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Höhlenwelt-Saga 5 - Die Schwestern des Windes

Titel: Höhlenwelt-Saga 5 - Die Schwestern des Windes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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dem Rücken befestigt hatte. Es war das erste Mal überhaupt, dass ihm dies wie aus einer Bewegung heraus gelang. Seine >Männerfreundschaft< mit Jacko hatte ihm diese Technik beschert: die grimmige Zuneigung des großen Mannes und erfahrenen Kämpfers, der sich eingebildet hatte, seinen jüngeren Schützling für den Kampf stählen zu müssen. Er hatte Victor in Malangoor so manchen Tag geschunden und ihn mit seiner überlegenen Körperkraft und Härte dazu gezwungen, sich zu wehren – so lange, bis Victor aus reiner Wut heraus versucht hatte, Jacko eins zu verpassen. Und es war ihm sogar gelungen – zuletzt immer häufiger. Nun endlich zahlte sich die Plackerei aus. Victor zog mit Wucht sein Schwert durch und hackte dem Drakken einen Fuß und die Schwanzspitze ab. Die Bestie heulte auf und fiel zu Boden.
    Augenblicke später wummerte ein Schuss neben ihm in den Steinboden. Bevor er die Orientierung wiedergewann, hörte er ein Brüllen, und neben ihm krachte ein Bündel aus Enias und einem Drakken zu Boden. Enias schrie auf, als er sich die Hand am noch glühenden Stein verbrannte, doch dies steigerte noch seine Wut, mit der er der Echsenbestie seinen langen Dolch in den Rückenpanzer hieb. Die inzwischen wohlbekannte Dampfwolke stob aus der Rüstung auf, dann lag der Drakken still. Victor sprang auf die Füße. Überall waren Kämpfe im Gange; Geschrei, magische Entladungen und Drakkenschüsse hallten zischend und dröhnend durch die unterirdische Welt. Vor ihnen wälzte sich gurgelnd der andere verletzte Drakken am Boden. Er hatte seine Waffe verloren und versuchte, auf die Beine zu kommen, was ihm mit nur einem Fuß nicht gelingen wollte. Eigentlich besaß Victor nicht die Kaltblütigkeit, einem wehrlosen, verletzten Gegner stehenden Fußes den Garaus zu machen. Aber ein Drakken war nichts anderes als eine auf Mord und Tod versessene Bestie. Fände er irgendeine Gelegenheit, Victor erneut anzugreifen, so täte er es. Eine sinnvolle Unterredung oder dergleichen war mit diesen Wesen einfach nicht möglich. Victor zog seine Wasserspritze aus dem Gürtel, führte das flötenähnliche Instrument zum Mund, biss die Spitze auf, drehte es herum und blies auf der anderen Seite kräftig hinein. Ein halb zerstäubter Wasserschwall ergoss sich über das Echsenwesen. Die Wirkung trat fast sofort ein. Der Drakken begann zu keuchen und zu gurgeln, verfiel in rasende Bewegungen und versuchte, sich seinen Panzer, der nur den Oberkörper überdeckte, vom Leib zu zerren. Victor trat zurück und verzichtete darauf, sich den Rest des Todeskampfes anzusehen. Mit brüderlichem Handschlag verständigte er sich mit Enias, der ihm ein erleichtertes »Danke!« zurief. Dann eilten sie in Richtung des mattschwarzen Drakkenschiffs. Als sie dort ankamen, war der Kampf schon vorbei. Jacko hatte natürlich allein drei Drakken niedergemacht, und das war auch gut so. Herphram stand über dem reglosen Körper eines Bruderschaftlers, Yo hingegen kümmerte sich um den offenbar verletzten Poul. »Wo ist Rasnor?«, rief Victor.
    Niemand wusste es. Sie sahen sich suchend um, als aus der Ferne ein Geräusch anschwoll. Es war das wohlbekannte Jaulen, das von einem startenden Drakkenschiff erzeugt wurde. Victor rannte los. Etwa sechzig Schritt entfernt erhob sich das Transportboot in einem Orkan aus Lärm, Feuer und aufwirbelndem Staub. Als Victor am Ort des Geschehens ankam, schwebte es schon ein Stück über dem Boden und hielt auf das riesige Loch in der Hallendecke zu, durch das von weit oben ein Rest grauen Tageslichts herabfiel. Sekunden später hatte es den Durchlass erreicht und gewann zusehends an Höhe. »Bleib hier, du Dreckskerl!«, schrie er dem Schiff mit ohnmächtig erhobenen Fäusten hinterher. Doch es stieg immer schneller in die Höhe.
    Verzweifelt blickte er sich um. Jacko und Herphram kamen dahergerannt. »Herphram!«, schrie Victor dem Magier entgegen und deutete in die Höhe. »Halte ihn auf!«
    Augenblicke später stand der Magier neben ihm und blickte in die Höhe – doch er unternahm nichts. »Was ist los, Herphram?«
    Der Magier hob die Hände. »Was soll ich tun?«, rief er hilflos.
    Das Drakkenschiff hatte schon siebzig oder achtzig Ellen an Höhe gewonnen und entglitt in den grauen Himmel über der Festung.
    »Ein Blitz! Ein… magischer Pfeil!«, brüllte Victor, außer sich vor Zorn.
    Herphram starrte hinauf, schüttelte den Kopf.
    »Was ist los?«, schrie Victor ihn an. »Du bist doch Magier!«
    »Victor!« Das war Jacko.

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