dass sie kein Lächeln und keine Vergebung kannten, dafür aber eine Menge unschöner Methoden, Leute zu verhören und zu verängstigen. Es gab Gerüchte über Verschleppungen ganzer Familien, und es hieß, man habe manche von ihnen später an abgelegenen Orten wieder gefunden -grausam gefoltert, verstümmelt und zu Tode gebracht. Die Duuma war an die Stelle des aufgelösten Cambrischen Ordens getreten - dem einst Munuel angehört hatte und letztlich auch sie selbst. Was aber die Duuma genau war, wusste keiner. Vielleicht so etwas wie eine Art Geheimpolizei.
Offiziell war die Duuma, wie Leandra wusste, die Nachfolgerin der Magiergilde. Nur wer zur Duuma gehörte, durfte heute noch Magie ausüben, und die Duuma hatte ihren Sitz in Savalgor. Zu ihr zählten noch weitere Ordenshäuser in Städten wie Usmar, Tharul oder Soligor. Das bedeutete, dass es nirgendwo sonst im Land ordentliche Magier gab; der Status des Dorfmagiers war somit praktisch erloschen.
Zusätzlich bestand die Duuma nicht allein aus den ihr zugehörigen Magiern, sondern noch aus einem kleinen Heer von Ordenssoldaten. Wann immer ein Duuma-Quästor zu einer Mission aufbrach, wurde er von zweien oder dreien seiner Ordensbrüder sowie einem kleinen Trupp Ordenssoldaten begleitet.
Und genau um einen solchen Trupp schien es sich hier zu handeln.
Sie waren überall verteilt, sprachen die Leute an und schienen Fragen zu stellen. Leandra überkam die heiße Vorahnung, dass dies Hellamis Verfolger sein könnten. Schnell wandte sie sich um und betrat Tennos Laden.
Der Tag war sehr warm und helle Sonnenstrahlen drangen durch die Sonnenfenster in die Welt herab. In Tennos Laden jedoch war es, wie immer, dunkel und kühl. Leandra nickte zwei Nachbarinnen zu, die, mit Einkaufskörben bewaffnet, leise miteinander tuschelnd darauf warteten, bedient zu werden. Leandra warf einen Blick durch das halbblinde Fenster und sah draußen einen hoch gewachsenen, dürren Mann in dunklem Mantel, der unweit des Ladens bei zwei weiteren Männern stand und mit ihnen redete. Sie überlegte, ob sie nicht lieber rasch nach Hause laufen sollte, um ihre Eltern und Hellami zu warnen. Aber dabei mochte sie am Ende einem der Kerle in die Arme laufen und ausgefragt werden. Hier drin schien sie für
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