Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor
dem man sicher vor Störenfrieden und Beobachtern war. Wahrscheinlich hatte man zuerst den Dämon ins Diesseits gerufen, und das allein, das konnte Munuel bestens beurteilen, musste ein gewaltiger Akt gewesen sein. So etwas konnte man nicht eben mal an der nächsten Wegabzweigung, unter den drei Liebeslinden abhalten. Das Echo im Trivocum würde über weite Strecken für jeden Magier deutlich zu vernehmen sein. Nein, sie hatte vollkommen Recht - die Gemäuer einer stark befestigten Burg waren der ideale Ort dafür. Man konnte während der Herbeirufung andere Magier dafür sorgen, dass die Erschütterungen sich in Grenzen hielten, und es gab auch keine unliebsamen Zaungäste.
Dass die Jambala nicht in ihre Scheide zurückwollte, legte Leandra als ein beunruhigendes Zeichen aus. Das wiederum konnte Munuel nur unvollkommen beurteilen, aber in diesem Punkt traute er Leandras Gefühl.
Nun kam es darauf an, was Victor zu sagen hatte. Mochte sein, dass er die Geschichte mit den drei Reitern nur erfunden hatte, um ihn und Leandra dazu zu bringen, ihn aus dem Kerker zu befreien. Aber es war auch möglich, dass er dazu beitragen konnte, das Bild zu vervollständigen. Und in diesem Fall hätten sich die Dinge schon viel weiter entwickelt, als Munuel es für möglich gehalten hätte.
War am Ende Lorin von Jacklor in diesem Spiel eine Schlüsselfigur? Wieder einmal traf Munuel auf eine Sache, die er vor Zeiten schon hätte aus der Welt schaffen können. Vielleicht hätte er den Yhalmudt damals doch lieber Ötzli überlassen sollen. Er stolperte nun zunehmend über die Überbleibsel seiner eigenen Unzulänglichkeit.
Nachdem der letzte Dämon vertrieben war, hatte er sich nach Angadoor zurückgezogen - in der irrigen Hoffnung, dass alle Probleme damit aus der Welt geschafft waren. Er hatte auch die Sache mit von Jacklor nicht weiterverfolgt - teils aus Scham, teils deswegen, weil ein viel turbulenteres Leben hinter ihm lag, als er es sich jemals gewünscht hatte. Er wollte seine Ruhe haben nicht mehr als ein guter Dorfmagier sein.
Nun musste er die Dinge wieder in Ordnung bringen. Deswegen wollte er auch die Canimbra unbedingt wieder finden. Er hatte eine Schuld zu begleichen, die er nur mithilfe einer wirklich mächtigen Waffe aus der Welt schaffen konnte. Nur hatte er fatalerweise seinen Gegner gewaltig heranwachsen lassen. Und nun nahm er auch noch dieses Kind mit in den Kampf. Wenn ihr etwas geschehen würde, dann trug er allein die Verantwortung dafür. Es gab Gründe genug, in dieser Nacht schlecht zu schlafen.
Erst gegen Morgen schlief er tief und erschöpft ein. Als Leandra ihn weckte und die Helligkeit schon kräftig durch die Ritzen zwischen den Brettern der Scheunenwände glitzerte, fühlte er sich kaum ausgeruhter als am Abend zuvor.
Die Scheunentür war geöffnet. Draußen saß Victor in Decken gehüllt auf dem hellgrünen Gras und schlürfte aus Leandras Blechtasse irgendein dampfendes Getränk, das sie bereitet hatte. Munuel schnaufte. Sie waren wirklich ein netter Verein. Eine frühreife Jungmagierin, ein völlig erschöpfter Sträfling und ein alter Mann, der mehr Schuld mit sich herumtrug, als er je wieder gut machen konnte.
Er rappelte sich hoch und stapfte durch das Stroh hinaus. Die Sonne blendete ihn, und er überschattete die Augen. Wenigstens schien heute ein schöner Tag anbrechen zu wollen.
»Was ist mit dir, Munuel?«, fragte Leandra. »Du siehst schrecklich aus!«
»Danke, mein Herz. Ich fühle mich auch so. Ich habe kaum geschlafen.« Er hätte beinahe gesagt, dass er am liebsten zurück in Angadoor gewesen wäre, aber sein Gewissen sandte ihm rechtzeitig eine Warnung zu.
Er ließ sich gegenüber Victor ins Gras fallen. Leandra reichte ihm die zweite Blechtasse. Zwischen ihnen brannte ein kleines Feuer, beißender Rauch stieg davon auf.
Munuel wedelte den fast unsichtbaren Qualm davon. »Na, wie geht es dir?«, fragte er den jungen Mann.
»Danke, schon besser«, antwortete Victor.
Sein Blick war wieder klarer, er schien aber noch immer sehr schwach zu sein.
Vor Munuels geistigem Auge entstand eine Karte von Akrania und der angrenzenden Westreiche. Gedanklich maß er ihren jetzigen Standort und fuhr dann mit einem geistigen Finger nach Nordwesten, über Lakkamor, Mittelweg und Tharul hinweg bis zur weiten Tharuler Senke und dem dahinter beginnenden riesigen Mogellwald. Dahinter lag der große Mogellsee und an seinem nordwestlichen Ende die Ishmar-Fälle.
»Wir werden zuerst nach Lakkamor
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