Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor
über das Trivocum zuleitete. So etwas gab es schon seit vielen Jahren nicht mehr. Ich weiß nicht recht, ob ich sie wirklich glauben soll.«
»Und?«
»Die Herrscherfamilie ist tot.«
Munuel verzog das Gesicht zu einer Grimasse. »Was sagt Ihr da ...?«
Tharlas nickte. »Ja, Ihr habt richtig gehört. Die Familie des Shabib gibt es nicht mehr. Der Shabib selbst, seine Gattin, seine Kinder und sogar alle Enkelkinder sind tot. Neun Personen. Sie wurden vor nicht ganz einer Woche ermordet.«
Munuels Herzschlag setzte für einen Moment aus. »Wie? Die ganze Herrscherfamilie ...? Ermordet? Aber ... das ist doch völlig unmöglich!« Munuel rang um Fassung. »Der Palast von Savalgor ist der bestbewachte Ort von ganz Akrania! Wie will eine Mörderbande neun Personen umbringen, die von Dutzenden von Leibgardisten bewacht sind? Wie sollte sie an der Palastgarde vorbeikommen?«
»Magische Kräfte«, sagte Tharlas kalt.
Munuel fühlte, wie ihm eine eiskalte Klaue das Rückgrat heraufkroch. »Magie?«, fragte er fassungslos. »Das bedeutet ja ...«
Tharlas nickte. »Ja. Es gab ein gewaltiges Gemetzel im Palast. Die halbe Palastgarde soll dabei umgekommen sein.«
Munuel verkrampfte sich. Er fragte sich, ob Tharlas ihn angreifen würde. Wenn er sich recht erinnerte, genoss der Gildenmeister der Phygrier einen beachtlichen Ruf als Magier.
»Hört mich an, Tharlas! Das kann nicht die Wahrheit sein ...«
Ein spöttischer Ausdruck erschien in Tharlas' Gesicht. »Das Cambrische Ordenshaus soll hinter dem Überfall stecken«, sagte er mit scharfer Stimme. »Niemand sonst in ganz Akrania könnte so viel Macht aufbringen!«
Munuel fühlte sich, als habe ihm jemand alles Blut aus den Adern gepresst. Verzweifelte Gedanken schössen durch sein Hirn. Wie konnte er Tharlas den Wahnwitz dieses Verdachts ausreden - dieser Tat, die zweifellos ein Werk der Bruderschaft von Yoor war!
Tharlas erhob sich und deutete mit einem anklagenden Zeigefinger auf Munuel. »Und Ihr, Bruder Munuel, seid der Drahtzieher und Anführer! Mehrere Augenzeugen haben Euch gesehen, als Ihr den Shabib umbrachtet!«
Munuel versteifte sich, als würde er den Schlag des Henkerbeils erwarten.
Als dann aber der spöttische Ausdruck aus Tharlas' Gesicht nicht wich, als er keine Anklage darin zu lesen vermochte - nur Spott, der offenbar nicht einmal gegen ihn gerichtet war -, begriff er langsam, was Tharlas meinte.
»Ich...«, stammelte er unsicher, »also... vor etwa einer Woche? Dann könnte ich ja ... nun, ich könnte heute unmöglich hier sein, nicht wahr? Es sind, nun, etwa vierzehn Tage von hier nach Savalgor, oder?«
Tharlas nickte knapp, ließ sich auf seinem Stuhl nieder und blieb aufrecht und mit auf der Tischplatte geballten Fäusten sitzen.
Munuel entspannte sich, wenn auch nicht völlig. Er war ganz offensichtlich entlastet, aber die Meldung über diesen ungeheuerlichen Mord an der Herrscherfamilie schwebte nach wie vor wie ein gewaltiges, drohendes Schwert über ihnen im Zimmer. Wenn dies wirklich der Wahrheit entsprach, und Munuel zweifelte nicht mehr daran, dann blieb nicht mehr viel Zeit, etwas zu unternehmen.
»Dann glaubt Ihr also nicht...«, fragte er zögernd, »dass das Cambrische Ordenshaus dahintersteckt...?«
Tharlas schüttelte energisch den Kopf. »Hätte ich das wirklich jemals glauben können«, sagte er entschlossen, »dann hätte ich Euch zusammen mit ein paar Magiern hier empfangen und Euch auf der Stelle durch ein Aurikel so klein wie ein Nadelöhr ins Stygium gequetscht!«
Munuel schenkte ihm ein schiefes Grinsen. Sie wussten beide, dass so etwas nicht möglich war. Aber es drückte Tharlas' Entschlossenheit aus, oder besser, seinen Unglauben, dass die Cambrier hinter diesem un-fassbaren Meuchelmord stecken könnten.
»Als mir der Adept Ulric Euren Namen nannte und sagte, Ihr stündet vor unserer Tür«, erläuterte Tharlas, »war es nur noch die Frage, mich davon zu überzeugen, dass Ihr tatsächlich Munuel seid, um diese irrwitzige Anschuldigung über Bord werfen zu können. Die Cambrier als Meuchelmörder der Shabibfamilie? Das ist aberwitzig!«
»Seid Ihr sicher, dass die gesamte Familie der Shabibs tot ist? Ich meine ... kein einziger Überlebender?«
Tharlas schüttelte den Kopf. »Soweit ich weiß, nicht!«
Munuel schnaufte. Was hatte das zu bedeuten? Eigentlich konnte es nicht sein, dass Limlora ebenfalls umgekommen war.
Tharlas beugte sich vor. »Ich habe den unbestimmbaren Verdacht, Bruder Munuel, dass Eure
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