Höhlenwelt-Saga 5 - Die Schwestern des Windes
– das steht vollkommen außer Frage!«
Roya, die in der Bibliothek neben einem der Fenster stand, starrte versonnen zum Felsenhimmel auf, den Blick auf ein großes Sonnenfenster gerichtet, südlich von Malangoor. »Ich wünschte, ich wäre bei ihr...«, murmelte sie versonnen. Alina, die neben ihr stand, legte ihr mitfühlend eine Hand auf die Schulter. Roya wandte sich um und musterte Alina mit wehmütigen Blicken. Als wäre in diesem Augenblick ein stummes Signal zwischen beiden geflossen, wandte sich Alina spontan an die anderen Anwesenden. Es waren fast alle da: die übrigen Schwestern des Windes, Jockum, Munuel, Quendras und Cleas, Izeban, Jacko sowie Marko und ein paar Leute aus Malangoor. Es war ähnlich wie in jenen Tagen in Savalgor, als Leandra und die anderen drei auf dem Mutterschiff der Drakken verschollen waren: Als wollte man sich in schwerer Stunde gegenseitig stützen, hatte man sich mit trüben, nachdenklichen Gesichtern versammelt. Schon damals war ihr diese Trauerzusammenkunft auf die Nerven gegangen. »Hört mal her, ihr Trübsalbläser!«, rief sie herausfordernd in den Raum hinein. »Denkt euch mal, ihr wäret jetzt an Leandras Stelle und könntet sehen, wie wir hier herumsitzen.« Die anderen warfen ihr betroffene Blicke zu, dann sahen sich Einzelne untereinander an; es war, als stiege eine plötzliche Erkenntnis in ihnen auf. »Wenn es stimmt, was Cathryn sagt«, fuhr sie fort, »und ich glaube ihr, dann ist Leandra am Leben. Und dann könnt ihr wetten, dass sie etwas unternimmt. Nur wir hocken hier herum und tun nichts!«
Victor, der ganz in der Nähe saß und ihr überrascht den Blick zugewandt hatte, sah aus, als wäre er soeben erwacht. Sie lächelte dankbar, als er sich erhob und das Wort ergriff. »Alina hat völlig Recht. Wir wissen, dass Leandra lebt. Das muss uns für den Augenblick genügen. Helfen können wir ihr nicht. Tun wir lieber etwas.«
»Sie lebt? Wissen wir das wirklich?«, fragte Jacko unentschlossen.
»Ja! Sie lebt!«, war eine Kinderstimme zu hören. Cathryn hatte sich ebenfalls erhoben, die Fäuste geballt und war offenbar bereit, sich mit jedem anzulegen, der das Gegenteil behaupten wollte. Jacko verstummte.
»Ich glaube Cathryn«, bekräftigte Alina. »Und als eure Shaba sage ich euch jetzt: Wir hören auf, hier dumm herumzusitzen.«
Sie blickte in die Runde, niemand widersprach. Es schien, als hätte sie sogar eine gewisse Beschämung ausgelöst. »Was Leandra auch geschehen sein mag«, fuhr sie fort, »wir sollten gar nicht erst damit rechnen, dass sie so bald wiederkehrt. Wenn ich da draußen wäre und hätte schon einen Freund gewonnen, würde ich mich als Erstes einmal gründlich umsehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie wiederkäme und uns nichts zu berichten hätte. Nein! Ganz bestimmt unternimmt Leandra etwas.«
Victor, dem man ansehen konnte, wie stolz er auf Alina und ihren plötzlichen Appell war, baute sich neben ihr auf. »Genau! Tun wir etwas! Es gibt noch genügend Drakken, die wir jagen können, Rasnor arbeitet schon wieder daran, uns Knüppel zwischen die Beine zu werfen, und dann ist da noch diese Sache mit Phenros' Geheimnis. Damit sind wir bisher auch nicht weitergekommen.«
Das war für Azrani wie ein Signal. Sie stand auf. »Ich mache mich sofort auf nach Savalgor«, erklärte sie entschlossen und blickte kurz zu Marina. »Wir beide. Wir haben kürzlich erst etwas entdeckt. Wir müssen die Sache nur wieder aufgreifen.«
Auch Roya schien neuen Tatendrang zu verspüren – es war wie ein plötzliches Erwachen, das Alina aus gelöst hatte. »Und wir verdoppeln wir von hier aus unsere Anstrengungen, Rasnor zu erwischen.«
»Also schön«, erklärte Hochmeister Jockum, als hätte er das Schlusswort zu sprechen. »Vermutlich habt ihr Recht. Hoffen wir, dass sich Leandra dort draußen im All als ebenso talentiert erweist, Freunde um sich zu sammeln. Machen wir uns wieder an die Arbeit!«
Die Entspannung im Raum war greifbar. Als Alina spürte, wie alle mit einem Mal wieder daran glaubten, dass Leandra tatsächlich noch am Leben war, stiegen ihr Tränen in die Augen. Das war es, was sie für ihre Freunde sein wollte und was sie von sich selbst forderte: eine Shaba, die andere anspornen und zu Taten bewegen konnte. Das galt in besonderem Maße jetzt, da Leandra nicht bei ihnen war.
Während sich die Versammlung in unerwarteter Eile auflöste, nahm Victor sie in die Arme und küsste sie auf die Wange. »Du bist wundervoll«,
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